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Das wunderbarliche Vogel-Nest

Das wunderbarliche Vogel-Nest

Titel: Das wunderbarliche Vogel-Nest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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gewesen wäre; Weßwegen der Herr selbsten alsobalden die Thür ausmachte / nicht der Meinung mich hinein zu lassen / sondern zu sehen / was Teufels unter seinen Hünern seyn mochte; Aber ich kam doch hinein und fand ein volles Glas Wein auff der Simsen und eine Kande darbey auff dem Banck stehen / dieselbe zobelte ich umb ihr halb Vermögen / ehe der Pfarrer und das Weibsbild so bey ihm in der Stub gewesen / von den Hünern wieder kamen; welches so bald geschahe / daß ich mich nicht aufdrehen / noch so geschwind wieder auß der Stuben machen konnte.
    Sie beyde aber fiengen ihren Discurs wieder an / woran sie das Hünergeschrey zerstöret / er hatte einen halben Rausch / und war darum mit den Reden desto freyer; Ja liebe Susanna / sagte er / es ist keine so grosse Sünde wie mans macht; die alte Patriarchen giengen offt neben den Weg / wiewol sie öffentlich ihre Beyschläfferinnen oder Kebsweiber hielten / und wurde doch deßwegen ihrer keiner verdambt; damit druckt er dem Weiblein die Hand / und fieng ihr an umb den Busam herumb zu nisteln / daß es schiene / ob wolten die præludia Veneris vollkommen angehen / aber das Weibgen hielte sich noch zimlich wol und sagte / warumb predigt ihr Herren so schrecklich darwider wann es keine Sünde ist? Ha / antwortet das Herrgen / das müssen wir euerer eifersichtiger Männer halber thun; dann solten sie wissen wie wir / daß es keine so grosse Sünde war / was es vor ein verstochen Leben abgeben / und wie mancher darüber umbs Leben gebracht würde? Darumb müssen wir diß Geheimnuß vor ihnen verbergen. Jch gedachte / O du Maußkopff! auff eine Lüg gehöret eine Maultasche / hats auch gut im Sinn / ihme eine solche mitzutheilen / wie ich neulich eine bey den Calvinisten verspendirt / seine Gottsvergessene Lügen nicht allein damit abzustraffen / sondern auch ihm seinen Kitzel zu vertreiben; doch besann ich mich eines bessern / umb mich an den Gesalbten des HERRN nicht zu vergreifen.
    Als ich aber das Weib in Gefahr sahe / ihre Ehr zuverlieren / wie es sich dann allbereit beiderseits gar artlich darzu schickte / taurete mich ihre Unschuld; und daß sie durch solche Falschheit von dem jenigen in die Verdamnus gestürtzt werden solte / dessen Beruff war / ihr durch die Warheit den Weg zum ewigen Leben zu weisen; derowegen als er jetzt in England zu fahren vermeynte / ergriffe ich ihn in der mitten / und nam ihn untern Arm wie eine Feder / (dann er war gar leicht / wie auß seinem Discurs zu vermercken) und fuhr mit ihm zur Stubthür hinauß in Hof / allwo ich ihn in seiner eignen Mistlachen herumb sudelte / daß er so schmirig davon außsahe wie ein Kalbsfuß den man bachen wil / hernach schleifte ich ihn auff den Mist / daß er sich wieder ein wenig erholen / und die Kleidung vertrieffen möchte; das Weibgen so getroffen werden sollen / gieng auß dem Pfarrhof / und sahe wieder die natürliche Gewonheit nach der überstandenen Gefahr viel bleicher umb den Schnabel / als da sie in der grösten war gewesen; Jch aber erinnerte mich wiederumb der Kanden in der Stuben / gieng derowegen wieder zu ihr / und hertzet sie so lieblich / daß kein Tropffe mehr darinn verblieb.
    Diesem nach setzte ich mich in einen Winckel / und gedachte der Sach nach / was ich von andern beydes gehört und gesehen / und auch selbst verrichtet hatte; was ich gethan reuet mich nicht / und wegen dessen was ich gehöret und gesehen / verwundert mich nicht mehr / daß es geile Schleppsäck gibt / die sich zu den gottlosen Geistlichen legen (ich sage gottlose Geistliche / dann die fromme werden nicht nur die leichtfertige Huren / sondern auch die ehrliche Matronen fliehen) ob man gleich tausendmal sagt / und zehen tausend Exempel hätte / daß die Pfaffenhuren ewig verdammt und deß Teufels Leib-Rossen werden; dann Lieber warumb wolten solche an sich selbst schwache einfältige und von Natur geile Creaturen denen nicht besser glauben / die in einem so grossen Ansehen seyn / und alle Geheimnussen der Schrifft wissen wollen / wann sie ihnen mit so grosser Verträulichkeit etwas daher schwätzen / das sie gern hören / damit sie gern folgen / und daß sie selbst wünschen / daß es so seyn solte.
    Unter dieser meiner Speculation hatte sich das Herrgen wiederumb ein wenig erkobert und besonnen wo er war / wuste aber drumb nicht / wie es so geschwind auß einem so annehmlichen Wollust in einen so abscheulichen Unlust gerahten war; der gehlinge Schrecke hatte ihn so verwirret / daß er seiner Haußhalterin die

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