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Das Zeichen der Schwalbe (German Edition)

Das Zeichen der Schwalbe (German Edition)

Titel: Das Zeichen der Schwalbe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Bryan
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Schiff hebt und senkt sich auf den Wellen und Sor Emmanuela und P í a sind seekrank. Unser Verschlag riecht nach Erbrochenem. In den Ecken dringt Wasser ein, sodass er feucht und überlriechend ist. Sor Emmanuela ging es so schlecht, dass sie Marisol nicht verbieten konnte, an Deck zu gehen, und Sanchia und ich folgten ihr, gierig nach frischer Luft. Die salzige Brise belebte uns und die endlose See ist ein großartiger Anblick, eine Welt aus Wasser, die sich bis zum Himmel erstreckt! Es scheint unmöglich, dass sich dahinter Land befinden soll.
    Zuerst beäugten uns die Matrosen misstrauisch, doch mit der Zeit wurden sie freundlicher. Sie versicherten uns, dass es eine ruhige Überfahrt werden würde, und beschrieben das Land, das wir ansteuerten. Sie sagten, dort träfen Menschen aus aller Herren Länder zusammen, levantinische und genuesische Händler, Männer, so schwarz wie die Nacht, mit Turbanen auf dem Kopf, in Seidengewänder gehüllte Chinesen und Granden mit golddurchwirkten Umhängen. Auf den Märkten würden wir seltsame Früchte, Seiden, Gewürze und Fische mit regenbogenfarbenen Schuppen sehen. Die Frauen der Granden würden wir leicht erkennen, weil sie einen schwarzen Schleier vor dem Gesicht trugen und von unverschleierten Dienerinnen begleitet wurden, Mestizo-Frauen in bunten Kleidern.
    Die Seeluft tat Marisol gut. Ihre Augen blitzten, ihre Wangen waren rosig und sie flocht ihre Zöpfe auf, um den Wind durch ihr Haar wehen zu lassen. Die Matrosen überboten sich gegenseitig, um sie zum Lachen zu bringen. Ein paar Tage später kam auch Sor Emmanuela an Deck, um in der Sonne den schlimmen Husten und die Erkältung auszukurieren, die sie in dem feuchten Laderaum bekommen hatte. P í a saß schweigend an ihrer Seite und beachtete die Matrosen gar nicht, die fassungslos ihr Haar aus Mondlicht anstarrten.
    Der Boden in unserem Verschlag wurde immer nasser und der Saum unserer Tracht trieft, doch draußen war die Luft betörend und der warme Wind blähte die Segel. Wir verbrachten so wenig Zeit wie möglich unter Deck, sondern beteten und aßen an Deck. Es gab hartes, aus gesalzenem Mehl gebackenes Brot, das wir in Olivenöl tunkten, um es aufzuweichen, außerdem hatten wir Oliven und getrocknete Feigen und sauren Wein aus einem Fass an Bord. Die Möwen glitten kreischend über unsere Köpfe hinweg und die Welt war eine endlose Weite aus Wasser und Licht. Wie sehr wünschte ich mir, mein Vater könnte sie sehen.
     
    Eines Tages saßen wir wie üblich an Deck, genossen unser Mahl, sahen zu, wie sich der Horizont hob und senkte und versuchten uns die Ehemänner vorzustellen, die wir finden würden, als Sanchia rief: »Seht mal!« Sie zeigte auf den Horizont, von wo kleine Wolkenfetzen mit großer Geschwindigkeit über den Himmel zogen. Erst legte sich ein schwacher Dunstschleier vor die Sonne, der sich schon bald in eine dunkle Wolkenbank verwandelte. Plötzlich wehte der Wind heftiger und kälter. Die Segel krachten und die See war nicht mehr blaugrün, sondern schwarz, und der Seegang wurde rauer. Nicht nur wir beobachteten diese Veränderung voller Sorge, auch die Matrosen schienen beunruhigt. In barschem Ton erteilte der Kapitän den Männern Befehle, die sie hastig ausführten. Einer der Matrosen schob uns kurzerhand durch die Luke und die Leiter hinunter in den Laderaum, während andere die Segel einholten und sie mit Seilen festzurrten.
    Wir hätten uns niemals etwas so Schreckliches vorstellen können wie den Sturm, der wie ein Hieb des Allmächtigen auf uns niederschmetterte. Schon bald schaukelte unser Schiff hin und her, dann bäumte es sich auf, um gleich darauf in riesige Wogen einzutauchen und in einem Halblicht dahinzuschlingern, in dem alles zu verschwinden schien. Eine kalte Welle überspülte das Deck und ergoss sich in unseren Laderaum. Der Matrose schrie, dass wir keine Angst haben sollten und schlug die Luke zu.
    Der Sturm schien immer heftiger zu werden. In den Stunden und Tagen, die folgten, verloren wir jedes Gefühl für die Zeit. Zerschunden und benommen klammerten wir uns in der Dunkelheit furchtsam aneinander, das Stampfen des Schiffes ließ uns erbrechen und wir konnten weder trockene Kekse noch das brackige Wasser bei uns behalten. Wir beteten unablässig, fielen zwischendurch in unruhigen Schlaf, nur um beim Aufwachen wieder von Angst und Kälte umgeben zu sein …
    Um unsere Knöchel schwappte das Wasser und unsere Habite waren durchgeweicht. Sor Emmanuela konnte nicht

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