Das Zauberer Handbuch
schriftstellerische Lager wechseln.
Auch ich selbst habe nach dem Studienabschluss lange Jahre als freiberuflicher Journalist gearbeitet. Als Phantastik-Fan bin ich dabei meinem Metier treu geblieben und habe zwölf Jahre lang für die Zeitschrift »Moviestar« und ihre Ableger »TV Highlights« (heute »TV-Serienhighlights«) und »DVD Special« gearbeitet – die Leidenschaft für den Film ist mir bis heute erhalten geblieben, wie ihr an den von mir gewählten Beispielen wahrscheinlich schon gemerkt habt. Nebenbei habe ich damit angefangen, Heftromane für den Bastei-Verlag zu schreiben, Wildwest-Geschichten zunächst, später dann Kriminalromane und schließlich auch Science Fiction und Fantasy. Man mag über diese deutschen »Pulps« die Nase rümpfen – fest steht aber, dass ich im Lauf der rund hundertachtzig Romane, die ich auf diese Weise verfasst habe, das Handwerk des Schreibens von der Pike auf erlernt habe und über die Jahre verfeinern konnte. Viele namhafte Autoren wie Wolfgang Hohlbein, Kai Meyer und Jörg Kastner, um nur einige zu nennen, haben ihre ersten schriftstellerischen Gehversuche im Heftroman unternommen und dabei all jene Tugenden erlernt, die für einen Berufsautor wichtig sind, vom Arbeiten in einem Team über einen soliden Spannungsaufbau und ökonomisches Erzählen bis hin zum Einhalten von Abgabeterminen, die im Heftroman sehr viel enger gesetzt sind als bei Büchern.
Dass die Heftromanlandschaft in den vergangenen Jahren deutlich geschrumpft ist, ist äußerst bedauerlich, denn als Autorenschmiede waren und sind die Heftromanredaktionen einfach unübertroffen. Gerade die Lektoren der phantastischen Serien – an vorderster Stelle Klaus N. Frick von PERRY RHODAN (Pabel) und Michael »Mad Mike« Schönenbröcher von MADDRAX (Bastei) – sind bis auf den heutigen Tag bemüht, das Beste aus ihren Autoren herauszuholen und neue Talente zu fördern, sodass hier zumindest etwas von der alten Blüte des Heftromans geblieben ist. Zudem gibt es auf dem Gebiet des eNovel und des ePublishing einige interessante Entwicklungen, die eine Rückkehr des »guten alten« Heftromans in neuem Gewand bedeuten und jungen Autoren somit neue Chancen eröffnen könnten.
Da ich selbst großen Spaß daran hatte, bin ich eine ganze Weile beim Heftroman geblieben und durfte sogar Basteis Aushängeschild JERRY COTTON mit einem roten Handlungsfaden versehen, der über einige Dutzend Bände hinweg das Geschehen der Serie bestimmt hat – unter Fans der Serie genießt dieser »Domäne«-Zyklus heute offenbar einen fast legendären Ruf, was ich als große Ehre empfinde. Gleichwohl hatte ich irgendwann das Gefühl, dass es an der Zeit wäre, mich weiterzuentwickeln, und so erschien 2004 mit DIE BRUDERSCHAFT DER RUNEN mein erster »eigener« Roman bei Lübbe, ein historischer Thriller, der sich auf Anhieb großer Beliebtheit erfreute. Im Jahr darauf folgte mit DIE RÜCKKEHR DER ORKS mein erster Fantasy-Roman bei Piper, und obwohl der eine oder andere Leser zunächst Schwierigkeiten damit hatte, sich mit meiner etwas humorvollen Sicht der Dinge anzufreunden, avancierten die Abenteuer von Balbok und Rammar zum Bestseller. Das wiederum hatte zur Folge, dass ich seit jener Zeit hauptberuflich vom Schreiben leben kann, wofür ich meinen Leserinnen und Lesern und allen, die mich auf diesem Weg unterstützt haben, wirklich sehr dankbar bin.
Die meisten meiner Kollegen haben ähnliche Viten. Erfolge, die sich quasi über Nacht einstellen und dafür sorgen, dass man dem verhassten Chef anderntags die Kündigung um die Ohren hauen kann, sind erstrebenswert, aber leider seltener als die Sichtung eines fünfarmigen tibetanischen Quallenbibers (und der kommt schon nicht gerade häufig vor). Meist ist der sich einstellende Erfolg das Ergebnis kontinuierlicher und oft jahrelanger Bemühungen. Allen Erfahrungen nach, die ich in dieser Branche sammeln durfte, steht und fällt der Erfolg letztlich mit recht konservativen, dafür aber zeitlosen Tugenden: Geduld und die im vorigen Kapitel bereits erwähnte Beharrlichkeit sind ebenso wichtig wie Zuverlässigkeit, Fleiß und Talent. Und man muss bereit sein, sich fortwährend zu verbessern und seine dramaturgischen wie sprachlichen Fähigkeiten zu verfeinern.
Bleib hungrig!
Dazu gehört auch, dass man niemals gesättigt ist an Einfällen und Ideen und stets wachen Auges durch die Welt geht. Wer den Eindruck hat, schon alles im Leben gesehen, gehört und erlebt zu haben,
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