Das Wunder des Pfirsichgartens: Roman (German Edition)
etwas knarzen. Vielleicht hatte sich Willa auf einen Stuhl gesetzt. »Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Wenn man keine Angst hat, dann macht man etwas falsch.«
Paxton dachte schweigend darüber nach.
»Wirst du mit Sebastian zur Gala gehen?«, fragte Willa.
»Er hat nicht darüber gesprochen. Wahrscheinlich werde ich allein gehen. Das ist schon in Ordnung, auch für mich.«
»Bist du dir sicher?«
»Es fühlt sich nicht mehr so an wie früher mit ihm, aber auch nicht mehr so wie früher ohne ihn. Nichts ist kaputtgegangen, deshalb kann ich auch nichts reparieren. Ich muss einfach herausfinden, wonach ich suche.«
»Du wirst es finden«, meinte Willa.
»Das hoffe ich.«
»Ich bin da, wenn du mich brauchst.«
Letztlich war das der Grund, weshalb sie Willa angerufen hatte. Diese Versicherung hatte sie gebraucht.
»Danke, Willa.«
SECHZEHN
Die Rüstung wird abgelegt
S ie können jetzt zu Dr. Rogers hineingehen«, verkündete die Empfangssekretärin. »Sein Büro liegt dort hinten um die Ecke.«
Willa hatte fast eine Stunde warten müssen. Sie räumte sich nur geringe Erfolgsaussichten ein, doch nun konnte sie endlich mit Sebastian reden. »Danke«, sagte sie und betrat den Praxisbereich. Sie vermied den Blick in die Räume, aus denen die surrenden, gurgelnden Geräusche kamen. Schon allein bei diesen Geräuschen wurde ihr flau im Magen. Das passierte ihr jedes Mal beim Zahnarzt.
Als sie in Sebastians Büro trat, war dort niemand. Sie setzte sich auf einen der beiden Stühle, die vor seinem Schreibtisch standen, und schaute sich um. Der Raum war ganz hübsch, aber sehr zweckmäßig eingerichtet. Allem Anschein nach hielt Sebastian sich hier nicht sehr oft auf. Auf dem Schreibtisch stand nur ein einziges Foto. Willa drehte es um. Es zeigte ihn und Paxton – eine der Aufnahmen, bei denen man die Kamera vor sich hält und breit hineingrinst.
Als sie Sebastians Stimme auf dem Flur hörte, drehte sie das Foto rasch wieder um. Sebastian kam herein und lächelte sie an. Er hatte den Arztkittel abgelegt und die Ärmel seines Hemds hochgekrempelt – ein wirklich attraktiver Mann. Auf der Highschool hatte er seine Schönheit immer hinter einer Menge Schminke verborgen, aber inzwischen schien er sich damit arrangiert zu haben. Willa starrte ihn an. Wahrscheinlich ist er es gewohnt, angestarrt zu werden, dachte sie.
»Du hast diese Praxis sehr ansprechend renoviert«, sagte Willa schließlich. »Es sieht überhaupt nicht mehr so aus wie früher bei Dr. Kostovo.«
Er nahm hinter dem Schreibtisch Platz. »Nicht mehr wie in einer mittelalterlichen Folterkammer, stimmt’s?«
»Ja«, bestätigte sie und schüttelte sich. »Wie kann man eine Zahnarztpraxis nur so schrecklich einrichten? Die Hälfte der Patienten hat doch ohnehin schon grässliche Angst.«
»Du hättest sein Haus sehen sollen«, sagte Sebastian. »Er hat mir sogar eine Rüstung hinterlassen.«
»Im Ernst?«
»Im Ernst. Sie steht jetzt bei mir im Keller.«
Willa lachte. »Du solltest sie Paxton als Einzugsgeschenk überreichen. Kannst du dir vorstellen, was für ein Gesicht sie machen würde?«
Er runzelte die Stirn. »Einzugsgeschenk?«
»Sie hat ein Haus gekauft.« Willa stockte. Plötzlich war sie sich nicht mehr sicher, ob sie das Recht hatte, hier aufzukreuzen. In einem Anfall von Empörung hatte sie beschlossen, dass jemand Sebastian sagen musste, wie viel Kummer er Paxton bereitete – falls er es nicht schon wusste. Aber vielleicht war es doch keine so gute Idee gewesen. »Hat sie es dir etwa noch nicht erzählt?«
»Nein.«
»Ach so.«
Kurz trat ein verlegenes Schweigen ein, dann fragte Sebastian: »Hast du mich deshalb sprechen wollen?«
»Nur zum Teil.«
Er nickte. »Ich habe mich schon gewundert, warum kein anderer ihr Nahestehender mich zur Rede gestellt hat. Aber wahrscheinlich gehen alle davon aus, dass Paxton genau weiß, was sie tut. Um die erste Frage zu beantworten, die du mir sicher stellen willst: Ja, ich weiß, dass Paxton mich liebt. Um deine zweite Frage zu beantworten: Nein, ich will ihr nicht wehtun. Ich tue alles, um das zu verhindern.«
»Dann würde ich dir raten, dich noch ein bisschen mehr ins Zeug zu legen«, erklärte Willa und stand auf. »Es klappt nämlich nicht.« Sie angelte sich einen Notizblock und einen Stift von seinem Schreibtisch, schrieb etwas auf und überreichte ihm den Block.
»Was ist das?«
»Ihre neue Adresse. Sie hat wahnsinnig viel zu tun, denn in drei Tagen findet die Gala statt.
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