Das wunderbarliche Vogel-Nest
alles gern geschehen liesse / was ich mit ihr machte / sondern mir auch getreulich darzu halffe.
Mit solchem sündlichen Wollust brachte ich die Nacht vollends zu biß es anfing zu tagen / und meine gewesene Jungfer anhub zu schlaffen / welche ich dann in ihrer Ruhe unzerstöret liegen liesse / und mich so bald mir die Heitere deß Tags nur ein wenig leuchtet / auß dem Staub machte; wie aber diese Kürbe dem guten Menschen künfftig bekommen sey / davon hab ich seither keine Nachricht erhalten.
Noch vor Auffgang der Sonnen kam ich in ein lustigs Wäldlin / worinnen ich mich niederlegte / und vollends außschlieffe; mich erweckte etliche Viehe so dorthin auff die Weid getrieben wurde / dessen Hirt ins Werck schreiten wolte / eine erschröckliche gen Himmel schreyende Sünde zu begehen / eben als ich erwachte / und den übrigen Schlaff vollends auß den Augen riebe; vorn Zusehen stunden mir alle Haar gen Berg / und damit ich ihn davon abschrecken möchte / schrie ich ihme deß oben gerühmten Bauren Karls Meinung überlaut zu; nehmlich: Halt inn armer Mensch / du bist nicht allein! der Teuffel reitzet dich / er sihet dir zu und lacht / wird dich aber doch deswegen am Jüngsten Gericht anklagen; die Engel sehen dir zu mit Betrübnüß / sie tragen Mitleiden mit dir / weil sie diese Sünd nicht entschuldigen können; GOtt sihet dir zu / den du auffs höchste beleidigst und erzörnest / welcher dich auch hierum straffen wird; So bald der Hirt diese Stimme so nahe bey ihm hörete / gleichwol aber niemand sahe / erstarrete er gleichsam vor Schrecken / also / daß er dort stund wie ein geschnitztes Bild / und da er sich wieder ein wenig erholete / trieb ihn seines beschwerten Gewissens Angst / daß er seinen Hals mit der Geissel-Schnur an eines Baumes Ast binden / und ihm also das Leben selbst kürtzen wolte; Wem war ängster als mir / dieweil ich zu diesem erschröcklichen Selbst-Mord durch mein Zuschreyen Ursach und Anlaß geben!
Derowegen verhinderte ich ihn an seinem Vorhaben mit würcklicher Handanlegung; Wilst du drum (sagte ich mit lauter Stimm zu ihm / gleichsam wie ein Zanckender) deßwegen in die Höll rennen / weil dich der böse Geist beredet / du köntest ihr doch nicht entrinnen? Wilst du dich der Verdamnüß / so du mit deinen Sünden verdienet zu haben weist / durch deinen Selbst-Mord gewiß zuversichern / unterstehen / und dieselbige mit der Gotteslästerlichen Verzweiffelung an der unaussprechlichen Barmhertzigkeit deß himmlischen Vatters verdoplen; Nicht so mein Kind / kehre um / thue Buß und bessere dich / damit dir der liebreiche GOtt seiner milden Gute nach / zuvergelten Ursach habe / dich der ewigen Höllen-Pein entziehe / und mit seinen Außerwöhlten deß himmlischen Reichs zugeniessen / würdige.
Der Kerl war so gar verstockt und auß ihm selber / daß ich nicht weis / ob er damals unter die Todte oder Lebende zu rechnen gewesen; doch erreichte er endlich die Gnad / daß er in sich selbst gieng / und meine Wort behertzigte; er fiele nieder auff die Knie / hub die Augen gen Himmel / schlug an die Brust / und seufftzete mit jämmerlichen Geberden / sagende; Ach GOtt sey mir armen Sünder gnädig / um deiner grundlosen Barmhertzigkeit willen! Und als er diese Wort mit thränenden Augen und einem erbärmlichen Geheul zum öfftern wiederholet / sagte er: Ach mein GOtt und mein HERR; was soll ich thun / daß ich deine Göttliche Huld und Gnade wieder erlange? Was soll ich anfahen / daß ich deinem Zorn entrinne? Wie soll ichs doch immermehr angreiffen / daß ich verlohrnes Kind wiederumb in deß Vatters Hause zu Gnaden auff- und angenommen werde? Sintemal ich aber sonst von nirgendshero keinen Trost noch Gnad zu hoffen / als von dem / welchen ich erzörnet / und dessen Gnad ich so gar grob verschertzet habe / also / daß ich mich zu seinem Gnaden-Thron schier nicht machen darf! Ach! auff was Weiß soll ich dann wieder darzu kommen? Ey was vor einen Procorater soll ich mich doch anmelden / etc. Dergleichen wehemütige Wort brachte er noch viel vor / so / daß es mich wegen seiner Reu erfreute / und zugleich zu einem herrlichen Mitleyden bewegte / darum sagte ich zu ihme: Mein Kind / zeige dich dem Priester / und pflege deines Pfarrherrn Rath / und was er dir sagt / dem komme nach / so wirst du Ruhe für deine Seele finden; O seeliger Engel / antwortet er mir / wer bist du? der du mich vor Sünden abgeschrecket / und mich in dieser einsamen von meinem endlichen Verderben errettet hast! sag mir / wer
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