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Das wunderbarliche Vogel-Nest

Das wunderbarliche Vogel-Nest

Titel: Das wunderbarliche Vogel-Nest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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übereinander verschimlen / und zu keiner Zeit etwas darumb unter die Leute kommen liesse / er wisse dann eigentlich seinen Hauffen dardurch zu vermehren.
    Damit ich nun so einen finden mochte / quittirt ich das Hauß / darinn man in bälde eine Leiche zu haben verhoffte; ich zoch meine Schuch wieder an / den Weg unter die Füsse zu nemmen / umb allwo wolbesackt und proviantirt mit samt einem aufgeladenen halben Rausch weiters zu wanderen; doch wolte ich zu guter Letze S. Johannis Segen noch trincken / ergriffe derowegen einen silbernen halbmässigen Tischbecher der auf dem Schenck-Tisch stunde / und sprach ihm dermassen zu / daß wenig mehr darinn verbliebe; Jch machte es aber so plump und grob / daß man mich nicht allein den Becher wieder niedersetzen / sondern auch zur Stubthür hinauß schlurpffen hörete / davon alle die fröliche Gäste die am Tisch sassen / hefftig erschracken.
    Nun glaube ich / sagte der Sohn / daß mein Vatter nicht mehr auffkommt / dann diß halte ich eigentlich vor seinen Geist / und bin so weit jener Seligkeit versichert / wann die Sag der Alten wahr ist / daß die jenige ins ewige Leben kommen / deren Geister sich bey ihrem Lebzeiten verspüren lassen.
    Jch hätte bey nahe überlaut hierüber gelacht / doch enthielte ich mich noch / und dürmelte erstlich zum Hauß / und endlich zum Flecken hinauß; hörete auch nicht auff zu gehen / biß ich in einen lustigen grünen Bosch gelangte / allwo mich der starcke Wein / der erst im Lufft operirte / überwande / daß ich gezwungen wurde abweg zu gehen / nider zuligen und zu schlaffen / biß der liebe helle Tag wieder anbrach.
    Denselben Morgen frühstückte ich gleich auff meinem Lager von dem so ich mitgebracht / hatte aber keinen besondern Appetit nach Wein / weil ich mich den vorigen Tag mit mehrern überladen / als ich sonst zu tragen gewohnt gewesen / auch dardurch meinen Magen dergestalt erhitzet / daß mir ein frischer Trunck Wasser besser schmeckte; Jn diesem eingenommenen Futter lieffe ich wol 4 Meilen / daß mir nichts Erzehlungs-würdigs auffstiesse / wäre auch noch weiter kommen / wann mich nit wieder zugleich gehungert / gedürstet und geruhet hätte; Ein anderer Marckflecken / in dem ich darmals anlangte / deuchte mich zu Ersättigung meiner Begierden / das ist / zu essen / zu trincken und zuschlaffen sehr bequem seyn / derowegen kehrte ich im Wirthshauß ein / nachdem ich meine Schuh wieder an den Gürtel gebunden hatte / meinem Verlangen und mir selbst genug zu thun; Der Wirth hatte aber (GOttes Gaben unveracht) so ein sauren Darmreisser und Sauerkraut-Brühe / zehen Tranck / daß er mir auff den gestrigen gar nicht schmecken wolte / wiewol ich schöne Gelegenheit sahe / dessen ohne alle Gefahr genugsam umbsonst zu trincken; Wahr ists / daß er trefflich wol speisete / dann als ich dort war / kame ein Gesellschafft von acht räisenden Manns-Personen / die hatten übrig gnug an einer Maß / die aber wie ich ihnen leicht ansahe / mit zwölffen nicht zu füllen gewest wären / wann der Wirth einen andern gehabt; als diese fort waren / nach dem sie das Maul genugsam gekrümmt / sagte die Wirthin zu ihrem Mann; Jch hab wol gedacht es werde dir so gehen / du weist kein Maß zu halten / du soltest wol dir selbst einbilden können / daß der geringe Wein so viel Wasser nicht leiden kan als der starcke! Wirst schön gehandelt haben / wann er dir nun im Keller ligen bleibt und vollends verdirbt; schweig nur / schweig nur du Närrin / antwortet der Wirth / ich wil ihm schon wieder mit einem bessern ein wenig aufhelffen / daß er gehen soll; ich liesse diese beyde kippeln / und sonne nach wo ich doch einen bessern Trunck bekommen möchte / und als ich so hin und her gedachte / fiele mir ein / daß gemeiniglich bey den Geistlichen der edelste Wein zu finden wäre / derowegen nam ich meinen Weg nach dem Pfarrhof / an dem ich die Thür nur zugelehnt fand / weil erst eine Frau herauß gangen war / ich weiß nicht was zu verrichten / ich schlich hinein biß vor die Stubthür / die ich aber nicht aufmachen dorffte / damit ich die in der Stub / so gar ein schertzhafft Gelächter hatten / nicht erschreckte / oder ihnen ein Argwohn gegeben würde / daß etwas ungewöhnlichs vorhanden; weil ich aber gleichwol auch gern bey zeiten in der Stuben gewesen wäre / so kriegte ich eine von den Hünern die eben bey mir vorüber spatzierten schlaffen zu gehen / und erschüttelt die dermassen / daß sie ein Geschrey anfieng / als wann der Marder hinter ihr

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