Das wunderbarliche Vogel-Nest
der Fried?
DA ich nach Amsterdam kam / war das Wort oder die Frag / was neus? zwischen jederman so gemein / daß es schiene / als wann die hochmögende Herren Staaden der Vereinigten Niderlanden solches den ihrigen zu einer Losung geben hätten! Jch sorgte anfänglich / als ichs allein von meinen alten Bekandten so continuir lich zu mir reden hörete / sie möchten vielleicht Nachricht haben / daß ich mich so auff eine seltene / und wiederumb gantz neu gewordene Weise unsichtbar machen könte / dann es hatte mich kaum einer heissen Willkommen seyn / so kam er gleich mit dieser Frag aufgezogen / ohne daß er einmal gefragt hätte / wie ich lebte? wie mirs gieng? was ich da zu verrichten / und dergleichen / demnach ichs aber mit der Zeit (so Erfahrung bringt) beym Liecht besahe / wurde ich gewahr / daß es darumb geschahe / dieweil sie besorgten / der Aller-Christlichste König möcht ihnen in die Haar gerathen / als der da / wie sie es darvor ansahen / auch ein reicher Kauffmann werden / oder sie auffs wenigst der Landen und Leut / die sie als gemeine Krämer besessen / entsetzen / und solche ihme als einem König / der zum regieren geboren / zueygnen wolte: Wie ich nun merckte / wo diese Niderländer der Schuh trucken wolte / gab ich mich zwar als ein Hoch-Teutscher / den die Sach nichts angienge / umb etwas zu frieden / gedachte aber doch der folgerey nach / und was endlich meinem Vatterland darauß zuwachsen möchte?
Jn dem ich mit diesen Gedancken umbgieng / fragte ich mich selbst / obs wol Krieg würde oder nicht? Aber solche meine Frag zu beantworten / bedunckte ich mich viel zu gering / und weniger als nichts; Dann diß gebührt den Propheten / und zwar nicht allen / sondern allein denen / welchen es Gott (die Menschen zu warnen) offenbaret. Jch weiß nicht / hat mich die Angst / oder der Fürwitz getrieben / ein solches künfftige zu wissen? Ob gleich ich Narr ohne das wol wuste / daß ihm der Allerhöchste solches zu wissen / sich allein vorbehalten! Jch hätte gern einen Jeremiam gefragt / aber / da war kein Lebendiger / oder einer seines gleichen vorhanden / der mich content irt; So wuste ich auch von keiner Heydnischen Sibylla / die mir hiervon mündliche Nachricht hätte geben mögen; Derowegen gienge ich zu denen / welche vor uralten Zeiten hero Chaldæer genannt worden / und kauffte mir wol siebendutzet Calender ihrer unterschiedlichen Discipul en oder Nachfolgeren / die selbige in Truck hatten lassen außgehen; Jch fande aber eben so viel widereinander-lauffende Vorsagungen / als Prognosticant en / eben so viel geschraubte Reden / als Authores ; Jch will schier sagen / eben so viel Lügen / als Wahrsagungen darvon; Gleichwol quälete mich die curiosit ät noch immerhin / und ich glaube / wann damals der fahrende Schüler vorhanden gewesen wäre / der mir zur Unsichtbarkeit geholfen / daß ich ihm gern ein dutzet neue Gülden-Thaler geschenckt hätte / wann er mir nur das Hirn mit noch mehren solchen nichtigen Grillen erlogener Vorsagungen erfüllt hätte / ob mir gleichwol bekand war / daß Apollo selbst vielmal gesagt zu denen die ihn gefragt:
Was bemüht ihr mich und euch umbsunst /
Künfftigs zu wissen ist nicht mein Kunst.
Dieses alles brachte mich dannoch nicht auß dem Spital der vorwitzigen Phantasten / geschweige / daß es mich gar von meiner Kranckheit cur irt und liber irt haben solte / sondern ich forschte Tag und Nacht nach meiner Vergnügung / wie die Alchimi sten nach ihrem Lapide , gleichsam / als wann ich selbst Land und Leut / Scepter und Kron darüber in Gefahr deß Verlusts setzen müssen / und wurde so blöd-hirnig drüber / daß einer / der mich nur nach Zeitungen so ernstlich lauffen sehen / und so eyferig fragen hören / mich gar wol mit gutem Gewissen / und ohne Begehung einiger Todsünd / in die Roll der Haupt-Narren schreiben mögen.
Jch hatte mein Losament genommen bey einer Matronen , die solche zu verlehnen pflegt / das war eine Kammer sampt einer Bettstatt / dessen ich mich nicht schämen dörffte / wann ansehenliche Leut kamen / mich zu besuchen / und alsdann manglets mir weder an Auffwartern oder Auffwarterinnen / dann diese Alte hatte schier mehr Dienerinnen als Losamenter zu verlehnen / und deßwegen auch einen grossen Uberlauff von allerhand Stands Manns-Personen / denen man nicht zugetraut / daß sie sich solcher Gestalt bedienen zu lassen benötigt / dannenhero bekam ich in bälde / ohne meine alte Bekande noch viel unterschiedliche Leut in meine Kundschafft /
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