Das Zauberschwert - 10
irgendetwas, dachte Damon. Mit ihrem Sternenstein hätte Callista sich besser gegen ihre Entführer wehren können. Vielleicht aber auch nicht. Allmählich festigte sich in ihm der Verdacht, wer auch immer sie gefangen halte, müsse ebenfalls ein Matrix-Juwel benützen. Damit war er stärker als Callista, und sein oberster Wunsch war, sie machtlos zu halten. Denn er wusste, frei und bewaffnet stellte Callista eine Gefahr dar.
Die Katzenwesen. Die Katzenwesen, Zandru sollte sie alle holen! Aber wie und wo hatten sich die Katzenwesen genug Wissen angeeignet, um mit den Matrix-Juwelen auch nur zu experimentieren? Die Wahrheit ist, dachte Damon, niemand von uns weiß etwas über die Katzenwesen, aber wir haben den bösen Fehler gemacht, sie zu unterschätzen. Einen tödlichen Fehler? Wer kann es sagen?
Nun, wenigstens hatten sie Callistas Sternenstein nicht in die Hände bekommen.
Damon und Ellemir waren halbwegs die Treppe hinunter, als sie Aufruhr im Hof hörten, den Lärm von Reitern, das Läuten der großen Glocke. Ellemir keuchte auf, ihre Hand flog an ihr Herz. Damon erschrak; dann entspannte er sich. „Das kann kein neuer Angriff sein“, sagte er. „Ich glaube, es sind Freunde oder Verwandte, sonst wäre Alarm gegeben worden.“ Und außerdem habe ich keine Warnung gespürt!
„Wahrscheinlich kommt Lord Alton nach Hause“, meinte er. Ellemir blickte überrascht drein.
„Gleichzeitig mit dir habe ich auch Vater eine Botschaft geschickt. Aber ich hätte nicht gedacht, dass er während der Sitzungen des Comyn-Rates kommen würde, ganz gleich, wie dringend es war.“ Sie sprang die Treppe hinunter, ihren grauen Rock bis zu den Knien hochraffend. Damon folgte ihr langsamer durch die großen Türen in den ummauerten Hof.
Dort herrschte Chaos. Bewaffnete, mit Blut bedeckt, schwankten in ihren Sätteln. Zu wenige, dachte Damon, für Dom Estebans Leibgarde. Zwischen zwei Pferden hing eine primitiv aus immergrünen Zweigen geflochtene Bahre, und darauf lag der regungslose Körper eines Mannes.
Ellemir war am Eingang des Hofes stehen geblieben, und als Damon sie eingeholt hatte, traf ihn die Blässe ihres Gesichts wie ein Schla g. Sie hatte die Hände zu Fäusten geballt und die Nägel in die Handflächen gebohrt. Damon fasste sanft ihren Arm. Sie merkte gar nicht, dass er da war, so erstarrt war sie vor Schock und Entsetzen. Damon stieg die letzten Stufen hinunter und hielt schnell Umschau unter den erschöpften Gesichtern der Verwundeten. Eduin … CoMan … Carador … wo ist Dom Esteban? Nur über ihre Leichen … Dann erhaschte er einen Blick auf das schwärzliche Adlerprofil und das eisengraue Haar des Mannes auf er Bahre, und es war wie ein Hieb in den Solarplexus, so schmerzhaft, dass er taumelte. Dom Esteban! Bei allen Höllen – welch ein Zeitpunkt, um den besten Schwertkämpfer und Befehlshaber sämtlicher Domänen zu verlieren!
Diener liefen hin und her und vergröerten die scheinbare Verwirrung. Zwei der blutdurchtränkten Männer waren abgestiegen und banden vorsichtig die Bahre los. Die sie tragenden Pferde scheuten – Das ist der Blutgeuch, daran geöhnen Sie sich nie. –, und ein scharfer Schrei klang auf. Der Mann auf der Bahre fluchte fließend in vier Sprachen.
Also nicht tot, sondern sehr lebendig. Aber wie schwer verwundet?, dachte Damon.
„Vater!“ Ellemir lief auf die Bahre zu. Damon fing sie auf und hielt sie fest, bevor sie dagegen prallte. Das Fluchen hörte auf wie ein abgedrehter Wasserhahn.
„Callista, Kind …“ Die Stimme klang rau vor Schmerz, „Ellemir, Vater“, murmelte sie. Den Männern gelang es, die Bahre auf den Boden zu stellen, und Damon sah, dass die Heilerin sich durch die versammelten Diener drängte. In ihrer knappen Weise sagte sie: „Tretet zurück, das ist meine Sache, Domna…“ – zu Ellemir – „… auch für Euch ist hier nicht der richtige Ort.“ Ellemir ignorierte die Frau und kniete neben dem Verwundeten nieder. Ihre Lippen verzogen sich zu etwas, das ein Lächeln sein sollte.
„Ja, Chiya, da bin ich.“ Die buschigen Augenbrauen zuckten. „Ich hätte nur mehr Männer mitbringen sollen.“ Damon, der über Ellemirs gebeugten Rücken auf Dom Esteban hinabblickte, bemerkte in seinem Gesicht die Zeichen eines langen Kampfes mit dem Schmerz und mit etwas Schlimmerem. Mit etwas wie Furcht. Allerdings hatte noch niemand Furcht auf dem Gesicht von Esteban-Gabriel-Rafael Lanart, Lord Alton, gesehen, und so konnte man auch nicht wissen, wie sich Furcht auf
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