Das Zeichen der Schwalbe (German Edition)
das Meer geflogen, und am Himmel hatten Zeichen und Omen vor den Fremden gewarnt, die auf dem Weg in die Hauptstadt viele Einheimische brutal behandelt und hingeschlachtet hatten. Der Bote sagte, der Name ihrer Anführer sei Francisco Pizarro, und Salomé bekam Angst. Es war ein spanischer Name.
Die Abscheu war ihr deutlich anzusehen, als sie die Ereignisse schilderte, die folgten, so als sei sie inzwischen mehr Inka als Spanierin. Der Sapa Inka , Atahualpa – ein Herrscher, der so mächtig war, dass niemand wagte, ihn direkt anzusehen – wurde in eine Falle gelockt, gefangen genommen und hingerichtet, erwürgt – eine »Gnade«, da er in seiner letzten Stunde seinem Glauben abschwor und sich taufen ließ. Sonst wäre er auf dem Scheiterhaufen gestorben. Sein Tod verbreitete furchtbare Angst unter den Inka. Sie glaubten, dass sich die Sonne nun zurückziehen und die Welt so dunkel und kalt werden würde, dass es das Ende bedeutete. Als die Sonne weiterhin jeden Morgen aufging, bröckelte der Widerstand gegen die furchterregenden Invasoren. Die Ernte war reichlich, ein Zeichen also, dass die Götter die brutalen Eindringlinge guthießen.
Die Spanier beanspruchten das Land der vier Teile für Spanien und zogen plündernd, brandschatzend und mordend durch das Reich. Die Nonnen schickten Boten zu den Jungfrauen der Sonne, um ihnen den Schutz eines christlichen Klosters anzubieten. Doch der Bote fand das, was das Erdbeben von dem Gebäude übrig gelassen hatte, leer. Die Jungfrauen waren verschwunden, als Beute verschleppt. Ein Bischof schickte Sklaven, die aus den umherliegenden Trümmern des Hauses der Jungfrauen der Sonne ein christliches Kloster bauen sollten, und die Heiligen Schwestern Jesu, die in ihrem ursprünglichen Haus inzwischen recht beengt lebten, ergriffen die Gelegenheit beim Schopfe und zogen zusammen mit den Kindern in das neu errichete Kloster.
Salomé verabscheute die Spanier und hatte Angst um ihren Mann. Sie überredete ihn, sich um des Landes willen taufen zu lassen, denn die spanischen Eroberer hielten es für vorteilhaft, ein Mitglied der königlichen Familie der Inka, das zugleich ein Konvertit war, als Gouverneur der Region einzusetzen. Er war in seiner Rolle als Gouverneur in einer entfernt gelegenen Provinz unterwegs, als er im letzten Jahr starb. Salomé klammert sich an den indianischen Teil ihres Lebens und hat wenig mit den spanischen Kolonisten zu tun.
Mir schien, dass Salomé die Möglichkeit begrüßte, ihre Geschichte zu erzählen, doch ich sah, dass sie schnell ermüdet, und so hielten wir es für das Beste abzureisen, nachdem sie ihren Bericht beendet hatte. Fast hatte es den Anschein, als sei ihr daran gelegen, uns bald aus dem Haus zu haben, und eine Bemerkung, die sie zufällig machte, ließ mich vermuten, dass es etwas mit der erwarteten Rückkehr von Don Miguel zu tun hatte. Ich versuchte, die Enttäuschung darüber, dass ich Don Miguel nicht sehen würde, aus meinen Gedanken zu verdrängen.
KAPITEL 29
Aus der Chronik der Sors Santas de Jes ú s, aus der Feder von Esperanza, im Missionskloster Las Golondrinas de Los Andes, März 1554
Als wir ins Kloster zurückkehrten, erfuhren wir, dass Pía ru higer geworden ist, sich aber weigert, ihre Zelle zu verlassen, selbst wenn die Beatas die Tür offen lassen und versuchen, sie herauszulocken. Sie schläft nicht, wegen der Kämpfe, die Engel und Dämonen um ihre Seele austragen. Sie ist so dünn, dass ihre Haut durchscheinend aussieht. Sanchia und mir kommen die Tränen, wenn wir sie sehen.
Bisher habe ich noch nicht an die Äbtissin und Sor Beatriz geschrieben. Wir können nicht wissen, ob Briefe ihr Ziel erreichen oder ob ein Brief von mir das Kloster in Gefahr bringt oder ob sie mir antworten können. Ich wüsste so gern, ob Luz in Sicherheit ist. Ihr Taschentuch habe ich immer noch.
Um jedoch zur Sache zu kommen … Die Oberin bestellte mich in ihr Arbeitszimmer, um mit mir über meine Zukunft zu sprechen. Nach unserem Besuch bei Marisol hatte es zum Zweck der Einleitung von Heiratsverhandlungen weitere Anfragen wegen Sanchia, Pía und mir gegeben, vor allem wegen Pía. Ihr Zustand ließ es nicht zu, dass sie heiratete, und ich wollte nicht, dass wir drei getrennt wurden, also bemühte ich mich, das Thema zu umgehen.
Als wir jedoch von unserem Besuch bei Salomé zurückkamen, berichtete mir die Oberin, ein Mann habe sich ganz besonders nach mir erkundigt. Einen Moment lang verspürte ich die irrwitzige Hoffnung,
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