Das wunderbarliche Vogel-Nest
von diesem an setzte es noch mehrere empfindliche Reden / weßwegen diese beyde schier einander in die Haar gerathen wären.
Dabey sahe ich / was es vor eine grosse Thorheit sey / wann einer sich durch Auffschneiderey und Erzehlung wunderbarlicher und doch unmöglicher Begegnussen / so ihm widerfahren seyn sollen / groß und ansehenlich machen will; Ein solcher Phantast siehet nicht / daß andere Leut witzig genug seyn / seine Lugen außzunehmen / und seiner Narrheit heimlich zu lachen; daß man dißfalls den Herrn nicht einrede / lehret Ariostus in einer Satyra , wann er spricht:
Pazzo, chi al suo Signor contradir vuole
Se ben dicesse da mezzo giorno,
Visto ha le stelle, & a mezzo notte il Sole .
Das ist
Thoricht ist der so seinem Herrn widersprach /
Ob er schon sagt / er hätt an dem Mittag
Die Stern gesehn / die Sonn umb Mitternacht.
Jn dem Flecken / worinn ich kam / wars eben Kirchweih / und eine Hochzeit darzu / weßwegen sich viel außwärtige Leut von der Nachbarschafft daselbst befanden / da sparte man weder Wein noch Bier / kein Mangel war an Essen und Trincken / weder an Gesottens / Gebratens noch Gebackens / man tantzte / jöhlte / sang / sprang und spielte; Jn summa / man unterliesse nichts was nur zur Lust und Frölichkeit diente / sondern suchte vielmehr / was solche vermehren möchte; weil ich nun hungrig und durstig war / so machte ich mir desto weniger ein Gewissen von den jenigen Speisen und Geträncken zu geniessen / welche im Uberfluß vorhanden und durch die Einheimische den Fremden durch allerhand Manier und sonderbahre Vortheil in die Leiber genöthigt wurden; vornemlich nahm ich der gewürtzten Kürbebißger so viel zu mir / daß mir das liebseelige Geträncke nur desto besser darauff schmeckte / und mir eben so bald als den Einheimischen und Eingeladenen den Verstand verarrestirte; allermassen ich unvermerckt gantz von mir selber kam / herum dorckelte / und kaum so viel Witz behielte / oben in das Hauß zu gehen um eine Ruhestatt zu suchen / da ich meinen starcken Rausch wiederum sicherlich verschlaffen möchte; ich sage sicherlich / dann ich war nicht mehr so schlau / daß ich mich wie ehemalen meiner Gewohnheit nach irgendshin fein klüglich in einem geheimen Winckel verkrochen hätte / sondern als ich ungefehr in eine Cammer kam / darinn zwey Bett stunden / legte ich mich auf deren eins ohne allen Vorbedacht nach einigs Nachsinnen / was mir etwan daselbst begegnen möchte; Jn summa / ich liesse allerdings den lieben GOtt und meine Unbesonnenheit walten; diese erzeigte ich würcklich / an jenem aber / dessen Gegenwart ich mir zwar nüchterer Weise steiff vor Augen zubehalten vorgesetzt / gedachte ich jetzt voller Weis so wenig / daß ich ihm auch nicht einmal durch das Gebet mein Leib und Seel in dessen allmächtigen Schutz befahle. Schaue umb Gottes willen! so hatte mich der Trunck bethöret!
Nichts destoweniger war ich thummer Narr so kühn / daß ich ohne alle Sorg fortschlieffe / biß um Mitternacht / da jeder Mann / jeder Weib / jeder Knab und jede Schlitzgabel sich satt genug abgerammelt zu haben vermeinte; Die erste so von dem Wirth in diese Cammer geführt / und in das ander Bette neben mir gelegt wurden / (welche mich auch auß meinem ersten Schlaf erweckten) waren zwo Geschwister / die gleich mir mehr Trancks in dem Wirthshause / als von der Kirchweyhung deß Heiligen Geistes in der Kirch zu sich genommen und empfangen hatten; diese baten den Wirth gleich wol / daß er ihrer Baß auch bald bringen / und sie / sonst aber niemand zu ihnen in die Cammer legen solte; das versprach er / und brachte darauff ein feines jungs Mägden zu uns / welches sich nur halb ausgezogen (dann es war eine warme Nacht) zu mir auff das Bett legte / wo es noch unzerbrochen / oder verlegen schiene.
Wer gern mit dieser Schnabelweid umbgehet / kan wol gedencken wie mir ums Hertz wurde / vornemlich / wann er erachtet / daß ich damal noch vom Trunck erhitzt / und noch lang nicht durch den Schlaf wiederum zu meiner rechten Vernunfft gelangt war; derowegen thät ich auch wie ein unvernünfftig Viehe / und dachte wenig mehr an meinen guten Vorsatz / den ich gefast hatte / GOttes Gegenwart zu Vermeidung der Sünde immer in meinem Gedächtnüß zu haben; mit einem Wort / ich grabelte halt um mich / und fande meinen Schlafgesellen / beydes Wein- und schlafftruncken / und über das / ich weis nicht mit was vor einer Einbildung bethöret / krafft deren sie mich ihren Peter nennet / und nicht allein
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