Das Zauberer Handbuch
verwechseln mit dem gleichlautenden illegalen Geschäftsmodell): Man greift sich ein beliebiges Buch zum Thema, das noch vergleichsweise allgemeiner Natur sein kann, und geht die Literaturhinweise am Ende durch; häufig findet man dort Hinweise auf Werke, die sich schon sehr viel genauer mit dem betreffenden Thema beschäftigen. In diesen wiederum schlägt man weiter nach und gewinnt so einen sich beständig erweiternden und zunehmend spezialisierenden Pool an Literatur, die sich mit dem gewünschten Thema befasst.
Auch kann man zur Erstrecherche ein Thema einfach mal googeln und sehen, was passiert; meist wird man auf einige Seiten stoßen, die dem Thema allgemein gewidmet sind; weiterführende Links führen dann zu spezialisierteren Seiten, und die enorme Vielfalt im Netz sorgt dafür, dass es auch hier Informationen zu unzähligen Themen gibt, vor allem dann, wenn man der englischen Sprache mächtig ist. Aber Vorsicht: Eine der meistgelobten Eigenschaften des Internets, nämlich seine nicht vorhandene Hierarchie, kann hier schnell zum Nachteil werden. Ein Sachbuch oder eine wissenschaftliche Abhandlung hat vor der Veröffentlichung mehrere prüfende Instanzen durchlaufen und wäre sicher nicht gedruckt worden, hätte der Autor nicht etwas zum Thema zu sagen. Im Internet kann jedermann von sich behaupten, ein Experte zu sein und eine Homepage publizieren – dass die dort bereitgestellten Informationen der Wahrheit entsprechen, ist deshalb noch lange nicht gesagt. Es empfiehlt sich deshalb durchaus, im Internet gewonnene Informationen mehrfach zu prüfen.
Durch fundierte Recherche wurden manche Autoren schon zu richtigen Kapazitäten auf ihren Gebieten, ob es sich nun um Handwerk, Kriegstechnik oder um alte Musik handelt. Frank Schätzing beispielsweise hat nach dem weltweiten Erfolg von DER SCHWARM das Sachbuch NACHRICHTEN AUS EINEM UNBEKANNTEN UNIVERSUM folgen lassen, das im Grunde nichts anderes war als eine Zusammenfassung des Wissens, das er sich im Zuge seiner Recherche angeeignet hatte.
Generell muss man bei der Vermittlung von Hintergrundwissen im Roman aber Vorsicht walten lassen: So lehrreich und informativ dies auch sein kann, die Grenze zum Korinthenkackertum ist fließend und sollte nicht überschritten werden. Das Wissen, das sich der Autor aneignet, ist schließlich nicht Selbstzweck, sondern dazu da, die Figuren und die Dramaturgie seines Werkes zu unterstützen und seiner fiktiven Welt Substanz zu geben. Ein Autor, der sich auf seinem Feld auskennt, wird stets überzeugender schreiben als jemand, der sich ein Thema nur flüchtig angelesen hat und zwangsläufig an der Oberfläche bleiben muss, um seine Wissenslücken nicht zu offenbaren. Vergleichbar ist das mit den Spezialeffekten in einem Film: Sie können die Handlung ganz wunderbar unterstützen und dabei helfen, den Zuschauer visuell in ferne Welten zu entführen; häufen sie sich jedoch zu sehr oder verkommen zum Selbstzweck, verpufft ihre Wirkung und das genaue Gegenteil tritt ein – die Illusion wird zerstört. Das Publikum – in unserem Fall der Leser – hat ein sehr feines Gespür dafür, wann etwas aufgesetzt wirkt oder sich natürlich entwickelt hat.
Für Fantasy-Autoren nur bedingt geeignet ist eine besondere Form der Recherche, die jedoch oftmals mit dem Schriftstellerdasein assoziiert wird, nämlich die Recherche vor Ort. Natürlich kann man besser und leichter über Plätze schreiben, an denen man gewesen ist, deren Atmosphäre man geschnuppert und deren Aussichten man genossen hat. In der Fantasy tun wir uns da freilich ein bisschen schwer, weil wir letzten Endes immer auf unsere eigene Vorstellungskraft angewiesen sind – nicht einmal J.K. Rowling kann von sich behaupten, schon einmal in Hogwarts gewesen zu sein (zumindest kannte sie dort keiner, als ich mal da war). Aber natürlich wird es in vielen Fällen Orte geben, die denen, die wir in unseren Romanen beschreiben wollen, auf gewisse Weise ähneln – urwüchsige, monumentale Landschaften beispielsweise gibt es in Skandinavien zuhauf, Burgen und alte Klöster in Irland und Schottland, weshalb diese Länder auf der Favoritenliste von Fantasy-Autoren ganz oben stehen.
Natürlich hat nicht jeder das Geld, um mal eben in den Flieger zu steigen und zu verreisen, aber in vielen Fällen ist das auch gar nicht notwendig, denn eine gute Vorstellungskraft kann manches ersetzen. Denken wir nur an Karl May, der die berühmtesten seiner Wildwest-Erzählungen geschrieben und
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