Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Wort des Hastur - 12

Das Wort des Hastur - 12

Titel: Das Wort des Hastur - 12 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
Vom Netzwerk:
auf eine logische Erklärung.
    »So ein Unsinn«, widersprach sie gutmütig. »Die Butter schlägt sich doch nicht von ganz alleine. Ich habe nur ein bißchen die Augen zugemacht, aber dabei immer weiter gekurbelt.«
    »Nein, das hast du nicht. Du hast dich überhaupt nicht bewegt, als ich reinkam«, verteidigte er sich tapfer. »Ich wollte mich ranschleichen und dich erschrecken, und dann war ich so nah dran, daß ich hören konnte, wie das Faß von selbst butterte.«
    »Na, dann wollen wir mal nachsehen, ob sich ein Ungeheuer darin versteckt hält«, erklärte sie liebevoll spottend. »Ich darf doch annehmen, daß du noch immer mein Buttermilchvorkoster bist?«
    Nathan senkte schnell die Augen und vergrub verschämt sein Kinn. Eigentlich gehörte es sich für einen Jungen nicht, so sehr auf Buttermilch versessen zu sein – er war doch kein Baby mehr! Aber zumindest Briana schien an seiner heimlichen Vorliebe nichts zu finden. Nie zog sie ihn damit vor den anderen Kindern auf, vielleicht lag es daran, daß sie selber Buttermilch mochte.
    Briana hob den schweren Deckel ab und entfernte den tropfenden Rührstab. Dann schaute sie aufmerksam in das Butterfaß und atmete den leicht säuerlichen Geruch ein.
    »Nein, kein Ungeheuer weit und breit. Außer Butter und Buttermilch ist hier nichts.« Dann blickte sie Nathan wieder ganz ernsthaft an und kniete sich dazu nieder, um ihm besser in die Augen schauen zu können. Er preßte die Lippen zusammen und zuckte nur mit den Achseln.
    Briana goß die Flüssigkeit in einen großen Tonkrug ab und legte den schweren Butterklumpen auf die Steinplatte.
    »So, das ist für dich.« Sie schenkte ihm eine großzügig bemessene Portion in seinen Becher ein; sie selbst begnügte sich mit einer kleineren Tasse. »Na, sag schon, ist sie gut genug?« Sie stieß mit ihm an und schluckte ihre Milch schnell hinunter; plötzlich verspürte sie einen Riesenhunger.
    Während sie sich schon wieder der Arbeit zuwandte, nippte Nathan an der kühlen Köstlichkeit und bekam dabei eine richtige Gänsehaut. Er betete Briana an, aber manchmal machte sie ihm auch Angst. Die anderen Frauen nannten sie Wechselbalg, wenn sie außer Hörweite war. Nathan wußte nicht genau, wie das gemeint war, aber vielleicht hatte es etwas damit zu tun, daß sie ihre Arbeit bei geschlossenen Augen verrichten konnte. Wahrscheinlich hatte das außer ihm noch niemand bemerkt. Früher hatte er nur vermutet, daß das Butterfaß ganz von alleine arbeitete, während sie schlafend dabeisaß, aber jetzt war er sich zum ersten Mal sicher.
    Briana knetete Salz in die frische Butter und füllte dann damit ein verziertes Keramiktöpfchen für den Frühstückstisch der Gutsherrin. Die restliche Menge wurde in weniger dekorativen Gefäßen aufbewahrt.
    Zu Nathan gewandt meinte sie grinsend: »Du wischst dir besser noch den Milchbart von der Schnute, bevor du zurückgehst. Von mir wird jedenfalls keiner unser kleines Geheimnis erfahren. Sonst kommen noch andere Schleckermäuler angelaufen und lassen mir bei der Arbeit keine Ruhe. Kannst du mir helfen, diese Sachen ins Gutshaus zu tragen?«
    Sie nahm den Krug mit der Buttermilch und das kleine Buttertöpfchen für Lady MacGregor an sich. Nathan wischte sich mit dem Ärmel über den Mund, hob zwei der anderen Gefäße auf und folgte ihr aus der Höhle und durch die Scheune hinaus in den Hof.
    Briana schaute über die gefrorene Steppe zu den dunklen Wäldern und den schneebedeckten Bergen. Von Lady MacGregor wußte sie, daß ihre Mutter die meiste Zeit in jener Wildnis zugebracht hatte. Die Jäger und Fallensteller berichteten, daß man eine ganze Langwoche durch bewaldetes Hügelland mußte, bevor man an den Fuß einer unüberwindlichen Fels- und Gletscherwand gelangte, die sich vor einem so hoch auftürmte, daß sie fast den ganzen Himmel verdeckte.
    Briana fragte sich, ob irgend jemand sie aufhalten würde, wenn sie eines Tages einfach in diese Wälder losziehen würde. Der Gedanke, daß sie dafür Vorräte und Waffen bräuchte, kam ihr gar nicht erst. Sie träumte nur so vor sich hin, und jedesmal, wenn sie an das Fortgehen dachte, stellte sich ein merkwürdiges Jucken hinter ihren Augenlidern ein. Vielleicht war es an der Zeit, wieder einmal mit Lady MacGregor zu sprechen.
    Zwischen der Scheune und dem Gutshaus wirbelten kleine Windhosen den Schnee auf. Nathan, der die beiden Buttertöpfe eng an den Körper preßte, zitterte trotz der schweren Stiefel und des dicken Wintermantels vor

Weitere Kostenlose Bücher