Das Zeichen der Schwalbe (German Edition)
Hochzeitsgeschenk vom Anführer: eine aus feiner Wolle gewebte Tunika mit prachtvollen Stickereien, wie sie für diese Gegend typisch sind. An den Schultern wurde sie von goldenen Schlangen mit Smaragdaugen gehalten. Mein Haar war lang geworden und ich hatte es gewaschen und gebürstet, sodass es mir über den Rücken fiel, und eine rote Blüte darin befestigt. Ich spürte, dass mein Gesicht vor Glück glühte und wusste, dass meine Augen vor Freude strahlten. Ich hoffte, der Anführer würde es gutheißen.
Unsere Hochzeitsgesellschaft war groß: Wer reisen konnte, hatte sich auf den Weg gemacht und schaute nun zu. Die Schwestern sangen jeden Psalm und jede Hymne in ihrem Repertoire – bei den Inkas gelten Zeremonien ohne Musik nicht als offiziell und sie dauern manchmal tagelang – und schließlich segnete die Oberin uns. Und dann war es Zeit für den Teil der Trauung, der nach dem Inka-Zeremoniell vollzogen wurde. Der Anführer bestand darauf, weil er meinte, das Volk würde mich sonst nicht als seine Frau anerkennen. Er beugte sich nieder und zog mir neue Sandalen aus Vicuña-Wolle an, die mit Goldfäden durchwirkt waren. Ich legte ihm eine neue Tunika über die Schultern, die ich aus feiner weicher Wolle gewebt hatte. Ein Mitglied der königlichen Familie legte unsere Hände ineinander, zum Zeichen, dass wir eins waren.
Er führte mich zu der Hazienda der Sonne und des Mondes, die bei dem Erdbeben großen Schaden genommen hatte. Diener trugen meine Habseligkeiten; darunter war auch ein Kruzifix, das nach dem Wunsch meines Mannes in unserem Heim hängen sollte. Auf unserer Hazienda erwartete uns ein weiteres karges Hochzeitsmahl – Maisbier und ein wenig Gemüse in der würzigen Soße, die es zu allem gibt. Ich konnte nichts essen. Der Schritt, zu dem ich mich entschlossen hatte, war gewagt, ich war sehr aufgeregt, aber auch sehr glücklich in meiner Hochzeitsnacht. Und ich wünschte mir, meine Mutter hätte uns ihren Segen geben können.
Salomés Miene war weich geworden, während sie erzählte – selbst jetzt noch wärmt die Erinnerung an ihre Hochzeit mit dem Anführer ihr Herz. Sie bekam bald nacheinander drei Kinder, die Jungen, Miguel und Mateo, und ein Mädchen, das sie ihrer Mutter zu Ehren Beatriz nannte. Sie sorgte dafür, dass alle drei sofort getauft wurden, und zwar mit so viel Zeremoniell und Gesang wie möglich, um sie dem mächtigen christlichen Gott zu überantworten. Die Jüngste, Beatriz, war acht Jahre alt, als die Steinmetze und Arbeiter mit ihren Reparaturen an der Hazienda fertig waren. Salomé sagte stolz, dass ihr Mann darauf bestanden habe, die Häuser der Bauern, die Terrassen für die Felder und die Straßen instand setzen zu lassen, bevor sein eigenes Haus wieder hergerichtet wurde. Sie lobte ihn als einen gerechten Mann, seinem Volk und dem Sapa Inka verpflichtet, furchtlos und gut zu ihr und den Kindern. Er betrachtete sie als ebenbürtige Gefährtin, suchte ihren Rat und auch ihre Fürsprache bei dem christlichen Gott. Die Töchter des Anführers durchliefen das Noviziat und legten zwei Jahre später als die ersten einheimischen Nonnen ihr Gelübde ab. Der Anführer und Salomé nahmen an ihrem Professgottesdienst teil und zu Salomés Genugtuung nahm die Oberin sie beiseite und sagte ihr, sie sei klug gewesen, ihrem Herzen zu folgen.
Salomé folgte dem Beispiel der ersten Frau des Anführers und brachte den Nonnen Lebensmittel und Decken, die die Dienerinnen gewebt hatten. Oft half sie in der Schule, im Hospital und im Waisenhaus, in dem nach dem Erdbeben viele Kinder aufgenommen wurden. Während Waisenjungen zu Soldaten ausgebildet wurden, war es bald gang und gäbe, dass elternlose Mädchen zu den Nonnen gebracht wurden. Von Zeit zu Zeit ließen die Priester besonders schöne Mädchen am Tor zurück, wenn sie die Götter besänftigen wollten. Später wurden diese Mädchen Nonnen, so wie es in Spanien auch üblich war. Für die Kinder, die geopfert werden sollten, gab es keine andere Wahl – waren sie einmal auserwählt, konnten sie nicht länger unter den gewöhnlichen Menschen leben.
Dann kam Salomé zum Ende ihrer Geschichte und beschrieb die Nacht, die ihr Leben und das ihres Mannes für immer verändern sollte. Ein Läufer hatte eine wichtige Botschaft für den Anführer und seine Soldaten gebracht: Sie sollten so schnell wie möglich in die Hauptstadt kommen. Menschen mit Panzern aus Metall und seltsame Tiere, die Feuer atmeten, waren auf großen Schwingen über
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