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Das Wort des Hastur - 12

Das Wort des Hastur - 12

Titel: Das Wort des Hastur - 12 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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die gut und gerne ihre eigene Tochter sein könnte.
    »Du weißt doch, daß es mir schwer genug fällt zurückzukommen«, versuchte sie die Auseinandersetzung zu beenden. »Vielleicht sollte ich wirklich allein nach Snow Haven reiten. Warum wartest du nicht an dem Unterstand auf mich? Jetzt ist es nicht mehr weit, wahrscheinlich kann ich noch vor Einbruch der Dunkelheit zurück sein.«
    »Ach, mach doch, was du willst.«
    »Sei ehrlich, es geht dir gar nicht so sehr darum, was ich will, sondern was du willst«, meinte Carilla mit einem ungeduldigen Lachen. »Jedenfalls treffe ich dich später am Unterstand.«
    »Wie du meinst.« Loris Pferd wieherte heftig, als die Reiterin es am Zügel herumriß. Als sie davonritt, rief sie noch über die Schulter zurück: »Und glaube nicht, ich würde auf dich warten, wenn du bis morgen früh nicht zurück bist!«
    »Tu dir keinen Zwang an!« gab Carilla ihrerseits zurück. Sie seufzte schwer. Lorilla war noch so jung. Wie konnte sie es ihr nur begreiflich machen? Es war alles um so vieles anders gewesen, als sie in Loris Alter war. Schwanger und auf sich allein gestellt, hatte man sie bald aufgegriffen und als Marketenderin für eine Soldateska in den Bergen zwangsweise rekrutiert. Zwei Jahre lang hatte sie wie eine Sklavin vor sich hin vegetiert. Die Arbeit nahm kein Ende, die Verpflegung war dürftig und die Grausamkeit der Soldaten unerbittlich. So war es kein Wunder, daß sie ihr Kind nach einer langen und schweren Geburt tot zur Welt brachte und ihm beinahe ins Grab gefolgt wäre. Sie hatte es überlebt, aber die Hebamme hatte ihr auch erklärt, sie dürfe nie wieder ein Kind bekommen. Es war ihr nicht schwer gefallen, diesen Rat zu befolgen; von den Männern war sie ein für allemal kuriert.
    Die Hebamme hatte ihr auch von den Entsagenden erzählt, aber es verging noch mehr als ein Jahr, bevor Carilla den Weg zu ihnen gefunden hatte. Nie würde sie vergessen, wie aufgeregt sie gewesen war, weil sie befürchtete, die Schwesternschaft würde sie nicht aufnehmen. Sie hatte ja schon selbst nicht mehr daran geglaubt, daß überhaupt jemand sie wollte.
    Nein, Lori konnte sich keine Vorstellung davon machen, welche Qualen sie zu erleiden gehabt hatte. Trotzdem wünschte sie sich jetzt, da es dafür schon fast zu spät war, sie hätte eine Tochter, der sie ihre so schwer erworbenen Erfahrungen weitergeben könnte. Lori übernahm in Carillas Leben vermutlich mehr als nur eine Rolle.
    Aber momentan hatte sie genug andere Sorgen. Sie stemmte ihre Fersen in Greylocks Flanken. Vielleicht war es wirklich besser, daß Lori die Demütigung, die eventuell auf Carilla wartete, nicht miterlebte. Sie machte sich keine Illusionen: Ihr Vater würde sich nie ändern, und wenn er so alt wie Hastur würde.
     
    Ranarl empfing sie am Tor. Auch er war alt geworden, aber der kräftige Körperbau verriet noch immer den Preisringer, der er einst gewesen war. Noch bevor sie ihn daran hindern konnte, verbeugte er sich tief vor ihr. »Vai Domna, vai Domna! Endlich seid Ihr wieder hier! Wir hatten die Hoffnung schon aufgegeben.«
    »Genug der Ehre!« meinte Carilla lachend. »Du bist wirklich der letzte, der sich vor mir verbeugen muß. Wie du siehst, bin ich alles andere als eine Domna!«
    In Ranarls zerfurchtem Gesicht war deutlich die Verwunderung zu lesen, als er ihr kurzgeschorenes Haar und die von Kämpfen zerschlissenen Kleider bemerkte; sein Blick ruhte mißbilligend auf dem Langmesser, das von ihrem Gürtel herabhing. »Ich verstehe …«, sagte er schließlich nachdenklich. »Wer hätte je daran gedacht? Wir haben uns oft gefragt, was aus Euch wohl geworden ist.«
    »Was blieb mir anderes übrig?« stellte Carilla sachlich fest.
    Ranarl schüttelte den Kopf und sagte: »Es sind traurige Zeiten, wenn Frauen lieber Kämpfe als Kinder austragen.«
    Carilla öffnete den Mund, um sich zu rechtfertigen, schluckte dann aber die Worte hinunter. Ranarl meinte es nur gut mit ihr; welchen Sinn machte es, mit ihm zu argumentieren, wenn ihn dies nur verletzen würde? Statt dessen erkundigte sie sich schnell: »Was ist mit meiner Familie? In deiner Botschaft stand, ich solle so schnell wie möglich kommen.«
    »Der alte Dom – er liegt im Sterben. Ich fand, Ihr solltet ihn noch einmal sehen.« Traurig schüttelte Ranarl seinen Kopf. »Eure Mutter verstarb vor drei Jahren, aber davon habt Ihr wahrscheinlich nichts gehört.«
    »Nein, ich wußte tatsächlich nicht, daß Mutter tot ist«, entgegnete Carilla mit

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