Das Wunder von Grauenfels (German Edition)
brach es aus Gina heraus. »Hören Sie hier alle Räume ab?«
»Natürlich nicht!«, erklärte Jaeger beleidigt. »Nur den Computerraum. Wir sprachen neulich schon mal darüber,dass da gewisse Dinge verboten sind. Und die Jungs wissen natürlich von dieser kleinen Anlage. Die werden sich hüten, rechte Rockmusik runterzuladen. Und wenn sie Pornoseiten ansehen und sich vor dem Bildschirm einen runterholen, dann machen sie das wenigstens diskret.«
»Die Armen.« Berit lachte. »Na los, Mädchen, worauf wartet ihr denn noch? Holt Bernie aus den Fängen der heiligen Inquisition!«
»Der heiligen was?«, fragte Sophie Claudia, als die Mädchen herausgingen.
Kurz darauf hörten BeGin und der Pastor ihre Stimmen über die Lautsprecheranlage. Wie erwartet schlugen sie sich großartig. Im Gegensatz zu Pfarrer Herberger, der mit der Situation erkennbar überfordert war. Immerhin hatte er sich inzwischen über den Wortlaut aller bekannten Mariensichtungen kundig gemacht und klopfte die Mädchen auf Vokabelkenntnisse ab.
»Was meinen Sie mit ›Unbefleckter Empfängnis‹?«, fragte Claudia naiv. »Wir haben nur eine Frau gesehen. Und die war ganz angezogen, ich meine … es waren auch keine Flecken auf dem Kleid …«
Einen Rosenkranz konnten die Mädchen zwar identifizieren, erinnerten sich aber nicht, mit der Erscheinung darüber gesprochen zu haben.
»Müssen wir unbedingt beim nächsten Mal einbauen«, bemerkte Gina. »Über Rosenkränze hat sie sich in Fátima ausgelassen, nicht?«
Berit nickte. »Und damit wieder mal dem Papst zu Munde geredet. Der hatte da nämlich gerade die Anrufung ›Königin des Rosenkranzes‹ in so einen besonderen Bittgesang übernommen. Vielleicht sollte ich mir ein paar Papstreden aus dem Internet kratzen. Könnte die Texterei erleichtern …«
»Sie hat nur gesagt, wir sollen beten«, wiederholte Claudia. »Aber nichts Genaues, also …«
»Ich hab auch ein Kesse Beet!«, warf Bernie wichtig ein. »Muss man imma gießen … Hamma beim Farrer gemacht.«
»Er meint, er hat ein Kressebeet«, übersetzte Sophie. »Das haben sie hier in der Kindergruppe angelegt, mit Pastor Jaeger, weil die Kindergärtnerin krank war.«
Herberger schnaubte hörbar. »Das Kind weiß nicht, was es spricht!«, bemerkte er, mehr zu sich selbst als zu den Mädchen, und wehrte offensichtlich ab, als Sophie etwas einwenden wollte.
Anschließend stellte er noch ein paar persönliche Fragen, bei denen die beiden eher schlecht wegkamen.
Nein, bisher hätten sie nicht sonderlich viel gebetet.
»Als ich klein war, hab ich’s mal versucht, aber es nützt nicht wirklich was, glaub ich«, offenbarte Claudia kindliche Traumata. »Ich wollte unbedingt diesen Stoffhasen aus dem Schaufenster vom Spielzeugladen in Tatenbeck, aber tatsächlich hab ich ein Mikroskop zu Weihnachten gekriegt …«
Sophie bekannte sich dazu, gar nicht erst in der Kirche zu sein. Und was den tugendhaften Lebenswandel anging …
»Wie meinen Sie das mit ›Tugend‹?«, erkundigte sich Claudia. »Ob ich schon mal einen Freund hatte? Eigentlich nicht. Aber Sophie schwärmt für Marvin von der Murphy Family.«
»Aber nur so ein bisschen …« Man hörte geradezu, wie Sophie rot wurde.
Claudia räumte gutmütig ein, demnächst vielleicht ein bisschen beten zu wollen, um der Erscheinung eine Freude zu machen. »Aber ehrlich gesagt weiß ich nicht so recht, was das soll. Die da oben machen ja doch, was sie wollen …«
Berit und Gina meinten zu hören, wie Herberger zusammenzuckte. Pastor Jaeger seufzte. »Erinnern Sie mich dran, dass ich mal eine Predigt zum Thema Gebet schreibe: ›Die Unterschiede zwischen einer Fürbitte und einer Bestellung beim Otto-Versand.‹«
Herberger kam inzwischen langsam zum Ende.
»Also könnte man sagen, dass euch diese ›Erscheinung‹, oder was ihr da gesehen haben wollt, gar nicht so übermäßig beeindruckt hat!«, trompetete er abschließend.
Claudia sog hörbar Luft ein. »Na ja, es war schon cool, echt krass eigentlich. Aber man muss ja vorsichtig sein, was man sagt, schließlich will man nicht, dass einen die Leute für verrückt halten.«
»Sonntag gehen wir auf jeden Fall wieder in den Wald!«, versicherte Sophie dem Pfarrer schließlich fröhlich, als ob sie ihm damit einen Herzenswunsch erfülle. »Mal schauen, ob die Dame wiederkommt. Weil … also es war schon irgendwie, äh …«
»Geil«, bemerkte Bernie strahlend.
Gina schlug die Hände vors Gesicht.
*
»Was nun diese angebliche
Weitere Kostenlose Bücher