Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Zauberer Handbuch

Das Zauberer Handbuch

Titel: Das Zauberer Handbuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
Vom Netzwerk:
Denken und ihre Handlungsweise für den Leser nachvollziehbar zu machen. Um ein Beispiel aus einem benachbarten Genre zu wählen: Was macht einen Klingonen zum Klingonen? Die charakteristischen Stirnwülste sind es schon mal nicht, denn die trugen die Erzfeinde der Föderation in den Tagen der alten STAR TREK-Serie noch gar nicht. Was den Bewohnern von Kling (später Kronos) jedoch zu allen Zeiten gemein blieb, war ihre kriegerische Kultur, die sich an einem archaischen anmutenden Ehrenkodex ausrichtete, den STAR TREK-Erfinder Gene Roddenberry beim antiken Sparta ebenso entlehnt hatte wie bei den Samurai des mittelalterlichen Japan. Erst durch diesen fiktiven, jedoch glaubwürdigen Hintergrund, der im Lauf späterer STAR TREK-Serien eine eigene Geschichte, eine eigene Sprache und sogar einen eigenen Mythos bekam (man denke nur an das sagenumwobene »Schwert des Kahless«), wurden die Klingonen zu einer real wirkenden Bedrohung für Captain Kirk und seine Nachfolger. Dass sie zu Beginn vergleichsweise einfach gestrickte Bösewichter waren, war später nicht mehr von Bedeutung – die Figuren wurden komplexer und mit ihnen auch ihre Motivationen und Handlungen. Möglich jedoch wurde dies nur auf Grundlage einer glaubwürdigen und ausbaufähigen fiktiven Kultur – die Romulaner mit ihrer eindimensionalen und (der Name sagt es schon) etwas uninspiriert am alten Rom orientierten Zivilisation hatten es da schon schwerer.
    Wenn wir unsere phantastischen Welten bevölkern, so sollten wir stets im Hinterkopf behalten, welche Gegebenheiten eine fremde Kultur bestimmen. An vorderster Stelle sind sicher Klima und Geografie zu nennen: Ohne wärmende Sonne und die regelmäßige Nilschwemme hätte das alte Ägypten sicher keine Blütezeit erlebt, und die Wikinger wären ohne ihr raues Klima und die Nähe zur See ganz sicher nicht jene gefürchteten Räuber der Meere geworden, als die sie in die Geschichte eingegangen sind.
    Auch das Umfeld spielt natürlich eine Rolle – eine Gesellschaft, die sich fortwährenden Angriffen von außen ausgesetzt sieht, wird sich sozial anders entwickeln als eine, die frei von Bedrohungen gedeihen kann. Auch werden Kunst und Kultur in einer freien Gesellschaft eine andere Bedeutung einnehmen als in einer, die von inneren oder äußeren Zwängen bestimmt wird. Das bekannte, aus der Psychologie stammende Modell der sog. »Bedürfnispyramide« kann hier stets zurate gezogen werden, denn zwar bezieht sich die von Abraham Maslow entwickelte Darstellung auf das menschliche Individuum, ist jedoch auch auf die Zivilisation insgesamt anwendbar: Eine Gesellschaft, die mit der Deckung ihrer Grundbedürfnisse – Grenzsicherung, Schutz vor Unwetter, Nahrungssuche etc. – beschäftigt ist, wird zwangsweise weniger Zeit und Muße in die schönen Künste stecken können als eine, die sich hier in einer komfortableren Position befindet.
    Die Geschichte ist voller Beispiele dafür, wie all diese Faktoren auf die Menschheit Einfluss genommen und sie verändert haben, in den großen Dingen ebenso wie in den kleinen. Das Alltagsleben, die Kleidung, selbst das Aus­sehen der Menschen wird davon bestimmt, und es ist völlig legitim, sich als Autor daran zu orientieren und sich ggf. auch davon inspirieren zu lassen. Wieder einmal treten wir dabei in große Fußstapfen, denn schon Tolkien bediente sich einer ähnlichen Vorgehensweise, indem er seine Zwerge mit nordischen Namen und Tugenden ausstattete, während Rohan und seine Reiter an das alte, vornormannische England erinnern. Nicht von ungefähr regiert König Théoden ebenso von einer großen Halle aus wie König Hrothgar in der BEOWULF-Sage. Gerade bei den SPLITTERWELTEN habe auch ich regen Gebrauch von dieser Technik gemacht, von der steinernen Welt Karnak, die den Sitz der Kaiserin Allegra beherbergt, über die ruchlosen Krieger der Goroptera bis hin zur Eiswelt Jordråk, deren Name schon die nordische Prägung erahnen lässt – das norwegische Wort jord bedeutet Erde, während råk einen von Schnee befreiten Ort bezeichnet.
    Wichtig ist, dass wir unsere Protagonisten und die Welt, in der sie leben, in einen vernünftigen, nachvollziehbaren Kontext bringen, und das gelingt uns am besten, indem wir einen entsprechenden kulturellen Hintergrund schaffen. Wenn wir uns dabei zumindest ansatzweise auf reale Historie stützen, haben wir stets den Vorteil einer größeren Glaubwürdigkeit, die sich beim Leser assoziativ einstellt; verzichten wir auf diese

Weitere Kostenlose Bücher