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Das Wunder von Grauenfels (German Edition)

Das Wunder von Grauenfels (German Edition)

Titel: Das Wunder von Grauenfels (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viktoria Benjamin
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weiter.
    »Ihr sollt die Menschen meines Beistandes versichern. Sie sollen beten, dann wird alles gut. Sie sollen mich nicht vergessen. Einer gottlosen Welt droht Unheil.«
    »Aber warum wir?«, rief Claudia.
    »Warum nicht ihr? Jeder ist aufgerufen. Betet, meine Kinder. Wir werden uns wieder sehen. Am siebzehnten Tag dieses Monats werde ich wiederkommen. Erwartet mich hier. Und betet.« Diesmal schaffte Gina ihren Part ohne Lachanfall.
    Claudias und Sophies Blick verloren sich in der Ferne. Die Mädchen sahen die Jungfrau gehen. Dann legte Sophie sich anmutig auf den Teppichboden. Der sterbende Schwan hätte nicht schöner in Ohnmacht fallen können. Claudia erhob sich, taumelte noch ein paar Schritte und sank dann ebenfalls zu Boden. Berit war begeistert.
    »Fantastisch! Wenn ihr das morgen genauso hinkriegt, haben wir gewonnen.«
    »Morgen wird’s noch besser«, versicherte Sophie und spielte mit ihrem Zopf. »Weil … Claudia macht es ja nichts aus, aber mich stört es schon, wenn die Jungfrau dauernd kichert.«
    Berit und Gina verbrachten den folgenden Nachmittag in der Agentur. Natürlich saßen sie wie auf heißen Kohlen. Berit hatte auf jedes Haarpflegeprogramm verzichtet und wischte sich ohne Unterlass den strähnigen Pony aus dem Gesicht. Gina futterte Kartoffelchips, eine Unart, die sie sich sonst aus Figurgründen verbot. Als sie die dritte Packung zur Hälfte geleert hatte, kam der Anruf. Gina hob ab und drückte sofort auf die Konferenzschaltung.
    »The virgin has landed« , meldete Pastor Jaeger aufgekratzt. »Es war faszinierend. Man meinte fast, die Erscheinung selbst zu sehen. Wie haben Sie das bloß hingekriegt? Vor allem mit dem Jungen?«
    »Mit welchem Jungen?«, fragte Berit alarmiert.
    »Na, mit Bernie. Mut haben Sie ja, das muss man Ihnen lassen. Ich hätte das Kind da nicht reingezogen. Der wird doch immer eine undichte Stelle bilden.«
    »Noch mal, Herr Jaeger. Welches Kind? Außer Sophie und Claudia war niemand eingeplant.« Gina griff fahrig nach der Chipstüte, überlegte es sich aber im letzten Moment anders.
    »Tja, dann hat sich die Sache da wohl verselbstständigt«, meinte Jaeger ungläubig. »Jedenfalls fiel erst Sophie auf die Knie, dann Claudia und dann der Kleine. Alle drei starrten aufden Steinbruch, als ob sich da was zeigte, und alle drei wurden schließlich ohnmächtig. Bernie wurde als Letzter wach. Bestätigte aber voll die Eindrücke der beiden Mädchen.«
    »Aber … aber er wusste von nichts … nicht von uns.« Berit konnte es immer noch nicht fassen.
    »Jedenfalls hat sich die Presse sofort auf ihn gestürzt. Wir haben die Kinder zu dem Wagen des Malteser Hilfsdienstes gebracht. Natürlich liefen alle mit, die bei der Erscheinung anwesend waren und erzählten die wildesten Dinge. Als die Kinder dann rauskamen, war der Reporter schon da. Bergstätter von der Lokalzeitung. Der war ganz happy, dass er über mehr zu schreiben hatte als die schlichte Schnitzeljagd. Jedenfalls schoss er Fotos von Bernie, und Bernie sagte immer nur ›Ganss vill Licht‹ und ›Ssöne Frau‹. Die Mädchen hingegen sagten zunächst nichts.«
    »Ja, das war so abgesprochen. Kein normaler Mensch gibt nach einem solchen einschneidenden Erlebnis gleich Interviews. Die Mädchen sollten unbedingt ein Geheimnis daraus machen. Nur dem Malteser Hilfsdienst sollten sie’s natürlich erzählen. Da hoffen wir auf Klatschbasen. Aber woher kann der Junge es haben?«
    »Keine Ahnung«, meinte Jaeger. »Wahrscheinlich irgendwie aufgeschnappt. Er wird mitgehört haben, als die Mädchen die Story erzählten, und glaubt nun, auch was gesehen zu haben. Er ist geistig zurückgeblieben, das sagte ich, glaub ich, schon. Wahrscheinlich fantasiert er sich was zusammen. Kann Ihrer Sache nur dienlich sein.«
    »Oder in die Katastrophe führen«, bemerkte Berit düster.
    Vorerst führte Bernies Beteiligung nicht zur Katastrophe. Im Gegenteil. Der Grauenfelser Stadtanzeiger  titelte »Was geschah im Stadtwald?« und brachte ein Bild von Bernie in Großaufnahme. Zu Berits und Ginas Überraschung erwies sich der Kleine als umwerfend niedlich. Er zeigte  Pausbacken,dunkelblondes Lockenhaar und riesige braune Augen, die ständig etwas verwundert in die Welt blickten. Bernie hatte einen bezaubernden Sprachfehler und den unschuldigen Charme, der oft mit einer leichten geistigen Behinderung einhergeht. Eine andere Zeitung sollte ihn später als den »Kleinen Engel von Grauenfels« bezeichnen.
    Bislang kam es jedoch zu

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