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Das Zeichen der Vier

Das Zeichen der Vier

Titel: Das Zeichen der Vier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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das Geheimnis niemandem preiszugeben. Wir kamen überein, die Beute an einem sicheren Ort zu verstecken, bis wieder Friede im Land herrschte, und sie dann gleichmäßig unter uns aufzuteilen. Es hatte keinen Sinn, die Teilung sogleich vorzunehmen, denn es hätte Verdacht erregt, wenn man so wertvolle Kleinodien auf uns gefunden hätte, und in der Unterkunft konnte man nichts für sich behalten oder aufbewahren. Wir brachten die Truhe deshalb in die Halle, in der wir schon den Leichnam begraben hatten, höhlten die am besten erhaltene Wand unterhalb einiger besonders gekennzeichneter Backsteine aus und legten den Schatz hinein. Wir prägten uns die Stelle aufs genaueste ein, und am folgenden Tag zeichnete ich vier Pläne, einen für jeden von uns, und setzte das Zeichen von uns Vieren darunter, denn wir hatten einander geschworen, daß ein jeder von uns allezeit im Interesse aller handeln und keiner je die andern übervorteilen würde. Und diesen Eid – das kann ich mit der Hand auf dem Herzen beschwören – habe ich niemals gebrochen.
    Nun, Gentlemen, ich brauche Ihnen wohl nicht zu erzählen, wie der Aufstand in Indien geendet hat. Nachdem Wilson 42 einmal Delhi eingenommen und Sir Colin 43 Lucknow entsetzt hatte, war der Bewegung das Rückgrat gebrochen. Frische Truppen strömten ins Land, und Nana Sahib 44 machte sich dünn und verschwand über die Grenze. In Agra traf eine fliegende Kolonne unter dem Befehl von Colonel Greathed ein und vertrieb die Aufständischen. Im Land schien allmählich wieder Friede einzukehren, und wir vier begannen bereits zu hoffen, die Zeit sei nahe, wo wir uns mit unseren Anteilen unbehelligt aus dem Staub machen könnten. Unsere Hoffnungen wurden jedoch von einem Moment auf den anderen zunichte gemacht, denn wir wurden wegen des Mordes an Achmet verhaftet.
    Das war folgendermaßen gekommen. Wenn der Radscha seine Juwelen Achmet anvertraut hatte, so deshalb, weil er wohl wußte, daß er an ihm einen verläßlichen Mann hatte. Indes, die Leute da drüben im Osten sind mißtrauisch – und was tat also unser Radscha? Er wählte einen zweiten, noch verläßlicheren Mann aus seiner Dienerschaft aus und setzte ihn als Spion auf den ersten an. Der zweite Mann hatte den Auftrag, Achmet keinen Moment aus den Augen zu lassen, und wirklich folgte er ihm wie ein Schatten. Auch in jener Nacht war er ihm hinterhergeschlichen und hatte ihn in dem Eingang verschwinden sehen. Selbstverständlich nahm er an, der andere habe im Fort Zuflucht gefunden, und bat am darauffolgenden Tag ebenfalls um Einlaß, konnte jedoch keine Spur von Achmet finden. Dies befremdete ihn so sehr, daß er mit einem Späherfeldwebel darüber sprach, und dieser brachte es dem Kommandanten zu Ohren. Das Fort wurde sogleich gründlich durchsucht und der Leichnam entdeckt. So kam es, daß wir just in dem Augenblick, als wir dachten, es könne nichts mehr schiefgehen, alle vier gefangengenommen und unter Mordanklage vor Gericht gestellt wurden – drei von uns, weil wir in der besagten Nacht jenen Eingang bewacht hatten, und der vierte, weil man wußte, daß er der Begleiter des Ermordeten gewesen war. Die Juwelen wurden bei der Verhandlung mit keinem Wort erwähnt, denn der Radscha war inzwischen entmachtet und aus Indien vertrieben worden, und so hatte niemand ein besonderes Interesse daran. Der Mord allerdings wurde uns eindeutig nachgewiesen, und auch darüber, daß wir alle vier daran beteiligt gewesen waren, gab es keinen Zweifel. Die drei Sikhs erhielten lebenslängliche Zwangsarbeit, und ich wurde zum Tode verurteilt, wobei meine Strafe jedoch später in dieselbe wie die meiner Gefährten umgewandelt wurde.
    Es war eine ziemlich seltsame Situation, in der wir uns nun befanden. Alle vier steckten wir in Fußfesseln, und es bestand herzlich wenig Hoffnung, daß wir je wieder die Freiheit erlangen würden; andererseits war jeder von uns im Besitz eines Geheimnisses, das ihm ein Leben in einem Palast ermöglicht hätte, wären wir nur in der Lage gewesen, davon Gebrauch zu machen. Es konnte einem schon das Herz abdrücken: Da mußte man die Hiebe und Tritte jedes miesen kleinen Beamten, der sich für einen Halbgott hielt, hinnehmen, bekam nichts anderes als Reis zu essen und Wasser zu trinken, und draußen lag dies phantastische Vermögen für einen bereit und wartete bloß darauf, abgeholt zu werden. Ich hätte darob verrückt werden können; aber ich bin schon immer ein zäher Bursche gewesen, und so hielt ich aus und

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