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Das Wolkenvolk 03 - Drache und Diamant

Das Wolkenvolk 03 - Drache und Diamant

Titel: Das Wolkenvolk 03 - Drache und Diamant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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schwebte in einer geschraubten Bahn an Pangus Brust vorüber und streifte zwei Riesen mit seinen scharfkantigen Ausläufern. Einer wurde wie von einem Schwertstreich entzweigeschnitten und stürzte ab. Der andere wurde mitgerissen, prallte bei jeder Schraubdrehung des Felsens erneut gegen Pangus Körper und regte sich bald nicht mehr, während ihn der Brocken himmelwärts trug.
    Yaozi brauchte zwei Anläufe, ehe er endlich auf dem Rand der Öffnung landen konnte. Ein Fühler kroch zu Nugua ins Maul, aber sie kletterte bereits über seine Lefze ins Freie. Zuletzt hob sie die Schaufellanze des Xian über den goldenen Hautwall und hielt sie mit beiden Händen fest.
    »Wie sollen wir Niccolo finden?«, fragte sie, während sie sich bemühte nicht in den Abgrund zu blicken. Sie spürte ein leichtes Zerren, so als wollten unsichtbare Hände sie zur Kante ziehen. Erst glaubte sie, es wäre Einbildung, aber dann entdeckte sie, dass sich auch Yaozis Drachenkamm in die Richtung der gähnenden Leere bog. Es musste sich um einen Ausläufer der Strömungen handeln, die das Schöpfungschaos rund um Pangu durchzogen. Noch bevor der Drachenkönig antworten konnte, zog sie sich tiefer in die höhlenartige Öffnung zurück. Der Boden federte unter ihren Füßen, und da erst wurde ihr bewusst, dass sie auf einem Untergrund aus Riesenhaut stand.
    »Als wir entkommen sind«, sagte Yaozi, »führte ein Felstunnel von hier aus zur Herzkammer. Xixati ist bereits auf dem Weg dorthin, vielleicht brauche ich seine Hilfe. Niccolo und das Mädchen sind bei ihm.«
    »Worauf warten wir dann noch?«
    Yaozis Fühler deutete auf die Dunkelheit in ihrem Rücken. »Die Wandlung ist bereits viel stärker fortgeschritten, als ich gehofft hatte. Es wird schwierig werden.«
    Sie folgte seinem Blick und sah, was er meinte. Ein erschrockenes Ächzen kam über ihre Lippen.
    Schon nach zehn oder zwanzig Metern verengte sich der Krater trichterförmig nach innen. Die Ränder pulsierten im Rhythmus eines fernen, dumpfen Herzschlags. Wuchernde Wälle aus Schorf hatten sich gebildet wie braune, krustige Geschwüre.
    Yaozis Stimme klang dumpf. »All die Höhlen und Spalten, die sich während seines Schlafs im Fels gebildet haben, schließen sich jetzt wieder.«
    »Heißt das, er heilt?«
    »Ja«, grollte der Drache. »Und zwar so schnell, dass wir mit bloßem Auge dabei zusehen können.«
    Wenn sich die Wunden im Körper des Ur-Riesen erst geschlossen hatten, gab es keinen Ausweg mehr für Nicco-lo und die anderen. Umgekehrt wurde auch der Tunnel, durch den Yaozi zur Herzkammer vordringen wollte, mit jeder Minute ein wenig enger. Die pochenden, organischen Wände zogen sich zusammen und der Schorf rund um die Öffnungen wucherte in bebenden, blasigen Schüben.
    »Vielleicht schaffe ich es noch«, raunte der Drachenkönig und setzte sich in Bewegung. Im Vorbeigleiten packte einer seiner Fühler Nugua und hob sie vom Boden.
    Der Goldglanz des Drachen glitzerte auf der fleischigen Oberfläche, die noch vor wenigen Stunden rauer, stumpfer Fels gewesen war. Mit stoischer Entschlossenheit schob Yaozi sich vorwärts. Die dunklen Fleischwände erzitterten, während eine schlammige Flüssigkeit wie blubbernder Teer daraus hervortrat und zu Kruste erstarrte. Es war ein Anblick, dem nicht einmal der goldene Schein der Drachenschuppen etwas von seiner Scheußlichkeit nehmen konnte.
    Nugua wollte nicht zurück in Yaozis Drachenmaul, auch wenn es dort sicherer gewesen wäre. Es kam ihr falsch und sogar ein wenig feige vor, sich nicht derselben Gefahr auszusetzen, in der auch Niccolo schwebte. Sie wollte sehen, was um sie herum geschah, wollte es fühlen. Vor einem Jahr hatte sie sich der Welt außerhalb des Drachenclans gestellt und war an der Herausforderung gewachsen, war stärker und unbeirrter geworden. Sie erinnerte sich genau: Der erste harmlose Schritt war ein Blick in die Sonne gewesen, die sie zuvor gefürchtet hatte. Der zweite ihr Weg hinaus ins Unbekannte. Und der dritte, vielleicht der letzte, war nun dies hier. Die Reise ins Zentrum der Schöpfung.
    Schon nach dem ersten Stück setzte Yaozi sie in seine Hornkrone. Es war nicht einfach, die Schaufellanze unterzubringen und sich dort oben festzuhalten. Zudem scharrten seine Geweihenden immer wieder an der niedrigen Decke entlang und blieben im Fleisch des Riesen stecken. Dann musste er anhalten und die Hörner freischütteln, was aber nur ging, wenn er Nugua vorher wieder herunterhob.
    »Wir verschwenden zu viel

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