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Das Wolkenvolk 03 - Drache und Diamant

Das Wolkenvolk 03 - Drache und Diamant

Titel: Das Wolkenvolk 03 - Drache und Diamant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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langsam durch die Tunnel zu bewegen. Der wuchernde Schorf, der die verschlungenen Röhren immer enger machte, wurde mehr und mehr zu einem ernsten Hindernis. Zum Glück war der junge Drache noch nicht ausgewachsen, sonst hätte es für ihn längst kein Durchkommen mehr gegeben.
    Plötzlich hielt Xixati mit einem Wimmern inne. Vor ihnen lag - halb begraben unter einem Berg von Gegnern -Maromar, der kriegerische Drachenkönig des Ostens. Der  Goldglanz seiner Schuppen war erloschen, ihre Oberflächen bräunlich und stumpf. Sein Maul stand halb offen, zwischen seinen Zähnen hingen erschlaffte Jurukadaver; weitere waren auf das einzelne Horn gespießt, das aus seiner Stirn ragte. Selbst sterbend hatte Maromar noch viele seiner Feinde besiegt.
    Betrübt riss Xixati sich von dem Anblick los und setzte seinen "Weg fort. Sie ließen den toten Drachenkönig hinter sich, passierten eine Abzweigung zu ihrer Linken und näherten sich in einiger Entfernung einer hohen Öffnung, die Niccolo trotz wuchernder Schorfränder bekannt vorkam.
    »Das hier ist nicht der Weg nach draußen«, entfuhr es ihm überrascht.
    »Nein«, entgegnete der Drache. »Aber ich habe eine Mission zu erfüllen, bevor wir von hier fliehen. Yaozi hat mir eine Botschaft gesandt.«
    »Mondkind muss zuerst in Sicherheit gebracht -«
    »Ich werde versuchen Pangu zu töten«, unterbrach ihn der Drache. »Wir sind die Einzigen, die vielleicht noch etwas bewirken können. Yaozi hat es nicht bis hierher geschafft, er musste umkehren. Jetzt liegt die ganze Verantwortung bei uns.«
    »Weißt du, wie es draußen aussieht?«
    »Schlimm. Aber noch reicht die Zerstörung nicht allzu weit über das Gebirge hinaus. Die überlebenden Drachen haben es bis in die Wüste geschafft.« Er zögerte, bevor er hinzufügte: »Sie haben etwas entdeckt, Niccolo. Etwas, das aussieht wie eine Wolke, die auf den Dünen liegt.«
    »Eine -« Schwindel überkam ihn so heftig, dass er beinahe seinen Halt verlor. »Das ist unmöglich!«
    »Eine Wolke, auf der Häuser stehen. Und da sind Menschen, die von ihren Rändern hinunter in die Wüste klettern. Sie treiben Viehherden vor sich her und tragen ihr Hab und Gut bei sich.«
    Xixati würde ihn nicht belügen, nur um ihn zum Bleiben zu bewegen. Und dennoch war es nicht einfach, das als Wahrheit zu akzeptieren. Erleichterung überkam ihn, gepaart mit den alten Schuldgefühlen.
    Die Menschen der Hohen Lüfte lebten! Alessia, der alte Emilio, all die anderen ... Sie waren hier, ganz in der Nähe, aus welchem Grund auch immer. Und die Grenzen von Pangus Zerstörungswerk rückten unaufhaltsam auf sie zu, pflügten gerade in diesem Augenblick die Wüste um ...
    Ihm wurde klar, dass er hier und jetzt die Chance bekam, seine Fehler wiedergutzumachen.
    Xixati verharrte vor dem Durchgang. Dahinter herrschte fahler Dämmerschein. Der Goldglanz des Drachen reichte nicht weit genug, um mehr als den Bereich jenseits des Eingangs zu erhellen. Falls sie wirklich tiefer in diese Grotte vordringen wollten, würden sie über Berge aus toten Drachen und Jurukadavern klettern müssen; viele von ihnen verschmolzen bereits mit dem Fleisch des Ur-Riesen, während die Schorfkrusten über sie hinwegwucherten.
    »Ist das -«, begann Niccolo, brach aber ab, als sich die Antwort auf seine Frage vor ihm aus dem Dunkel schälte.
    Pangus Herz thronte noch immer im Zentrum der Grotte, aber ebenso wie der Rest des Ur-Riesen unterzog es sich einer unbegreiflichen Veränderung. Hatte es noch vor Stunden wie ein funkelnder Diamant ausgesehen, so war seine Strahlkraft nun erloschen. Die Oberfläche war dunkel und blasig geworden, durchzogen von pulsierenden Muskelfasern. Die Wände der Grotte wucherten von allen Seiten darauf zu, an manchen Stellen betrug der Abstand kaum mehr als zehn Schritt.
    Zwischen den Höhlenwänden und dem Herzen waren fleischige Stränge gewachsen, ein sternförmiges Netz aus vibrierenden Adern. Hunderte solcher Venen und Arterien wiesen wie die schwarzen Stachel eines Seeigels in alle Richtungen, verästelt und durch Querstreben miteinander verbunden.
    »Niccolo?« Mondkinds Stimme ließ ihn aufschrecken. Auf einen Schlag kehrte seine Angst um sie zurück, verdrängte sogar die Ehrfurcht im Angesicht dieses Berges aus schwarzem Fleisch und Muskelmasse.
    Sie hob die Wange von seiner Schulter, blickte sich langsam um, dann zu ihm auf.
    Bevor Niccolo etwas sagen konnte, schüttelte Xixati seinen Kopf. »Ihr müsst runter von mir«, befahl er.

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