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Das wunderbarliche Vogel-Nest

Das wunderbarliche Vogel-Nest

Titel: Das wunderbarliche Vogel-Nest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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tod war / allermassen er einsmals mit seiner Maria Esther / ihrem Kind / der Josanna und allem seinem Vermögen bey Nacht durchgieng / und mit einigen Leuten / die groß Gut nach Hamburg flöhnten / darvon segelte / welches ihm ohn Zweiffel GOtt durch seinen guten Engel eingeben / von dannen ist er nach Dantzig / und von dort auff Lübeck kommen / wohin aber weiters / hab ich seyther nicht erfahren können / und also wurde ich hinder ihm gelassen / vor der Thür der äussersten Verzweifelung.

CAP. XXI.
    Was der Verzweifelte ferners begonnen.
    SO lang ich mit dem / was ich in den paar letztern Capiteln erzehlet / beschäfftigt war / kam ich nicht mehr zu meinen Künstlern / von welchen ich die Spring-Wurtzel bekommen / und andere Künste mehr gelernet hatte; Jetzund aber / als Eraßmus und sein Anhang fort / Maria Esther mir auß den Augen / meine Wahren / mit denen ich handelt / anderwärts hin verschafft / und mein gantzer Handel so weit richtig war / daß ich nichts sonderliche mehr / als mit dem Müssiggang / und dem Anligen / so ich wegen gedachter Esther erdulten muste / zu schaffen hatte / siehe / da suchte ich obengemeldte Gesellschafft wiederumb / unser Thun und Lassen war nichts anderst / als allerhand Künste zu probir en / und unsern Spaß und Zeit-Vertreibung darinn zu suchen / benebens daß wir auch dem Fressen und Sauffen / Huren und Buben / und sonst allerhand Leichtfertigkeiten oblagen / bey welchem wilden und wüsten Leben ich nicht allein der Liebe zu der Marien Esther / sondern auch meines Häußlichen Wesens in meiner Heymeth / ja aller Erbarkeit / und allerdings meiner selbst vergasse.
    Solches / und bey nahe alles Unglück verursacht der Müssiggang / zwar der Müssiggang nicht vor sich selbsten / sondern wann man ein heyllose Gesellschafft alsdann antrifft / wann beydes / Leib und Gemüth nichts zu handthieren / oder zu arbeiten hat / zuvorderist aber / so ein solcher müssiger Mensch vorhin fürwitzig / leichtfertig / jung / und bey Mitteln ist / daß er umb sein Nahrung zu sorgen / nicht sonderlich vonnöthen / und gleich wie ein dürrer Zunder das Feuer eher fängt als ein nasser Schwamm / also neigt sich auch ein so beschaffener Mensch viel ehender zur Boßheit / und seinem Untergang und Verderben / als einer der mit Mühe / Sorg und Arbeit beladen.
    Jch hatte ohne das / was ich nach Hauß und anderwärtshin übermacht / noch bey 2500. Reichsthaler baar Gelt / so ich beydes mit Schachern und Stelen zusammen gebracht / und weil mich beduncken wolte / solches möchte / wie ich ein Leben führte / nicht weit hinauß langen / als fuhr ich dem Eliezer noch einmal in sein Gewölb / noch ein Parthey Ducaten zu holen / aber die gute Kautzen waren ausgeflogen / weil damals jederman das seinig / was ihm lieb war / hinweg flehete / so / daß es schiene / ob wolten die Einwohner ihre sonst überauß reiche Statt selbst arm machen / damit die Frantzosen desto weniger umb ihre unnöthige Mühe kriegen solten / und demnach mirs an andern Orten / wo ich mausen wolte / auch fehl schlug / so sahe ich mich gezwungen / mein gegenwärtigs Leben zu quittir en / und unter zweyen das eine zu erwehlen / nemlich / entweder wieder nach Hauß zu kehren / daselbst mich / noch ein Parthey Ducaten zu holen / zu verheurathen / und meine Nahrung durch die Handelschafft wie zuvor zu suchen / oder einen Soldaten abzugeben / diß letztere erwehlte ich folgender Ursach halber.
    Einsmals luden mich etliche / darunter der geringste gar wol vor einen Ertz-Schwartz-Künstler passir en konte / auff ein lustiges Spectacul , so sie / vermittelst ihrer Künst zurichten / und zu Vertreibung der Melancholiæ , deren ich noch immer ergeben war / mich sehen lassen wolten / welches so beschaffen seyn würde / daß man vergangenes / gegenwärtiges und zukünfftiges darbey sehen könte; Jch erschiene auff die bestimbte Zeit / und nachdem allen bey Lebens-Verlust stillschweigen aufferlegt worden / nam ich neben andern meinen verordneten Sitz ein; Das Zimmer / worinn wir uns befanden / war zwar nicht von sonderlicher Grösse / aber so bald der Principal , so diß Werck angestellt / anfieng in seinem vor sich habenden Buch heimlich zu lesen / da thät sichs voneinander / und schiene der allerschönsten und lustigsten Landschafft gleich / die in der gantzen Welt seyn mag / die Decke überzog sich mit Gewölck gleich dem Himmel / und heitert sich hernach widerumb auß / daß man Phœbum so eygentlich auff seinem Wagen daher konte sehen fahren /

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