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Das Zeichen der Schwalbe (German Edition)

Das Zeichen der Schwalbe (German Edition)

Titel: Das Zeichen der Schwalbe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Bryan
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und liest eifrig darin. Sie hat mir erzählt, dass es das Werk italienischer Juden sei. Ich warnte sie, dass die Kirche diese Bibeln in den romanischen Sprachen verboten habe, doch ich kann sie nicht zur Vernunft bringen, obwohl ich ihr sagte, sie habe ja keine Ahnung, wie gefährlich diese Bücher seien. »Oh doch, das habe ich«, erwiderte Sanchia. Sie hob ihren Rock und zog einen ihrer Strümpfe herunter. Die rotblauen Narben sind schrecklich. »Die erinnern mich daran, dass ich einen Weg finden muss, die Tochter meiner Eltern zu sein. Das ist der Grund, weshalb der Allmächtige mich am Leben ließ. Ich weiß noch nicht, wie ich es anstelle, aber mir wird schon etwas einfallen. Und bis dahin erkunde ich die Geschichte meines Volkes.«
    Währenddessen drängt Don Héctor auf eine Antwort. Die Oberin wird allmählich ungeduldig, weil ich mich nicht entscheide, und wenn es nach mir ginge, würde ich meine Antwort bis zum Sankt-Nimmerleinstag hinausschieben, doch in der vergangenen Nacht wurde Sanchia beinahe von einem Nachtwächter erwischt. Heute habe ich zugestimmt, Don Héctor zu heiraten, unter der Bedingung, dass er meine Schwester bei uns leben lässt. Er antwortete, er sei bereit, Sanchia aufzunehmen, vorausgesetzt, sie ist eine gottesfürchtige und gehorsame junge Frau. Zum Glück weiß er nichts über Sanchia, sonst würde er meine Bitte ablehnen. Ich habe keine Ahnung, wie es nach unserer Hochzeit werden soll, wenn beide unter einem Dach leben.
    Ich habe Sanchia angewiesen, die Bibel in ihrer Matratze zu verstecken. Ich erzählte ihr, dass ich mich entschieden habe, Don Héctor zu heiraten, und dass sie mich in mein neues Heim begleiten müsse. Entgeistert sah sie mich an. »Nicht den mit dem übelriechenden Atem! Er stinkt wie ein verrotteter Fisch! Schauderhaft! Und alt ist er, wie ein vertrockneter Käfer. Stell dir diese verdorrten kleinen Käferfinger vor, wie sie über deinen ganzen Körper krabbeln! Selbst Doña Luisa hat Rita nicht in seine Richtung geschubst. Esperanza, das kannst du nicht tun!«
    Aber ich muss. Meine Mitgift ist beinahe aufgebraucht und ich weiß nicht, was ich sonst tun soll.
    Ich darf jetzt nicht an Don Miguel denken, aber ach, ich wünschte, er wäre bei Salomé gewesen, als wir sie besuchten.
    Das Aufgebot für die Hochzeit ist bestellt. Sanchia, dieses schreckliche Mädchen, ist schon wieder verschwunden! Ich muss mir alles Mögliche ausdenken, um ihre Abwesenheit zu verbergen, was eine zusätzliche Last bedeutet. Mein Hochzeitstag rückt näher, viel zu schnell. Ich sollte meine Brautausstattung herrichten, doch das Herz ist mir zu schwer und meine Hände sind zu unwillig für diese Arbeit. Die Oberin hat mich ermahnt, ein Nachthemd ganz oben in meine Truhe zu packen. Meine Hochzeitsnacht werde ich nie und nimmer überleben!
    Ich ging zu Pía, um ihr von meiner Hochzeit zu erzählen. Sie antwortete mit verträumter Stimme, dass sie mit einem himmlischen Bräutigam vermählt sei. Um sie wenigstens manchmal zum Essen zu bewegen, sagen ihr die Beatas, die sich um sie kümmern, es sei himmlisches Manna. Sie zeigte auf den Wasserkrug in ihrer Zelle und flüsterte, darin seien Gottes Tränen. Auf jeden Fall scheint sie ruhig zu sein.
    Ich bitte Gott um Kraft und rufe mir in Erinnerung, dass ich zumindest das Versprechen einlöse, das ich meinem Vater gegeben habe. Sanchia und ich haben kaum eine andere Wahl. Wir können nicht für immer im Kloster bleiben, ohne uns in irgendeiner Form für das religiöse Leben zu entscheiden. Unser Geld ist fast aufgebraucht. Keine von uns kann Nonne werden, ein solcher Schritt ginge mit zu vielen Täuschungen und einem Verrat an dem einher, was wir sind.
    Ich hoffe, Sanchia kehrt rechtzeitig zu meiner Hochzeit wieder. Ich brauche wenigstens diese eine Freundin an meiner Seite.

KAPITEL 30
    Aus der Chronik der Sors Santas de Jes ú s, aus der Feder von Esperanza, im Missionskloster Las Golondrinas de Los Andes, Ende Oktober 1554
    Die Nacht, bevor meine Hochzeit mit Don Héctor stattfinden sollte, verbrachte ich schlaflos und elend in meinem Zimmer und der Morgen graute nur allzu bald. Sanchia war nicht wieder aufgetaucht und Don Héctors Kutsche wartete vor dem Tor des Klosters. Die Oberin hatte mir zur Hochzeit einen Blumenkranz und ein neues Kleid geschenkt und als ich mich anzog, wünschte ich von ganzem Herzen, es sei mein Leichentuch. Meine Truhe stand fertig gepackt am Tor, darin lag meine karge Aussteuer und auch diese Chronik, meine

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