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Das Zeichen der Schwalbe (German Edition)

Das Zeichen der Schwalbe (German Edition)

Titel: Das Zeichen der Schwalbe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Bryan
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und nieste ebenfalls. Sie zog den Vorhang weiter auf und stellte einen Stuhl so, dass er nicht wieder zufallen konnte. Bei näherem Hinsehen erwies er sich als Wandteppich, der von einer Vorhangstange herabhing. Er war verblichen und ausgefranst, doch man konnte erahnen, dass die grobe Wolle früher einmal bunt eingefärbt gewesen sein musste. Auch ein Muster aus Schlangen und Vögeln ließ sich gerade noch erkennen. Es gab mehrere Teppiche dieser Art, die schief an den Wänden hingen. Sie alle hätten dringend in die Reinigung gemusst.
    »Nonnen sitzen in diesem Zimmer im Winter«, sagte Sor Clara. »Ist warm. Alejandro und andere Männer bringen Holz.« Sie zeigte auf einen Stapel Feuerholz, der in einer Nische aufgetürmt war. »Wir flicken unsere Kleider, lesen, beten den Rosenkranz.«
    Menina murmelte: »Hm, wie schön.« Sie brannte darauf, an dem Portrait des Mädchens weiterzuarbeiten. Sie knetete ein Stück Brot, bis es weich genug war, und machte sich ans Werk. Hinter einem Schmutzschleier brachte ein matter rot-schwarzer Hintergrund die feine Kleidung und den schwach leuchtenden Schmuck des Mädchens zur Geltung. Menina schätzte sie auf fünfzehn oder sechzehn Jahre, sie vermutete, dass es ein Verlobungsportrait war. Das dunkle Haar des Mädchens war übersät mit Perlen und sie trug eine mit Goldstickereien verzierte Tunika, die an jeder Schulter von einer juwelenbesetzten, von Bändern durchzogenen Schnalle gerafft wurde. Auch an den Ärmeln des weißen Untergewandes waren Edelsteine zu sehen, am Hals und an den Handgelenken rüschte sich Spitze. Das Mädchen hatte eine Kette mit einem sternförmigen Anhänger um den Hals. Bis auf einen drapierten Vorhang war der Hintergrund vollkommen schwarz: Es gab weder einen Stuhl noch Bücher, Stickrahmen, Haustiere oder einen Horizont, Wolken oder Himmel.
    In der Linken, dicht am Handgelenk, hatte das Mädchen einen eng gefalteten Fächer. In der rechten Hand hielt sie eine Nelke an ihr Herz. Es brachte Menina ein wenig aus der Fassung, dass sie ihren Blick gebieterisch und entschlossen zu erwidern schien. Trotz der Blume am Herzen und der Tatsache, dass das Mädchen wie für eine Hochzeitsfeier herausgeputzt war, machte sie auf Menina den Eindruck einer starken Persönlichkeit mit einem stählernen Willen. In der rechten oberen Ecke des Bildes stand etwas geschrieben. Menina reinigte die Stelle mit Brot und konnte Schnörkelschrift und eine Jahreszahl erkennen: 1590, in goldenen römischen Ziffern. Sie trat einen Schritt zurück, kniff die Augen zusammen und versuchte, die Schrift zu entziffern. Nachdem sie das, was wie der Buchstabe f aussah, als s identifiziert hatte, konnte sie schließlich lesen, dass das Portrait Mar í a Salomé Beltr á n zeigte, königlichen Inka- und edlen spanischen Blutes, die Tochter von Don Teo Jes ú s Beltr á n und Do ñ a Isabela Beltr á n de Aguilar, vor ihrem Eintritt in das Kloster Las Golondrinas de Los Andes. Es sah aus wie ein Verlobungsportrait, nur dass das Mädchen mit Jesus verlobt war.
    Irgendwo regte sich eine ferne Erinnerung in ihr: Bilder an einer Wand, ganz besondere Mädchen, wie Nonnen gekleidet. Der Geschmack von heißer Schokolade und süßem Kuchen … Sie bekam es nicht richtig zu fassen, doch es war ganz gewiss nichts, was sie in der Kirche der Ersten Baptisten in Laurel Run erlebt hatte.
    Je länger Menina das Portrait betrachtete, desto mehr Fragen drängten sich auf. Das Mädchen war wunderschön, es sah reich aus. Doch dieses Kloster, in das sie ging, schien in den Anden zu liegen und zumindest ein Elternteil war ein Inka. Wie also kam das Portrait einer zukünftigen Nonne, das vor mehr als vierhundert Jahren in Spanischamerika gemalt worden war, auf einen Berg in Spanien am Ende der Welt?
    »Aha!«, rief Sor Teresa. Menina drehte sich hastig um. Ein erstaunter Blick auf ihre Armbanduhr verriet ihr, dass sie mehr als fünf Stunden gearbeitet hatte. Aus dem Sessel, in dem Sor Clara döste, war regelmäßiges Schnarchen zu hören. »Sor Clara!«, sagte Sor Teresa laut und vorwurfsvoll. Die arme Sor Clara fuhr erschreckt auf.
    »Sor Teresa, kommen Sie und sehen Sie sich an, was ich gefunden habe«, sagte Menina hastig, um Sor Clara eine Rüge zu ersparen. »Vielleicht können Sie mir sagen, was dieses Bild hier macht.«
    Sor Teresa blinzelte in Meninas Richtung. Sie rieb sich die Augen, trat einen Schritt zurück und blinzelte wieder. »Meine Augen sind nicht mehr so gut, wie sie mal waren. Es ist zu

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