Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das wunderbarliche Vogel-Nest

Das wunderbarliche Vogel-Nest

Titel: Das wunderbarliche Vogel-Nest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
Vom Netzwerk:
celebrirt : und der Tantz angefangen wurde; zu solchem Ende läerten sich die Tische zimlicher massen mit einem Geträng / weil Mann und Weib / Gesellen und Töchter dem Tantz-Platz zu eileten / biß auff etliche alte Weinbeisser und betagte Mütterlin / die sitzen blieben / davon jene von ihrem Bauerswesen und alten Geschichten / wie es etwan zu ihrer Zeit bey den Hochzeiten hergangen / discurirt en / diese aber das truncken Elend zum Theil beweineten / zum Theil aber allerley Leut ledige und verheyrathe ihres Geschlechts Art durch die Hechel zogen / und andeten / daß sich das eine Theil zu köstlich: das ander aber zu schlecht gegen seinen Vermögen in Kleidung herfür gethan und erzeigt hätte; Ein Lust wäre mirs gewesen zuzuhören / wann ich nur die Leute auch gekannt / denen sie ihre Haab so meisterlich anzuschlagen / und ihre Sitten so artlich zu corrigirn und anatomirn gewust; aber weil mirs auß Mangel dessen ein schlechter Spaß war / zwackte ich hier und dar beydes Gebratens und Gebackens von dem Tisch hinweg / und stopffte meinen Magen als den Rantzen so voll darvon / daß ich mich wol vor 8. Tag genugsam darmit proviantirt zu seyn befande / löschte darneben auß deß Wirths Schenckgelte meinen Durst so redlich / als wann ich so wol als ein andrer in der Jrrten oder Zech gesessen wäre; Hernach wischte ich das Maul wie ein anderer Schmorotzer / und fügte mich zu sehen / wie es beym Tantz abgieng / allwo ich mancher künstlicher und vorteilhafftiger Griff warnahm / welche das junge plumpe Baurenvolck so wol konte und anzubringen wuste / als ein funffzig jähriger abgeschliffener Metzger immermehr thun mögen.
    Als ich nun deß Dings bald satt gesehen / gieng ich aus der Scheuer / darinn man tantzte / in den Futtergang an einem Stall / und legte mich in das hinterste Eck auff ein wenig Streu den halben Rausch und die Mühdigkeit zugleich zu verschlaffen; Jch war aber kaum eine halbe Stund gelegen / als ein Bauren-Knecht mit einer Magd hinein kam / die der Sprach nach entweder selbst eine Schwäbin: oder doch wenigst lang bey den Schwaben gewest war / ich vermeinte / sie wolten etwan das Vieh futtern / aber sie hatten ein ander Kurtzweil miteinander; so viel ich am Reden abnehmen konte / so kützelt der arge Mauskopff das gute Mensch / daß es immer sagte / höre auff / höre doch auff; aber er liesse gleichwol nicht ab / sondern muthet ihr mit Geberden / meines darvorhaltens (dann weil es finster war / konte ich nicht sehen: und weil er nichts redet / konte ich nicht hören was er machen wolte) etwas fürwitzigs zu / so sie aber nicht gestatten wolte / sondern sagte / wann es so weit komme / so komme er weiters; biß endlich der Kerl hoch und teuer schwur / ja sich verpfändete / er wolte deß Teufels seyn / wann er etwas ferners thun: als so ein bißgen / ich weiß nicht was / ansetzen wolte; Aber der schlimme Vogel hielte der guten Tröpffin dannoch sein Wort nicht; massen sie gleich darnach sagte: Aun jetz bischtus Tuiffals / deß Tuiffals / deß Tuiffals / etc. und solches continuiret sie mit öfftern wiederholen ein ziemliche Länge; Er aber antwortet ihr eben so vielmal / so sey ichs Teufels / so sey ichs / etc. Je länger diß nun wärete / je höher sie ihre Stimmen erhubten / und je geschwinder sie es nacheinander heraus redeten / gleichsam als wann sie es auf der Post zu thun verdingt hätten / welche seltsame Litaney mir so lächerlich vorkam / daß ich mich dessen nicht enthalten konte; So bald ich aber lachte / so bald zerstörte ich auch den Spaß / dann so nahe waren sie zuvor nit zu mir geschlichen / so geschwind lieffen sie jetzund wieder von mir hinweg / und liessen mir gute Ruh / meiner Begierde nach recht auszuschlaffen.
    Hingegen muste ich am Morgen den Ars desto früher auffheben / dann als die Magd die Kühe malcke / sang sie darzu daß ich davon erwachte / und als sie selbige vor den Hirten triebe / machte ich mich auff den Weg und kam nach 2. Stunden vor ein lustig Städlein / bey dem es schöne Gärten hatte / so wol zum Lust als zum Nutz gar zierlich auffgepflantzet / derowegen konte ich mir nicht abbrechen / in einen derselben von den schönesten zu gehen / weil die Thür daran eben nur zugelehnet war / der Meinung nicht allein meine Augen darinn zu weiden / sondern auch ein Weil im überschatten Grünen zu faullentzen.
    Gleich nach dem Eingang passirte ich einen selbst gewachsenen zierlich ineinander geflochtenen Gang / auff dessen Nebenseiten unterschiedlich Gesinde in

Weitere Kostenlose Bücher