Das Wort des Hastur - 12
daß ich mich trotz des Gelübdes, das ich dir gegeben habe, doch lieber für meine Hand entschieden habe. Ach, und übrigens – der Krieg ist aus.«
Renata atmete erleichtert durch. »Ist das wahr, Coryn?«
»So wahr ich hier stehe, Geliebte.« Dann nahm er sie in seine Arme, und Körper und Geist verschmolzen zu einer einzigen Harmonie. Jetzt bestand kein Zweifel mehr. So weit sie in die Zukunft blicken konnte – er würde in Aldaran bleiben.
»Allart hat mich von meinem Eid als Bewahrer entbunden«, sagte Coryn, nachdem sie sich aus der innigen Gedankenverbindung gelöst hatten. »Ich muß mir eingestehen, daß auch ich nicht unersetzlich bin. Ein schmerzlicher Schlag für mein Ego«, lächelte er, »aber das werde ich schon verkraften. Ari zeigt die Gabe in vollem Umfang – und vielleicht sogar noch etwas mehr. Er hat Mut, den ich nie besessen habe. Und er ist jung und bereit, die Last auf sich zu nehmen. Im Krieg oder anderen unruhigen Zeiten wird Allart mich zur Hilfe rufen. Ansonsten aber bin ich frei und kann mein Leben führen, wie ich es will.«
»Aber was ist mit Ardais passiert?« fragte Renata. »Und wie kommt es, daß der Krieg so schnell zu Ende ging?«
»Tja, diese Geschichte lohnt sich wirklich zu erzählen«, sagte Coryn. »Aber zunächst möchte ich mich einmal waschen und aus diesen widerlichen Kleidern steigen. Ich stinke schlimmer als ein Kralmak! Und versuche gar nicht erst, etwas anderes zu behaupten, Renata, oder ich glaube dir kein einziges Wort mehr.«
Sie lachte. »Nein, das kann ich wirklich nicht abstreiten.«
Er nahm sie beim Arm und führte sie vom Fluß weg zu ihren grasenden Pferden. »Und bist du wirklich gewillt, mir wegen dem catenas -Armband zu verzeihen? Ich hätte ja auch zuerst nach Thendara zurückreiten können, um es dort zu holen – aber das erschien mir dann doch eine unnötige Zeitverschwendung. Allart hat ohnehin versprochen, es nachzusenden.«
»Soll doch Zandru das blöde Bißchen Metall holen!« rief Renata lachend. »Mir ist es ganz gleich, was Allart damit anstellt!«
»Und ich habe die ganze Zeit geglaubt, du würdest mir das nie vergeben. Wie ungerecht von mir, dich so falsch einzuschätzen.« Er drückte liebevoll ihre Hand.
Dann half er ihr auf das Pferd, bestieg dann sein eigenes, und gemeinsam ritten sie nach Aldaran. Noch einmal schaute Renata zurück und sah, wie der Kadarin in der späten Morgensonne rotgolden strahlte. War es die Farbe eines Kupferbandes? Und flossen wirklich Tränen in diesem Fluß? Sie wußte es nicht. Aber sollte es tatsächlich so sein, konnten es dann vielleicht auch Freudentränen sein?
ROXANNA PIERSON
Heimkehr
Die ersten Beiträge von Roxanna Pierson waren jeweils kurz und lustig; diese Geschichte hier ist weder besonders kurz noch sehr lustig, aber dennoch so gelungen, daß sie mich in ihren Bann schlug. Sie handelt von einer Freien Amazone, die nach langen Jahren heimkehrt – normalerweise ein viel zu häufig beschriebenes Thema, das mich alles andere als fesselt. Aber diesmal erschien es mir besonders einfühlsam behandelt, und darum möchte ich sie mit meinen Lesern teilen. Im allgemeinen halte ich nicht viel von Geschichten, in denen eine Liebesbeziehung zwischen Freien Amazonen geschildert wird – auch davon hat es schon viel zu viele gegeben. Diese Beziehung hier unterschied sich aber von solchen, über die ich schon hundert Mal lesen mußte, und hielt mein Interesse bis zum Schluß aufrecht.
Roxanna Pierson bricht mit dieser Geschichte zu neuen Ufern auf. Anstatt einfach zu wiederholen, was sie bereits erfolgreich getan hat und womit sie sicherlich weiterhin Erfolg hätte – ich bekomme nie genug Beiträge, die kurz und lustig sind – , wagte sie sich an eine längere Geschichte, bei denen der Konkurrenzdruck ungleich größer ist. Und es hat geklappt!
Die Sonne durchbrach gerade die morgendliche Wolkendecke, als Carilla ihr Pferd Greylock mit einem kräftigen Zügelruck zum Stehen brachte. Das Pferd schnaubte müde, und sie tätschelte liebevoll den muskulösen Nacken. »Wir kommen beide in die Jahre, alter Junge.«
Vor ihr verlor sich das lange, enge Tal von Snow Haven im Nebel; die gezackten Bergkämme hoben sich scharf gegen den rötlichen Himmel ab. Es war kaum zu glauben, daß so viele Jahre verstrichen waren, seitdem sie von zu Hause aufgebrochen war. Ihr erschien es wie gestern, daß sie sich bei Dunkelheit und Regen davongestohlen hatte und nicht wußte, was aus ihr
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