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Das wunderbarliche Vogel-Nest

Das wunderbarliche Vogel-Nest

Titel: Das wunderbarliche Vogel-Nest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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eines grossen Ballen / damit ja nichts von dem darinn enthaltenen Genist / und also auch vielleicht das rechte Stück / so die Krafft hatte / nicht verloren werden möchte; Jch dorffte nicht sorgen / daß mir dieser Ball leicht gestolen würde / dann wann ich ihn von mir legte / so konte man ihn nicht sehen / aber wol greiffen oder fühlen; Jch hatte eine Sattel-Tasch / worinn ich nach Gelegenheit der Zeit pflegte Gelt über Land zu führen / wann ich irgends hin meiner Handelschafft nachräisete / dasselbe nam ich mit mir in meinen Garten / umb neben andern Sachen von Anemoni -Wurtzlen und Blumen-Zwiebeln auch mein Naßtüchel hinein zu packen / sintemal ich mein Weib beredet / daß ich solche Garten- rarit äten einem von meinen guten Freunden und Beförderern in Leipzig zu verehren / versprochen / so bald ich nun das Naßtüchel hinein gethan / siehe / da konte ich dieselbe Sattel-Tasch nicht mehr sehen / aber wol fühlen oder greiffen / nam ichs dann wieder herauß / so sahe ich sie wieder / das probir te ich etlichmal / und nachdem ich mich also der Sachen Art und Würckung versichert gemacht / hätte ich auch gern wissen mögen / ob man auch mich nicht sehe / wann ich die unsichtbare Sattel-Täsch bey mir trüge. Jch probir te am ersten an den Vögeln / und befande / daß sie meiner nicht warteten / wie sie thäten / wann ich das Naßtüchlein allein bey mir hatte; Nachgehends stellte ich mich vor die Garten-Thür an Weg / und erfuhr an der vorüber gehenden Leute Begrüß- und Ehr-Bezeugung / daß ich gesehen wurde / und sich also die Krafft der Unsichtbarkeit nicht weiters / als in dem Begriff der Sattel-Täschen erstreckte.
    Dieser Gestalt brachte ich meine Unsichtbarkeit sichtbarer Gestalt in meiner unsichtbaren Sattel-Taschen nach Hauß / allwo ich der Sach ferner nachsonne / und befande / daß mein Naßtüchel in einem ledernen Seckel verwahret / zwar den Seckel / aber nicht den der ihn bey sich hätte / unsichtbar machte. Und also nun konte ich meine Unsichtbarkeit bey mir tragen / und ohne solches hinweg gethan mich sehen lassen / oder damit unsichtbar machen / wenn ich wolte; allermassen ich mir selbst hierzu einen sonderbaren ledernen Beutel zurichtete / und den Ballen / welchen ich mir auß dem Naßtüchel formi rt hatte / darinn verwahrt bey mir trug.
    Eben damahl / als ich in meinem Garten-Häußlein mit Erkundigung erst-angeregter Art meines Naßtüchleins geschäfftig war / hörete ich in dem zu nächst neben mir gelegenem Garten / welcher einem vornehmen und reichen Herrn von der Feder zustunde / ein Weibsbild mit weynen und seufftzen ihr Unglück beklagen; sie war etwas zu weit von mir / und redet ihre Klag-Wort so heimlich / daß ich sie nicht verstehen konte / und der Platz / allwo sie lamentir te / lag just hinder einer Johannes-Träubel-Hecke / daß ich sie auch nicht sehen mochte / weil ich aber gleichwol gern gewüst hätte / beydes wer sie gewesen / und was ihr angelegen ware / als nam ich mein Naßtüchel zu mir / und schliech hin zu ihr in Garten; Siehe / da war es der jenigen Frauen Jungfrau Baas und Kostgängerin / deren Ehe-Herrn dieser Garten zuständig. Ich wuste nicht zu ersinnen / umb was anderst sie sonst bekümmert seyn könte / als daß sie vielleicht verliebt seyn müste: dann weder an Reichthumb / Jugend / Schönheit noch andern Stücken / so einer jungen Damen vom Glück in dieser Zeitlichkeit verliehen werden mögen / gieng ihr das geringste nicht ab / sie gebrauchte (wiewol sie sich stattlich hielte) jährlich nicht die halbe Einkünfften zu ihrem Unterhalt von ihren Gütern und Gefällen / die ihro bereits vor 7. oder 8. Jahren von ihren verstorbenen Eltern hinderlassen worden; allem äusserlichen Ansehen nach lebte sie in einem vergnügten Stand / daß schwerlich jemand hätte errathen können / was vor einen bessern sie ihr hätte wünschen sollen; und hatte über das nicht nur ein halb dutzet rechtschaffener und wol- qualificir ter Auffwarter / deren jeder ihre Liebe zu erwerben verhofften / massen sich bey so reich und schönem Frauen-Zimmer beydes Wittwer und Junge Gesellen eben so häuffig finden lassen / als Wespen und Mucken bey einem fetten Honig-Hafen; Zu dem hatte sie die Wahl unter so vielen / ob gleich der Geringste unter allen so beschaffen gewesen / daß sie ihn vor ein Ehe-Gemahl zu nehmen / ihr gar kein schwer Gewissen machen dörffen.
    Jch hatte mich kaum an den Ort gestellt / wo ich dieser Damen weiters aufflaustern wolte / als ich in einem andern

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