Das Wort des Hastur - 12
in den Meisterrang zu erheben. Ein solches Lob von ihm wiegt in der Tat schwer.«
Eryn nickte erneut. Das klang schon eher nach seinen Wunschvorstellungen. »Bruder Randolf erwähnte auch«, fuhr Therrold fort, »daß du die Absicht hast, hier in der Stadt einen Laden zu eröffnen. Ist das immer noch der Fall?«
Eryn räusperte sich noch einmal, aber allmählich fand er die so sorgfältig überlegten Worte wieder. »Jawohl, Meister. Ich male Portraits, vorwiegend Miniaturen, aber auch einige Tafelbilder. Man sagt mir, sie seien gelungen. Deshalb hoffe ich nun, mit meinem Talent als Portraitmaler mein Geld zu verdienen.«
»Nun gut, dann laß sehen.« Der Meister beobachtete ihn aufmerksam. »Du hast doch ein Muster deiner Arbeit bei dir?«
Eryn schaute sofort etwas zuversichtlicher drein. Auf diese Frage war er vorbereitet. Er löste die Spange seiner Tasche und holte daraus eine Mappe mit Zeichnungen hervor.
»Aber natürlich. Ich habe sogar mehrere mitgebracht. Darunter sind einige Portraits der Mönche von der Abtei, und dann habe ich unterwegs auch Skizzen von meinen Reisebegleitern angefertigt. Es sind nicht unbedingt meine besten Arbeiten, aber doch gut genug. Jedenfalls sind sie für meinen Stil recht typisch. Ich dachte mir, ich könnte sie in meinem Schaufenster als Proben meines Könnens ausstellen.«
Der Meister nahm das Bündel nickend entgegen. »So, so, in deinem Schaufenster. Na, wir werden sehen.« Er begutachtete die Zeichnungen einzeln und hielt sie dabei so, daß genügend Licht darauf fiel. Er verzog den Mund etwas abschätzig.
»Nun ja, sie sind nicht übel, wenn auch nicht gerade meisterhaft …« Und wiederum legte er eine bedeutungsvolle Pause ein. »Aber immerhin, ganz passabel. Natürlich kann ich nicht beurteilen, wie sehr die Portraits den Modellen ähneln, aber sie scheinen mir doch recht ordentlich ausgeführt. Einige hübsche Hell-Dunkel-Kontraste hast du da. Vielleicht sind es ja wirklich gute Portraits.« Er lächelte Eryn aufmunternd zu, der daraufhin etwas weniger verkrampft wirkte. Aber dann kam die entscheidende Frage.
»Du möchtest also Werkstatt und Laden eröffnen. Als Geselle hast du dazu auch das Recht. Bruder Randolfs Wort zählt viel bei uns in der Zunft. Und wenn er versichert, du seist ein Geselle, dann werde ich das nicht in Zweifel ziehen. Was aber den Meistertitel anbelangt, da müssen wir abwarten. Darüber muß die Zunft entscheiden. Über Jahr und Tag, wenn wir die Gelegenheit gehabt haben, einige deiner besten Arbeiten zu begutachten, werden wir weitersehen. Wenn du nun trotzdem deinen Laden eröffnen willst, werden natürlich Zunftbeiträge fällig, und wahrscheinlich wirst du die Miete für eine Langwoche im Voraus bezahlen müssen. Wieviel bist du bereit auszugeben?«
Eryn sank der Mut. Jetzt war es also doch schlimmer gekommen als befürchtet. Dabei war er sich so sicher gewesen, sie würden ihn gleich zum Meister machen! Wäre das der Fall gewesen, hätten sie ihm auch die Miete für das erste halbe Jahr vorgestreckt und auf seine Zunftgebühr in dieser Zeit verzichtet. Aber so wie die Dinge jetzt lagen, war er in Thendara gestrandet und hatte weder Geld noch einen Ort, wo er arbeiten oder wenigstens schlafen konnte. Hastig erklärte er dies alles dem Meister Therrold. Er gestand ein, daß er fest darauf vertraut hatte, die Qualität seiner Arbeit sei ausreichend, um den Meistertitel zu erringen und damit viel leichter ein Geschäft eröffnen zu können.
Der Meister runzelte die Stirn, während er Eryns Mappe über den Tisch zurückreichte. »Hat Bruder Randolf dir das vorgeschlagen?«
Eryn mußte das kleinlaut verneinen. »Er meinte, ich solle im Kloster bleiben und weiterhin Heiligenbilder malen. Aber dazu fühlte ich mich nun wirklich nicht berufen. Ich wollte in die Stadt, und so hat er schließlich nachgeben und mich zu Euch gesandt.«
Meister Therrold seufzte. »Es tut mir leid, aber ich kann dir da nicht groß weiterhelfen. Fürs erste kann ich dir einen Platz zum Schlafen anbieten. Wir können auch die Zahlung deiner Zunftgebühren für ein oder zwei Langwochen aussetzen, aber wenn du die Malerei bei uns zum Beruf machen willst, wirst du dafür auch bezahlen müssen. Du kannst ja als Straßenmaler anfangen.«
Als Therrold sah, wie niedergeschlagen Eryn war, sprach er ihm weiter Mut zu. »Das ist wirklich nicht so schlimm, wie es sich jetzt anhört. Du weißt doch, daß einige der größten Künstler als Straßenmaler angefangen haben.
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