Das wunderbarliche Vogel-Nest
Eck ihre Frau Baas hocken sahe / die ihr ebenmässig heimlich zuhörete / diese hatte ihre Hände ineinander geschlagen / gleichsam als wann sie selbst die Klag führete / und sahe ihre Jungfrau Baas durch den dastigen Rosenhaag so starr an / daß man leicht darauß schliessen konte / daß sie deren Anligen allbereit mit Entsetzung verstanden / und mit seltenem Mitleiden daran participir te; Jndessen weynete jene noch immer fort / daß kaum eine Thräne der andern auff ihren Roßfarben Wangen entrinnen konte / ohne daß sie mehrere außtrückliche Wort hätte lauffen lassen / darauß ihr Anligen abzumercken gewest wäre / als daß sie sich über einen leichtfertigen Pamphilum beklagte / dessen Gottlosen Ehr-Vergeßlichkeit sie mehr Treu und Glauben zugetraut / als sie thun sollen / und er merit irt Hoho! gedacht ich / gewißlich hat deine Jungfrauschafft Schiffbruch gelitten / was ich gedachte / das wars auch / und nicht nur diß / sondern noch wol ein mehrers / nemlich der Lohn / den das Frauen-Zimmer auff solche Arbeit bisweilen im Bauch darvon zu tragen pflegt. Jch wurde desselbigen auch gleich versichert / dann als die Frau Baas sich einbildet / ihr Jungfrau Bäßlein würde nichts weiters und deutlichere schnellen / als was sie auß ihren bereits genugsam-Teutsch-außgetruckten Worten schon vernommen (gestalten sie sich nunmehr nur mit weynen behalff / und damit bekräfftigte / was sie zuvor geredet) ruckte sie auß ihrem Hinderhalt hervor / und erwischte der so schmertzlich weinenden Madamoisellen mitten im Nachtruppen ihrer Anfechtung die Hand im Sack / als sie weder den Lauff ihrer Seufftzen / noch auf den Fluß ihrer übermässigen Zähren hemmen konte; Was ist das? Jungfer / oder vielmehr Frau Baas? sagte sie / in was vor einem Zustand finde ich euch? in welchem ich euch nimmermehr anzutreffen mich versehen? nun bin ich versichert / daß ich die Ursach eigentlich weiß / die ich bißher nur geargwohnet / umb welcher willen euch kürtzlich etlich mal so übel worden; gestehet mir die Sach nur bald / und sagt mir / wer der Vatter ist / damit wir bey Zeiten Rath schaffen / und euch vor künfftiger Schand bewahren / verhölet mir als eurer besten Freundin in der Welt nur nicht das geringste / dann gleich wie man zu geschehenen Sachen das beste reden soll / also werde ich auch hierbey thun / was eurer nächsten Anverwandtin zu thun gebührt / als die beydes an eurer Ehr oder Schand Theil haben muß;
Die gute allzubarmhertzig: oder zu leichtglaubig gewesene Jungfrau heulete hierauff noch eine gute Weil hernach / ehe sie sich zu reden erholen konte / endlich aber sagte sie / mein Hochgeehrte Frau Baas hat mich zwar niemahlen geheissen was ich begangen / hingegen aber auch nicht vor dem jenigen gewarnet / was mir begegnet / sondern vielmehr verhängt und zugelassen / daß durch allzugrosse Freyheit und Gemeinmachung mit ihren Kostgängern Stroh und Feuer zusammen kommen / dardurch ich armes / junges und unverständigs Ding leichtlich in die Ehrverzehrende Flamme meines Verderbens gerathen; der eben so dapffere und ansehenliche / als leichtfertig und Ehrvergessene Cavalier Monsieur N. ists / der mich durch Vorgebung unerträglicher Liebe / und Versprechung Ewig-wärender Treu betrogen / und nachdem er mit grausamen Schwüren mir die Ehe zugesagt / mich meines Jungfräulichen Kräntzleins beraubt / und mir also das / so ich von ihme empfangen / gleichsam eingelogen hat! Als er neulich so schnell von hinnen verräiste / schwur er mir hoch und theuer / daß es darumb geschehe / umb unsere Eheliche copulir ung zu beschleunigen; aber heut empfahe ich ein Schreiben von ihm / darinnen er mir notific irt / daß seine Hoch-Adeliche Freundschafft / deren auch dieser Zeit Fürsten verwand / nimmermehr zugeben wolle / daß er mich eheliche / und solte ich gleich noch so reich seyn / wie er dann jetzt genöthigt werde / ein Fräulein auß einem hohen Gräflichen Hauß zu heyrathen / deren gewaltige Anverwandte er nicht vor den Kopff stossen dörffte / welches aber ohn Zweiffel mit Gefahr seines Lebens / und Verlust seiner ansehenlichen Lehen geschehen würde / wann er eine Person von niderer Geburt ihrer Mumen vorzöge.
Wie sie dieses also herauß gebeichtet hatte / fienge sie wieder an zu weynen / als wann sie verzweifeln wolte / ihre Baas muste sie derowegen auch desto besser trösten; Potz Macht! Bäßgen / sagte sie / man muß sich drumb deßhalber nicht häncken! Jhr seyd nicht die erste / und werdt ohn Zweifel auch
Weitere Kostenlose Bücher