Das Zauberschwert - 10
sich, er dürfe die Katzenwesen nicht nach menschlichen Begriffen beurteilen. Wir wissen gar nichts über die Gründe, aus denen sie dies oder jenes tun.
Er erhob sich und blieb schwankend stehen. Nach dieser anstrengenden telepathischen Arbeit brauchte er Essen, Schlaf und Ruhe. Die Nacht war weit vorgeschritten. Ihn quälte der Gedanke, dass äußerste Eile vonnöten war. Mühsam bewahrte er sich davor, umzufallen. Er blickte auf Ellemir und Andrew nieder. Jetzt, wo die Dinge wieder in Bewegung gekommen sind, müssen wir bereit sein, uns mit ihnen zu bewegen, dachte er. Wenn ich als Bewahrer arbeite, ist dies meine Verantwortung – dafür zu sorgen, dass sie nicht in Panik geraten. Ich habe die Leitung, und ich muss mich um sie kümmern.
„Wir brauchen alle Essen“, sagte er, „und Schlaf. Und wir können gar nichts unternehmen, bevor wir wissen, wie schwer Dom Esteban verwundet ist. Davon hä ngt jetzt alles ab.“
8
Am nächsten Morgen stieg Damon in die Große Halle hinter und fand Eduin mit bleichem, besorgtem Gesicht vor der Tür warten. Auf Damons Frage nickte er kurz. „Caradoc geht es recht gut, Lord Damon. Aber Lord Istvan …“
Das sagte Damon alles, was er zu wissen brauchte. Esteban Lanart war aufgewacht – und war immer noch unfähig, sich zu bewegen. Es war entschieden. Damon überkam ein unheimliches Gefühl, als stehe er auf Treibsand. Was nun? Was nun? Also musste er es tun. Seine Kiefermuskeln spannten sich.
Im Grunde hatte er es die ganze Zeit gewusst. Von dem Augenblick der Vorausschau an (früher als ich denke, und es wird ein Unglück für uns alle sein) hatte er gewusst, dass die Aufgabe letzten Endes ihm zufallen würde. Er war sich immer noch nicht sicher, wie er sie angehen sollte, aber wenigstens stand jetzt fest, dass er die Bürde nicht auf die stärkeren Schultern seines Verwandten abladen durfte.
„Weiß er es, Eduin?“
Eduins Habichtgesicht verzog sich zu einer Grimasse des Mitleids. „Glaubt Ihr, irgendwer müsse es ihm eigens sagen? Aye. Er weiß es.“
Und wenn er es noch nicht wüsste, würde er es in dem Augenblick erkennen, wo er mich sieht. Damon schob die Tür zur Seite und wollte eintreten. Eduin fasste ihn am Arm.
„Könnt Ihr für ihn nicht tun, was Ihr für Caradoc getan habt, Lord Damon?“
Bedauernd schüttelte Damon den Kopf. „Ich bin kein Wundertäter. Eine Blutung zu stillen ist nichts. Als das geschafft war, konnte Caradocs Wunde heilen. Ich habe nichts geheilt; ich habe nur getan, was Caradocs Wunde von selbst getan hätte, wenn man sie hätte verbinden können. Ist der Nerv des Rückgrats durchtrennt – dann kann keine Macht dieser Welt ihn wiederherstellen.“
Eduin schloss kurz die Augen. „Das habe ich befürchtet. Lord Damon, gibt es Neuigkeiten über Lady Callista?“
„Wir wissen, dass sie im Augenblick am Leben und gesund ist“, antwortete Damon. „Doch es ist Eile geboten. Deshalb muss ich Dom Esteban sofort sprechen und Pläne machen.“
Er öffnete die Tür. Ellemir kniete neben dem Bett ihres Vaters. Die anderen Verwundeten hatte man in die Wachstube gebracht, ausgenommen Caradoc, der an der hinteren Wand der Halle unter seinen Decken fest zu schlafen schien. Esteban Lanart lag flach auf dem Rücken. Sein schwerer Körper war von Sandsäcken umgeben, die verhinderten, dass er sich von einer Seite auf die andere drehte. Ellemir fütterte ihn, nicht gerade sehr geschickt, mit einem Kinderlöffel. Der Lord war ein sehr großer, kräftiger, rotbärtiger Mann mit dem strengen Adlergesicht seines Clans. Seine langen Koteletten und seine buschigen Augenbrauen wurden grau, sein Bart war dagegen immer noch leuchtend rot. Er war wütend, und die Breispritzer in seinem Bart wirkten unangemessen. Sein grimmiger Blick wandte sich Damon zu.
„Guten Morgen, Verwandter“, grüßte Damon.
Dom Esteban gab zurück: „Gut, sagst du? Wenn ich hier liege wie ein vom Blitz getroffener Baum und meine Tochter meine Tochter …“ zornig hob er die geballte Faust, schlug gegen den Löffel, bekleckerte sich noch mehr mit Brei und schnaubte: „Nimm das Dreckszeug da weg! Es ist nicht mein Magen, der gelähmt ist, Mädchen!“ Er sah ihr erschrockenes Gesicht und legte ihr unbeholfen die Hand auf den Arm. „Tut mir Leid, Chiya. Ich habe Grund genug, mich zu ärgern. Aber gib mir etwas Anständiges zu essen, nicht diesen Babypamps!“
Ellemir hob hilflos die Augen zu der Heilerin, die in der Nähe stand. Diese zuckte die Schultern, und Damon
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