Das Zauberschloß
irgend einer komischen Rolle zu bewegen. Diese Anträge wies er aber mit Zorn und Hohn zurück. Mein Vater, übermüthig sich vertrauend, ging mit den reichsten der Theilnehmer eine hohe Wette ein, daß er den Stoiker dennoch, und zwar recht bald zum Auftreten bewegen würde. Freimund hörte von dieser Anmaßung und schalt meinen Vater, der sein Geld an eine so tolle und widersinnige Wette verlieren müsse, da er ihm sein Ehrenwort gebe, daß er niemals, unter keiner Bedingung, in ein so unziemliches Ansinnen einwilligen würde. »Nun gut, sagte mein Vater lachend, so habe ich denn freilich eine bedeutende Summe verloren, und ich setze mich Deinem rechtmäßigen Tadel um so mehr aus, da ich schon Vater bin, und meine junge, schöne Frau mich gewiß mit noch mehr Erben beschenken wird. Doch, Freund, so groß ist meine Wuth zu wetten nun einmal, daß ich Dir dasselbe Spiel anbiete, wette auch mit mir, ich will auch Dir abgewinnen, oder Du sollst ebenfalls von meinem Leichtsinn Deinen Vortheil ziehen.« Freimund mußte selbst über diesen tollen Vorschlag lachen, weigerte sich lange, war aber gezwungen, endlich nachzugeben, und eine ziemlich hohe Summe wurde festgesetzt, die mein Vater verlor oder gewann, wenn innerhalb eines Jahres Freimund auf der Bühne mitspielend erschienen sei, oder eben so lange hartnäckig sein Auftreten verweigert habe. So vergingen einige Wochen. Mein Vater hatte aber nicht sowohl auf das theatralische Talent seines Freundes, oder auf jene Lust gerechnet, die auch wohl einmal den Ungeschickten antreibt, die Bretter zu betreten, als vielmehr auf jene Gabe der Zerstreutheit und des Vergessens, die dem fleißigen Freimund zuweilen selbst bei seinen Arbeiten störend war. Ein heiteres Lustspiel ward wieder gegeben, eines von jenen locker zusammengesetzten, in denen Scenen ohne Nachtheil fehlen können, wie man auch, ohne das Gedicht zu stören, andre hinein legen kann. Der Saal war überfüllt, mein Vater, der Regisseur war, hatte mit denen, die im Wechsel der Scene zunächst auftreten sollten, eine vorläufige unbestimmte Abrede getroffen. In einem Billet hatte er Freimund benachrichtigt, er müsse ihn noch an diesem Abend, wegen eines sehr nothwendigen Geschäftes, sprechen, er bäte ihn daher dringend, auf dem Theater selbst zu ihm zu kommen, wo er ihm in der Garderobe, oder hinter den Coulissen Alles das mittheilen wolle, woran ihnen beiden sehr viel gelegen sei und das keinen Aufschub vertrage. Zur bestimmten Stunde kam Freimund, und der Bediente meines Vaters führte ihn hinter den Scenen zu der Coulisse heraus, wo mein Vater schon, auf dem Theater, an einem Tische saß und durch einen extemporirten Monolog die Zwischenzeit ausgefüllt hatte. Der zerstreute Freimund, der wohl noch niemals auf einem Theater gewesen war, setzte sich ruhig und sicher meinem Vater gegenüber, und verlangte das so nöthige und dringende Anliegen zu erfahren. Mein Vater trug nun eine Sache vor, die im Stücke selbst auch abgehandelt wurde und die spielenden Personen in Verlegenheit setzte. Freimund gab als Rechtsgelehrter Rath und Entscheidung, sprach bestimmt, ganz in seinem Charakter, mit dem mürrischen Humor, den er nur selten ablegt, und ergötzte die Zuschauer, die über sein Auftreten höchlichst erfreut waren, ungemein. Mein Vater, der immer gefürchtet hatte, Freimund würde gleich in der ersten Rede die Hinterlist bemerken und den Saal voller Zuschauer wahrnehmen, spann nun die Scene weiter aus, da der arglose Mitspieler in dem festen Vertrauen war, er säße weit hinter der Bühne, und keinen Blick nach den Zuschauern hinwendete. Die Freude dieser wurde aber bis zum Entzücken erhöht, als in übermüthigster Laune mein Vater, nachdem das erste Thema erschöpft war, die Bosheit so weit trieb, jene Bitte, daß Freimund sein schönes Talent doch einmal auf dem Theater versuchen möge, jetzt zu wiederholen. Freimund gerieth in seinen gewöhnlichen Eifer, stand auf und sagte im Zorn alle die Reden und Betrachtungen her, die man von ihm schon sonst gehört hatte: er soll, so erzählte man, damals ganz vortrefflich gespielt haben. Als die Scene lang genug zum allgemeinen Ergötzen gewährt hatte, brach er auf und rief nach dem Bedienten, der ihn wieder aus den labyrinthischen Gängen des dummen, dämmernden und doch blendenden Theaters auf die verständige, redliche Straße hinaus geleiten sollte. Der Bediente erschien und er ging. Aber nun erhob sich vom Saale her ein so rauschender Beifall, ein solches
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