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Das Wolkenvolk 02 - Lanze und Licht

Titel: Das Wolkenvolk 02 - Lanze und Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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diesen Boden. «
    Sie sah sich um. » Du hast gesagt, der Wächterdrache hätte dich in den Wäldern ausgesetzt. Das ist immerhin ein paar Stunden von hier entfernt. «
    » Das dachte ich auch. Aber jetzt, wo ich das hier sehe … « Erneut schüttelte er den Kopf. » Ich erkenne das alles. Meine Erinnerung daran ist nicht besonders deutlich, aber ich bin ganz sicher. «
    » Wahrscheinlich bist du damals in Panik den Berg runterg e laufen und erst zwischen den Bäumen wieder einigermaßen zur Besinnung gekommen. «
    » Ja. Schon möglich. «
    Sie fuchtelte demonstrativ mit ihrer Hand vor seiner Knolle n nase. » Komm jetzt, steh auf. Wir müssen weiter. «
    Bald darauf waren sie nah genug am Drachenskelett, um Einzelheiten zu erkennen. Es war kein vollständiges Gerippe, wie sie zuerst angenommen hatten. Vielmehr handelte es sich um eine Art Pyramide aus Gebeinen, die nach einem verschac h telten System über- und ineinandergesteckt worden waren. Das ganze Gebilde war haushoch und wurde von einem knöchernen Drachenschädel gekrönt. Das Maul war weit aufgerissen und wies über den Pass nach Osten, eine unmissverständliche Drohung an jeden, nicht näher zu kommen.
    Feiqings Blick strich über die riesigen Zähne, die leeren Augenhöhlen und die gezackte Nasenöffnung. » Mis t «, sagte er.
    Die Kriegerin sah ihn fragend an.
    » Wer immer mein Kostüm zusammengestümpert hat, hat sich nicht mal die Mühe gemacht, es wie einen echten Drachen aussehen zu lassen. Ich meine, ihr Götter … sieh dir diese Hauer an! «
    » Wolltest du die auch noch durch halb China schleppen? «
    » Wenn ich schon Drache sein muss, dann wenigstens kein lächerlicher. Über den d a « – er deutete auf das Gerippe – » h at sich bestimmt niemand lustig gemacht. «
    » Du wirst bald wieder ein richtiger Mensch sein, Feiqing. «
    Er stieß einen tiefen Seufzer aus. » Ja, natürlich. Sicher doch. «
    Zum allerersten Mal lief er voraus und stolperte hastig dem wogenden Nebel entgegen.
    ** *
    Der Pass endete an einer Felskante, zu steil, um hinabzukle t tern.
    » Verdammt nochmal! «, entfuhr es Wisperwind, als sie mit dem Fuß aufstampfte und Feiqings Drachenschwanz unter ihrer Ferse am Boden festnagelte. Mit einem gellenden Aufschrei blieb er stehen – gerade noch rechtzeitig, bevor ihn der Abgrund verschlingen konnte.
    » Wie sollen wir da runterkommen? «, stöhnte er. Zwanzig Meter unter ihnen verschwand die Felswand im Nebel.
    Wisperwinds Brauen rückten über der Nasenwurzel zusa m men. Sie horchte. Nach ein paar Sekunden riss sie alarmiert das Schwert vom Rücken.
    » Wir müssen da gar nicht runte r «, sagte sie hastig . » Hörst du das? Irgendwas kommt zu uns herauf. «
    Feiqing blickte über die Kante, und obwohl er noch immer nichts hörte, meinte er nun, etwas zu sehen. Bewegungen unter der Nebeloberfläche. Ein gewaltiger dunkler Schemen, der die tieferen Schichten der Schwaden aufwirbelte wie ein Riese n fisch, der aus einem trüben Ozean emporsteigt.
    Ein Rasseln und Trommeln drang an sein Ohr, noch leise und gedämpft. Aber es war ein schnelles, heftiges Trommeln, und nun spürte er auch Erschütterungen im Fels – genau unter seinen Füßen. Steinchen und Staub vibrierten, hüpften kaum merklich auf und ab.
    » Zurück! « Wisperwind grub die linke Hand in Feiqings Ko s tüm und zeigte mit dem Schwert in der Rechten zurück zum Pass. » Schnell! «
    Und wieder einmal zerrte sie ihn mit sich. Vor ihnen tauchten die aufgeschichteten Drachengebeine auf, diesmal die Rückseite des makaberen Mahnmals. Ein altes Vogelnest raschelte verlassen im Wind.
    » Was war das da unten? «, rief Feiqing.
    » Im Zweifelsfall dein alter Freund, der Wächterdrache. «
    » Und warum laufen wir dann vor ihm weg? « Seine Worte waren ein kaum noch verständliches Keuchen. » Zu ihm wollten wir doch gerade! «
    » Möchtest du ihm gern am Rand eines Abgrunds gegenübe r stehen? «
    Etwas an ihrem Tonfall weckte sein Misstrauen. » Du glaubst gar nicht, dass er es ist! «
    Plötzlich zerrte sie ihn nach oben, fort von den unwegsamen Felsen. Er schrie auf, als er den Boden unter den Füßen verlor und am Arm in die Luft gehoben wurde. Im Federflug trug sie ihn zwanzig, dreißig Meter weit, dann wurde er zu schwer für sie. Sein Gewicht zog sie beide abrupt nach unten. Sie übe r schlugen sich, als sie auf der halbrunden Kuppe eines Findlings aufprallten. Wisperwind schlitterte auf der einen Seite hinab, Feiqing kugelte zur anderen

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