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Das wunderbarliche Vogel-Nest

Das wunderbarliche Vogel-Nest

Titel: Das wunderbarliche Vogel-Nest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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aller Eil die Wege in einem schönen blauen Stück / mit Besemen ausstüberten / von denen ich verstunde / daß denselben Mittag ein herrlich Lust-Mahlzeit im Garten gehalten werden solte; Jch gieng weiters / und kam zu einem scheinbarlichen Hause / darinn man ebenmässig auffraumte / eine Tafel deckte / kalt Wasser zurichtete / Gläser schwänckte / und in der Kuchen herrlich zurichtete; Der Saal darinn man speisen solte / war über alle massen lustig accommodi rt / die Sessel mit Sammet beschlagen / mit Polstern und Stulküssen von schöner außgenähter / so neuer als alter heydnischer Arbeit belegt / der Boden mit Rosenwasser begossen / und neben der gedeckten Tafel mit allerhand schönen und wohlriechenden Blumen überstreuet und gezieret / die Wände aber an statt der Tapezerey mit den allerkunstreichsten Gemählten behängt; und das Trysur neben den kostbaren und Christallinen Gläsern von allerhand Formen beydes mit güldenen / silbernen und überguldten Trinck-Geschirren übergestellt; Gleichwie mir nun der Garten Paradeises genug gewesen wäre / wann er nur ewig gewähret hätte / und ich immer darin wohnen sollen / also muste ich mich noch ein mehrers über diesen Saal verwundern / in Summa er kam mir vor wie ein Puppenschanck oder Kasten / oder doch wie künstlich Gemähl / also daß ich bey nahe meinen eignen Augen selbst nicht glaubte / sondern vermeinte dieser Augenlust werde mir vielleicht nur durch einen Traum vorgestellet.
    Jch hatte meine Schuh ausgezogen / und an Gürtel gehengt / wie ich dann allweg zu thun pflegte / wann ich irgends in ein Hauß schliche / damit man mich desto weniger trappen hörete / und deßwegen machten mich meine Begierden alles in dem Hause zu sehen / desto kühner weiters zu gehen; darauff kam ich in die Kuch / da die Bratspiesse von selbsten herumb giengen / und das Feuer rund herumb mit Häfen besetzt war / alle Wände waren von unten an biß oben auff mit metallen / kupffernen / messenen / und zinnernen so hell geriebenen Geschirren besetzt / daß es schiene / als wann ich in keiner Kuchen / sondern irgends in einem stählinen Berg mich befunden hätte; Uber das gaben mir die nunmehr halb gar gekochte Speisen / ein solchen lieblichen Geruch in die Nase / daß ich einen Appetit zum Essen bekam / ob mich gleich noch nicht hungerte.
    Von dannen stiege ich eine Windelstege hinauff / und kam in einen Gang aus dem man in etliche Kammern sehen konte / deren jede mit einer Bettstatt mit köstlichen Umbhängen: einen Tisch mit paar Sesseln versehen: die Wände aber mit Tapezereyen von verguldtem Leder gezieret waren; Jndem ich nun dieses alles so begaffte / öffnet sich ein Thür / aus deren eine Magd mit einer silbernen Glutpfann tratte / sie liesse die Thür offen stehen / darumb schlich ich hinein und kam in eine solche schöne Stub / daß sie gut genug gewest wäre / wann gleich der Taffilet selbst darin hätte wohnen sollen; Ja sie übertraffe den obgemeldten Saal weit / ohne daß hierinn keine Bereitschafft gemacht wurde / wie dorten zu speisen; das / so ich am allerersten darinn wahrnahme / war eine Dame die vor einem grossen Spiegel stund sich zu zieren / doch war sie allerdings fertig / und hatte schier ein halbe Apotheck von allerhand Schmirsel / Pomaden / Tormæ solis, oleum Talci , Zahn- und Haar-Pulver / gebranten Wassern und dergleichen / sie wartete nur biß die Magd wieder mit den Kohlen kam / die schwartze Pflästerlein hin und wieder in das Angesicht zu kleiben; Jndessen hatte sie allerhand Affenspiel vor dem Spiegel / sie neigte sich darvor / und sahe wie ihr das Lachen anstunde; Sie bisse die Lefftzen zusammen / formirte bald das Maul auff andere Manieren wie Hanns Supp seinen Hut / und funckelte mit den Augen / als wann sie ihr eigen Bildnus caressi rt / und hatte in Summa so närrische Gauckeley-Possen vor / daß ich mich des Lachens schwerlich enthalden konte; als sie nun mitten in dieser Andacht verzuckt war / erblickte sie unversehens mein heimlich lachende Bildnus im Spiegel / (dann mein Vogel-Nest war nicht der Art daß es einen im Wasser oder in einem Spiegel hätte unsichtbar gemacht / mir aber damals noch unbewust war / ich wolte mich sonst besser in acht genommen haben) weßwegen sie sich alsobald umbschaute / und da sie niemand hinter ihr sahe / wieder in den Spiegel guckte / darinn sie meiner abermal gewahr wurde / darvor sie dermassen erschrack / daß sie einen lauten Schrey liesse / und sich wie ein todte Leich entfärbte.
    Sie setzte sich

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