Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Wolkenvolk 02 - Lanze und Licht

Titel: Das Wolkenvolk 02 - Lanze und Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
Vom Netzwerk:
hinunter.
    Das Kostüm schützte ihn vor allzu heftigen Prellungen, aber einen Moment lang steckte er zwischen den Felsen fest wie ein Pfropfen. Als er sich endlich befreien konnte und auf die Füße taumelte, legte sich ein riesenhafter Schatten über ihn.
    » Was, bei allen – «
    » Feiqing? « Wisperwinds Stimme ertönte in seine m R ücken. Die Kriegerin tauchte hinter dem Felsbrocken auf. Ihr Strohhut war fort, und das lange Haar hing ihr zerzaust über Gesicht und Schultern. Sie hielt Jadestachel in der Hand, das im selben Moment an Glanz verlor, als auch sie in den Schatten trat.
    Ihr Blick wanderte nach oben. » O h «, machte sie nur.
    Vor ihnen, über ihnen erhob sich ein lebender Turm, zusa m mengefügt aus gewaltigen Segmenten aus Horn und Chitin. Auf beiden Seiten tasteten zahllose Insektenbeine ins Leere.
    Was sie da vor sich sahen, war offenbar nur der vordere Teil der Bestie; sie hatte sich aufgerichtet, um auf die beiden Eindringlinge herabzublicken. Die hinteren Segmente reichten bis zu dem Knochenmonument am Ende des Passes.
    Das Kopfende verformte sich, bildete in rascher Folge aus einer sandähnlichen Oberfläche animalische, dann menschliche Züge. Auch sie verzerrten sich gleich wieder, erst zu einem Knäuel aus Tentakeln, dann zu einem runden Maul, zuletzt erneut zu einem Menschen.
    Wisperwind stieß einen Kampfschrei aus, federte vom Boden und flog mit vorgestrecktem Schwert auf die Unterseite des Riesentausendfüßlers zu. Jadestachels Götterstahl glitt vom Chitinpanzer des Ungeheuers ab, Wisperwind krachte mit dem Oberkörper hinterher und wurde von der eigenen Wucht zurückgeschleudert. Mit einem Ächzen stürzte sie unweit von Feiqing zu Boden und blieb einen Moment lang benommen liegen.
    » Lass das sei n «, ertönte eine ungehaltene Stimme. Sie kam Feiqing auf beängstigende Weise bekannt vor. Trotzdem blickte er nicht auf, sondern beugte sich besorgt über Wisperwind. Blut aus einer Platzwunde lief unter ihrem Haaransatz hervor, aber sie winkte nur ab und sah an Feiqing vorbei zum Kopf des Tausendfüßlers. Fassungslosigkeit breitete sich über ihre Züge.
    Feiqing sah nach oben.
    » Ich weiß, ich wei ß «, sagte das Ungeheuer.
    Am Ende des Kopfsegments hatte sich ein Gesicht herausg e bildet, das sie beide nur zu gut kannten. Die Stimme klang noch dröhnender als früher, so als käme sie aus großer Tiefe.
    » Li? «, stöhnte Feiqing.
    » Was für eine Zauberei ist das? « Wisperwind stand auf . Sie musste Prellungen am ganzen Körper haben. Einen Moment lang stützte sie sich unelegant auf das Schwert wie auf einen Stock, dann hob sie die Klinge und hielt sie kampfbereit, ohne aber eine Angriffsstellung einzunehmen. Mit dem Handrücken wischte sie sich den Blutfaden von der Stirn.
    Das Gesicht des Xian pendelte fünfzehn Meter über ihnen, größer als sie beide zusammen. Wie eine Maske hatte es sich aus der körnigen Oberfläche des Kopfsegments gewölbt. Seine Augen besaßen keine Pupillen und wirkten auf erschreckende Weise leblos.
    » Was hast du mit Li gemacht? «, rief Wisperwind dem Ung e heuer entgegen.
    » Ich bin L i «, kam die Antwort.
    » Ich hab ihn kleiner in Erinnerun g «, flüsterte Feiqing.
    » Ich könnte euch zerquetschen, wenn mir daran läge.
    Stattdessen rede ich mit euch. Ist das nicht Beweis genug, dass ich euer Freund bin? «
    Wisperwind schnaubte. » Auch dieser Fels dort drüben ze r quetscht mich nicht, aber ist er deshalb mein Freund? «
    Das Titanengesicht verzog sich zu einem Lächeln . » Ich bin nicht nur Li, das ist wahr. Ich bin mehr als er . Ich bin viele Millionen. Niemand hat uns jemals gezählt. «
    Das Vorderende des Riesentausendfüßlers senkte sich lan g sam, während sein hinterer Teil rückwärts kroch . Wisperwind stellte sich schützend vor Feiqing, auch wenn beide wussten, dass sie gegen ein Biest wie dieses nicht den Hauch einer Chance hatten.
    Schließlich war das Ungeheuer so weit zurückgewichen, dass es seinen Schädel auf einem Felsbrocken vor den beiden ablegen konnte. Von ihrer Position aus sahen sie jetzt nur noch Lis riesenhaftes Gesicht und die vorderen Beinpaare zu beiden Seiten. Das war kein schöner Anblick, aber immer noch besser, als den Insektenkörper in seiner hässlichen Gesamtheit anzusta r ren.
    » Ich bin der Seelenschlun d «, sagte die Kreatur mit der do n nernden Stimme des Xian. » Li ist in mir. Er ist ein Teil von mir. Darum ist es wahr, dass ich Li bin. «
    Feiqing rieb sich die Nase. » Klingt

Weitere Kostenlose Bücher