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Das wunderbarliche Vogel-Nest

Das wunderbarliche Vogel-Nest

Titel: Das wunderbarliche Vogel-Nest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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nicht die letzte seyn / welche durch Treulose Mannsbilder betrogen worden / man muß es diesem boßhafftigen Geschlecht wieder wett spielen / und selbiges mit gleicher Müntz bezahlen / habt nur ein gut Hertz / liebes Bäßgen / und lasts euch zum besondern Trost dienen / daß ichs meinem Mann auch so gemacht / dann ich wurde auch ledigs Stands geschwängert / und zwar nicht von meines gleichen / oder einem vornehmern / der mich nicht heyrathen wollen / sondern von meines Vettern Knecht / der sich nicht hinsetzen dorffte / wohin ich meine Schuh stellete; Zwar auch nicht von einem der mich verführt / sondern von einem / den ich selbst darzu angereitzet habe: Als meine Mutter Seel. nun den Braten schmäckte / und mir hinder die Brieff kam / schickte sie mich auff eins von ihren Land-Gütern / allwo ich heimlich niderkam / und das Kind durch unsere Hof-Frau oder Meyerin vor einen Fündling an ein Ort verschaffen liesse / allwo es nach erzogen / und nunmehr ohngefährlich bey 9. Jahren alt seyn wird; Ihr könt wol gedencken / daß mir vor meiner Hochzeit (ob ich gleich wuste / daß alles was geschehen / jederman verborgen war) auch auff die erste Nacht angst gewesen / auß Sorg / mein Hochzeiter möchte vielleicht was mercken / aber meine selige liebe Mutter war viel zu vorsichtig / sie machte mir die Brüste wieder so steiff / als wann sie niemal kein Mannsbild berührt / geschweige ein Kind gesogen hätte / und richtet mich im Übrigen auch so zu / daß mein Mann eine dünnere Nase hätte haben müssen / wann er etwas anders / als eine unbefleckte Jungfrau hätte riechen sollen; Jch weiß die Recept noch / und dieselbe sollen euch wol zu Paß kommen. Solte nun jetzt jemand die Warheit wissen ausserhalb obengedachter unserer Meyerin / die bey der Geburt gewesen / und meinem Mann viel darvon sagen / oder mir auffrücken wollen / so weiß ich / daß er selbst vor mich schweren / einen solchen Anbringer als den Ärgsten Verleumbder verfolgen / und ihn die Lugen vor die Warheit durch einen Widerruff zu bekennen zwingen würde.
    Jch muß offt selbst lachen / wann ich daran gedencke / wie artlich mir der Betrug abgangen / und wie mitleidenlich sich mein Mann gestellet / als ich mich die erste Nacht bey ihme im Bett so übel gehube: und also liebs Bäßgen / müst ihrs nur auch machen / dann ich sehe hierzu einmal kein ander Mittel: Jch will euch zu meiner und eurer Mutter Seel. verwittibten Schwester nach N. schicken / bey welcher ihr euch heimlich aufhalten könt / biß ihr eurer Leibs-Bürde entladen seyn / und wiederumben eine lebhaffte Farb bekommen haben werdet / sie wird das Kind schon versorgen helffen / alsdann könt ihr wieder zu mir hieher kommen / und irgends mit einem auß euren Auffwartern einen ehrlichen Heyrath treffen / dem wir alsdann / gleich wie ich meinem Mann gethan / schon das Aug verkleiben wollen.
    Die junge Dame höret diesem Discurs mit solcher Andacht zu / daß ihr das weynen allerdings darvon vergieng / sie bedanckte sich deß gegebenen guten Raths gegen ihrer Frau Basen / und versprach demselbigen getreulich Folg zu leisten: Jch aber betrachtete die vielfältige Betrügereyen des arglistigen Weiber-Volcks mit Verwunderung / die ich so wol von meinem eygenen Weib und ihrer Beschliesserin / als dieser so ansehenlichen Frauen / Krafft meiner Unsichtbarkeit / in so kurtzer Zeit wahrgenommen; Jch gedachte aber gar nicht daran / auch mich selbst zu straffen / und zu bedencken / wann kein leichtfertiger Bub wäre / daß alsdann auch keine Huren seyn würden; Sondern ich setzte mir vor / mich der Gemeinschafft aller Weiber hinfort zu entschlagen / und damit ich ein Zeitlang von der meinigen seye / nicht allein ehistens nach Leipzig in die Michaeli Meß / sondern auch von dorten eine Zeitlang gar nach Amsterdam zu räisen / allwo ich ohne das bekand war / in dem ich daselbsten von neundten biß in das siebenzehende Jahr meines Alters aufferzogen worden / und den Anfang / die Kauffmanns-Handelschafft zu lernen / den Grund allda gelegt.
    Jn dieser kleinen Welt / worinn man bey nahe die gantze grosse Welt biß auff ein Ding sehen kan / langte ich 6. Wochen nach meiner Abräise an / nachdem ich zuvor den Apothecker unterrichtet / wessen er sich biß zu meiner Wiederkunfft gegen meinem Weib / meiner Handelschafft und gantzem Haußwesen zu verhalten / zumahlen so viel Gelts zu mir genommen hatte / als ich indessen nöthig zu haben vermeynte.

CAP. XI.
    Was ist sich nun zu versehen? kompt Krieg / oder bleibt

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