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Das wunderbarliche Vogel-Nest

Das wunderbarliche Vogel-Nest

Titel: Das wunderbarliche Vogel-Nest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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wol ansahe / daß ihn damals weder nach Frauen oder Jungfrauen / nach Kebs- oder Eheweibern / viel weniger nach der Susannen gelüstet / und ich glaub / wann einer mich hätte sehen können / daß er mir auch gleiche Tugend wird zugetraut haben / so lahm war ich noch in allen Gliedern / es sey dann daß mir das eingenommene Frühstück eine bessere Farb mitgetheilt als der Aderlässer eine vorzeigte. Es kamen zu Befürderung meiner fernern Wanderschafft eben zween arme Studiosi , die Handwercks halber ein Viaticum auff Lateinisch vom Herrgen begehrt / die er auch alsobald mit zweyen Kreutzern gar ehrlich abfertigte; mit denselben nun kam ich gar fein wieder zum Thor und Pfarrhof hinauß / welches ich von mir selbst nicht geöffnet / und solte ich gleich noch zwo Stund in lauter Ungedult haben warten müssen / weil ich wolte / daß mein gewestes Daseyn allerdings verborgen bleiben solte.
    Mit diesen zweyen Studenten räiste ich fort den Weg auff dem ich ohne das hinauß wolte / und vermerckte bald auß ihrem Discurs / daß der eine ein Theologus war / oder doch wenigst einer zu werden gedachte / der ander aber stund noch in der Wahl / ob er einen Juristen oder Medicum abgeben wolte; Jener sagte zu diesem / er wolte bey nechster Disputation den Tractat Isaaci Peyrerii de Præ Adamatis (darinnen er / daß allbereit vor Adam Menschen auff Erden gewesen / zubeweisen unterstanden) zubehaupten vornemmen; Dieser aber antwortete ihm / ob er dann nicht wisse / daß derselbe Autor selbst solche seine irrige Meinung verdammt und widerruffen? über das würde ihm als einem Christlichen Theologo nicht wol anstehen / wann er mehr den Lügen der Egyptier und anderer Heyden / als dem klaren Wort GOttes und der Vätter Außlegung beypflichten wolte; man finde ja klar genug in H. Schrifft / daß Adam der erste und vor ihm sonst kein Mensch erschaffen worden: so wäre auch nichts ungewissers in der Welt / als wann einer etwas von Geschichten / so sich vor der Sündflut zugetragen haben solten (ausser was die H. Schrifft meldet) daher lallen wolte; ermahnet mich eben / sagte er ferner / als wann wir mit den alten Heydnischen Philosophis Epicuro, Democrito, Anaximandro, Thaletis discipuln, Metrodoro, Anaximene, Aristoclo, Archelao, Xenophane, Loucippo, Diogene Apolloniate, Anaxarcho und andern mehr noch von vielen Welten ohne die unserige wolten traumen; würde ein solcher / der damit auffgezogen käme / nicht mit dem Cujano zu vergleichen seyn / der durch die Lufft zu Sonn / Mond und Sternen gesegelt / und dieselbe mit Menschen und Thieren bewohnt gefunden / gleichwol aber mochte ich gern hören / womit der Herr seine Præadamiten erweisen wolte? Womit? antwortet jener / sonst nirgend mit als auß H. Schrifft! Dann als GOtt selbst den Job in seinem 38. Capitel fragte / wo warest du / da ich der Erden Grund legte? Sag mir hast du Verstand; Weist du auch wer ihr das Maß gesetzt hat? oder worauff seynd ihre Füß befestigt? oder wer hat ihr einen Eckstein gelegt? da henget er daran und sprach; da mich die Morgenstern miteinander lobten / und sich erfreueten alle Kinder GOttes; und eben diß seynd die so genannte Præadamiten gewesen; welche hier Kinder GOttes genannt werden / deren Geschlecht auch biß in die Sündflut gewähret hat; sintemal wir im ersten Buch Mosis am 6. Capitel lesen / daß die Kinder GOttes nach den Töchtern der Menschen (das ist nach denen Töchtern die auß Adams Geschlecht geboren worden) gesehen / und weil sie schön waren / auß ihnen zu Weibern genommen / welche sie nur gewollt; darauß Risen / und in der Welt gewaltige berühmte Leute geboren worden; umb welcher ungleichen Vermischung wegen / vornemblich die Sündflut auff Erden kommen / in deren die Præadamiten auch außgerottet und vertilget worden; welche ungleiche Vermischung GOtt dermassen mißfällt / daß er deren wegen nach der Sündflut die Sodamiten durch Feuer und Schwefel vom Erdboden außtilgte / und denen Jsraeliten seinem außerwählten Volck dergleichen / auch in geringsten Sachen / auffs ernstliche verbotten; Wie dann die Juden noch auff den heutigen Tag nicht halb leinen und halb wüllen Gewand tragen: nicht zweyerley Viehe zu einander in einen Zug spannen: zweyerley Frücht in einen Acker nicht säen: auch nicht zweyerley Fleisch in einem Hafen kochen dörffen; und was dergleichen mehr ist!
    Possen! Possen! antwortet der Medicus oder Jurist / (ich weiß selbst nicht was er seither worden ist) worvon im Job geschrieben stehet / dasselbe

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