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Das Zauberer Handbuch

Das Zauberer Handbuch

Titel: Das Zauberer Handbuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Hilfestellung, sollten wir uns dennoch kausale Zusammenhänge zwischen unserer Welt und ihren Bewohnern überlegen, da unsere schriftstellerische Schöpfung sonst zwangsläufig flach und aus der Luft gegriffen wirkt.
    Rollenspieler haben hier einmal mehr den Vorteil, dass sie im Umgang mit fiktiven Welten Erfahrung haben. Denn hat man erst einmal die »grobe« Vorplanung einer Welt und ihrer Kulturen hinter sich und taucht in die Geschichte ein, so stellen sich alle möglichen Fragen, die der Alltag unserer Figuren hervorbringt: Was wird z.B. im fiktiven Land XY bevorzugt getrunken und gegessen? Welche Gottheit wird dort verehrt? Mit welcher Währung wird bezahlt? Welche Kleidung wird getragen und woher wird sie bezogen? Gibt es eine Schrift oder ist gar der Buchdruck bereits erfunden? Und welche Sprache wird gesprochen?
    Gerade auf letzteren Aspekt möchte ich gesondert eingehen, weil dies meiner Ansicht nach einen der reizvollsten Aspekte am Erstellen einer eigenen Welt darstellt.
Sprache
    Auch wenn es aus einer Science-Fiction-Fernsehserie stammt – das Beispiel der Klingonen zeigt eindrucksvoll, wie eine künstlich entwickelte Sprache zur Glaubwürdigkeit einer fremden Kultur beitragen kann. Anfangs nur aus einigen Lauten bestehend, die englischen Muttersprachlern wie eine abgefahrene Mischung aus Deutsch und Russisch anmuten musste, entwickelte der Linguist Marc Okrand ein komplettes phonetisches System sowie einen dazugehörigen Wortschatz, der in den 90er-Jahren, auf dem Höhepunkt der STAR TREK-Begeisterung, sogar als Buchveröffentlichung erschien. Eingefleischte Fans konnten ab da die Sprache ihrer Lieblinge erlernen und sich untereinander sogar damit verständigen.
    Das Vorbild für Kunstsprachen im phantastischen Genre hat dabei einmal mehr Tolkien geliefert, der sich für DER HERR DER RINGE nicht nur eine, sondern gleich zwei Elfensprachen ausgedacht hat, nämlich die Umgangssprache Quenya sowie die nur in schriftlicher Form existierende Hochsprache Sindarin, die, wie etwa das Latein der frühen Neuzeit, als reine Gelehrtensprache fungiert. Dabei haben es die von Tolkien entwickelten Sprachen zu solcher Schlüssigkeit gebracht, dass die späteren Exegeten seiner Werke nicht nur ganze Wörterbücher, sondern auch eine funktionierende Grammatik daraus entwickeln konnten – das Standardwerk zum Thema ist übrigens hierzulande erschienen und stammt von meinem geschätzten Kollegen Helmut W. Pesch, einem der Urgesteine der deutschen Fantasy-Szene.
    Wer meine Romane kennt, weiß, dass ich ebenfalls eine gewisse Schwäche für fiktive Sprachen hege. Schon zu Heft­roman-Zeiten hatte ich erste Versuche gestartet, Alien-Rassen mit ihrem eigenen Idiom zu versehen. Bei DIE RÜCKKEHR DER ORKS hatte ich dann das Gefühl, dass es an der Zeit wäre, erstmals ein ganzes Sprachkonzept vorzulegen – da es sich bei den Orks ja um eine Gesellschaft auf recht niedriger Stufe handelt (das Wort Zivilisation gebrauche ich erst gar nicht), schien mir das eine leicht zu bewältigende Herausforderung zu sein. Es wurde dann doch ein bisschen schwieriger, weil ich rasch feststellen musste, dass eine auf reinen Phantasielauten beruhende Kunstsprache eben genau das ist – eine künstliche Schöpfung, die in keiner Weise die klangliche und lautliche Komplexität einer echten, über Jahrhunderte gewachsenen Sprache aufzuweisen hat. Den Trick, den ich schließlich angewandt habe, schaute ich mir bei Meister Tolkien ab, der für seine Elbensprachen Anleihen bei realen Sprachen genommen hatte, u.a. beim Walisischen und Alt­englischen. Ich stieß auf einen Aufsatz, in dem Tolkien berichtete, er hätte sich für die wenigen Ork-Wörter, die er entwickelt habe, von »dunkel« klingenden Sprachen inspirieren lassen, u.a. vom Gälischen. Daraufhin besorgte ich mir einen Stapel keltischer Wörterbücher, bearbeitete deren Silben und Laute nach einem meiner Ork-Sprache angepassten Regelsystem – und erzielte ein verblüffendes Ergebnis: Plötzlich hatten die Wörter sowohl eine gewisse innere Logik als auch den richtigen Klang, und man konnte sich gut vorstellen, dass ein Ork von echtem Tod und Horn tatsächlich Wörter wie shadag (Funke), murruchg (Made) oder dhruurz (Zauberer) in den Mund, oder besser gesagt, ins stinkende Maul nehmen könnte. Drei Jahre später, als es darum ging, eine Elfensprache für DIE ZAUBERER zu kreieren, ging ich einen ähnlichen Weg und suchte Rat beim Walisischen – das Ergebnis ist eine Sprache, die

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