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Das wunderbarliche Vogel-Nest

Das wunderbarliche Vogel-Nest

Titel: Das wunderbarliche Vogel-Nest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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sorge ich wol / ich möchte einen schlechten Lohn darvon kriegen / und bedeuchte mich die Esther wol hundertmal schöner zu seyn / als jemahlen / weßwegen ich dann hefftig angefochten wurde / dem guten Eraßmo noch einen Dienst zu thun / aber wolte ich nicht gar ein Ertz-Schelm seyn / die angehende künfftige Christen nicht auff den Tod ärgern / und alles wieder verderben wolte / was ich zum guten Außgang gerichtet / so muste ichs wol bleiben lassen; Jch glaub auch / daß ich allein dieser Enthaltung halber / die mich trefflich mortific irt / wieder der Huld GOttes gewürdiget worden / und zur Bekehrung kommen.
    Jndessen bekam ich nachricht / daß Eliezer seiner Tochter heimlich nachforschen liesse / und ein groß Gelt dem jenigen zu geben sich anerbotten / der ihm etwas von ihr sagen würde / weil dann nun das Gelt alles zu wegen zu bringen pflegt / was man nur will / so hielt ichs vor eben so billich als nothwendig / daß ich vor die jenige / so ich in Gefahr gebracht / sorgte / und auff Mittel gedächte / dem Eliezer das Nachforschen heimlich zu verleiden.
    Es war eben damahl eine Compagnie Engelländischer Comœdiant en in der Statt angelangt / welche von dar wieder nach Hauß verräisen wolten / und nur auff guten Wind warteten überzusegeln / von denenselben entlehnte ich eine erschröckliche Teuffels-Larven / die hatte ein paar Ochsen-Hörner / ein paar gläserne gantz feurige Augen / so groß als Hüner-Eyer / ein paar Ohren / wie ein gestutzt Pferd / an statt der Nasen einen Adler-Schnabel / einen Schlund wie der Cerberus selbst / einen Box-Bart / an statt der Hände Greiffen-Klauen / und an statt der zehen gespaltene Kühfüß / man konte erschröcklich Feuer drauß speyen / wann man wolte / und sahe so forchterlich auß / daß man nur von seinem Ansehen hätte erkrancken / oder wol gar sterben mögen; Hierinn verkleidte ich mich einsmals / und kam unsichtbarlich in Eliezers Schlaffkammer / worinn ich wartete / biß er sich schlaffen gelegt / und sein Diener / der ihn außgezogen / wieder von ihm gangen war / es bran die gantze Nacht ein Wachs-Liecht in dem Zimmer / und als mich dauchte / daß Eliezer entschlummern wolte / liesse ich mich sehen / tratte vor das Bett / und sagte mit grausamer Stimm / Eliezer / wann du deiner Tochter nachzuforschen nicht unterlassen wirst / so will ich dich zu stückern zerreissen! du alter Narr / wilst du ihr ihre Ruh nicht gönnen? Siehe / sie ist in ihres Eliæ Paradeiß / den jungen Messiam zu schweigen / hüte dich derowegen / daß du dich nicht mehr unterstehest / ihm seine Mütterliche Brüste zu entziehen / damit ich nicht zum zweytenmal abgefertigt werde / dir den Hals umbzudrehen! Jch hätte nicht bedorfft / mit hinderlassung eines gemachten Gestancks abzuscheiden / wie ich aber thät / dann Eliezer schiesse auß Forcht und Schrecken sein Bett so voll / daß mir vor Gestanck hätte ohnmächtig werden mögen / und ob ich mich gleich vor seinen Augen unsichtbar machte / so vagir te ich doch hin und wider / bald sichtbar / bald unsichtbar im Hauß herumber / als worinn ich alle Schlich und Winckel wuste / mit grausamem Gebolder und Auffsprengung der Schloß an den Thüren / die ich aber nicht wieder zumachte / wie ich gethan / als ich meine Tochter abholete / das trieb ich so lang / biß ich auff die Gasse / und endlich fein still wieder heim in mein Losament kam.
    Esther und Josanna waren interim fleissig in Begreiff- und Annehmung der Christlichen Lehr-Stück / die ihnen noch abgiengen / und doch zu wissen vonnöthen / und der Priester liesse hierzu an seiner Emsigkeit / und einem rechtschaffenen Seelen-Eyfer nichts ermanglen / so / daß er mir und Eraßmo in bälde notificir te / sie wären bequem und unterrichtet genug getaufft zu werden / allermassen wir zu dieser festivit ät einige unserer besten Freunde einluden / die wir so wol bey der Heiligen Tauff als Copulation zu Gevatter-Leuten und Zeugen haben musten; Esther und Josanna behielten ihr vorige Namen / ohne daß sich jede noch darzu Maria nennen liesse / die junge Tochter aber wurde Eugenia genannt / nicht weiß ich warumb selbiger Name der Esther beliebte; den andern Tag liessen sich beyde angehende junge Eheleute durch deß Priesters Hand auch paren / da muste ich nun mit Schmertzen gewahr werden / mit was vor einer Holdseligen Freundlichkeit Maria Esther ihrem Eraßmo begegnete / und fiel mir desto schwerer und peinlicher solches zu erdulden / weil ich mir einbildete / alle solche der Mariæ Esther

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