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Das Zeichen der Schwalbe (German Edition)

Das Zeichen der Schwalbe (German Edition)

Titel: Das Zeichen der Schwalbe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Bryan
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sie in Spanien vorfinden wird.
    Váez Sobremontes Witwe hat herrlichen Schmuck, der ihre Trauerkleidung ziert, elegante Gewänder aus Seide mit schwarzer belgischer Spitze. Sie kam in einer gut gefederten und bequem gepolsterten Kutsche mit einem Wappen auf der Tür. Außerdem brachte sie viele Wagen voller Dinge mit, die sie nach Spanien mitnehmen will. Sie braucht ein großes Schiff, um alles transportieren zu können. Neben ihren persönlichen Dingen hat sie mehrere Gemälde im Gepäck, die sie für viel Geld in Auftrag gegeben hat, außerdem ein Bild von Marisol, das Marisols Ehemann, Don Tomás, malen ließ, aus Anlass des fünfundzwanzigjährigen Bestehens der Mädchenschule, die sie auf der Hazienda der Beltráns einrichtete. Der arme Don Tomás ist nicht er selbst, seit Marisol starb, dennoch kann Teo Jesús nicht verstehen, wie Sanchia ihn überredet hat, sich von dem Bild zu trennen. Sanchia hat auch ein Bild ihres Mannes Sobremonte bei sich; er ist ein intelligent aussehender Mann mit klaren Gesichtszügen und er trägt eine flache Mütze und eine Art Schal mit Fransen. Wenn sie auf Reisen geht, nimmt sie dieses Gemälde immer mit.
    Sanchia sprach von ihrer Absicht, die Zelle zu besuchen, in der Pía lebte und sich für mein Leben einsetzte. Seit ihrem Tod steht die Zelle leer und man sagt, dass die Nonnen nachts Stimmen in der Zelle hören, dass dort Geister ein- und ausgehen, eine Dame in einem dunklen Umhang und zwei wunderschöne junge Frauen, eine mit silbernem Haar, eine mit dunklem. Der Bischof weiß nicht, wie er dagegen vorgehen soll, fürchtet aber, er könne den Unwillen der Einheimischen erregen, die Pía als Heilige betrachten.
    Sanchia wollte auch etwas über uns erfahren. Ich erzählte ihr, dass wir alle verheiratet sind und eigene Familien haben. Meine älteste Schwester María Caterina hat einen unserer cacique -Cousins geheiratet, ich bin mit Marisols Sohn Teo Jesús verheiratet und unsere Brüder haben sich caciques zu Ehefrauen genommen, die in Las Golondrinas zur Schule gegangen sind. Meine anderen Schwestern sind mit spanischen Männern verheiratet, zwei von ihnen sind im Kindbett gestorben. Alle zusammen haben wir viele Kinder und einige Enkelkinder. Mein Vater sieht mit Zufriedenheit, wie wir immer mehr werden, er sagt, es tröstet ihn, dass durch seine Kinder Inka in diesem Land sein werden, bis sich Erde und Sonne vereinigen.
    Im Morgengrauen will Sanchia aufbrechen und ich habe beschlossen, ihr ein weiteres Gemälde auf ihre Reise nach Spanien mitzugeben. Am Abend half mir Teo Jesús, in der sala ein Portrait von der Wand zu nehmen. Es zeigt unsere jüngste Tochter, María Salomé, die im Alter von sechzehn Jahren auf eigenen Wunsch in das Kloster Las Golondrinas de Los Andes eintrat – vielleicht sollte man besser sagen: auf eigene Forderung, denn sie ist ein willensstarkes Mädchen, das vom Wesen her ihrer furchterregenden Großmutter Doña Luisa Beltrán ähnelt. Ich finde, es ist ein schönes Portrait. María Salomé trägt eine hübsche neue Tunika, die auf unserer Hazienda zu diesem Zweck gewebt wurde. Sie bestand darauf, all ihren Schmuck zu tragen, und dazu noch einige Stücke von mir und ihren Schwestern. Ihr Gesichtsausdruck spricht Bände. Sie ist eine achtunggebietende Nonne, trotz ihres jungen Alters. Wir hatten eigentlich vor, dem Kloster dieses Bild zu überreichen, wie es hier üblich ist, doch da es Sanchia egal ist, wieviel Gepäck sie auf ihre Reise mitnimmt, möchten Teo Jesús und ich es nach Spanien in das Kloster zurückschicken, wo unsere Mütter Schutz fanden.
    Nun werde ich diese Chronik für immer schließen. Sie wird endlich die Reise in das Kloster Las Golondrinas de Los Andes antreten, wo sie hingehört. Ich widme diesen letzten Eintrag dem Gedenken an meine Mutter, Esperanza, und ihren Eltern, mit einem Gebet, das ich immer von ihr hörte: »Gott ist groß.«

KAPITEL 34
    Kloster Las Golondrinas, Spanien, April 2000
    Nachdem sie Almira hereingelassen hatte, konnte Menina sich noch die Schuhe von den Füßen streifen, bevor sie erschöpft auf ihr Bett sank. Doch obwohl sie in ihrem ganzen Leben noch nie so müde gewesen war, schlief sie schlecht. Alle paar Minuten wachte sie auf, weil sie sich vorstellte, wie die Männer, die Almira suchten, über die Mauer geklettert kamen. Im ersten Tageslicht stand sie rasch auf und sah nach, doch Almira lag immer noch schnarchend da, wie eine Kugel zusammengerollt.
    Menina war zu aufgeregt, um wieder einschlafen

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