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Das Zeichen der Vier

Das Zeichen der Vier

Titel: Das Zeichen der Vier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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Reichtümer sein eigen nennt, obgleich seine Ländereien nur klein sind. Viel ist von seinem Vater auf ihn gekommen, und noch mehr hat er selber zusammengerafft, denn er ist von niedrigem Wesen und hortet sein Gold lieber, als es zu gebrauchen. Als die Unruhen ausbrachen, wollte er sowohl mit dem Löwen als auch mit dem Tiger gut Freund sein, mit den
Sepoys
ebenso wie mit dem Reich der
Company.
41 Bald wollte es ihm indessen scheinen, daß die Tage des weißen Mannes gezählt waren, denn aus dem ganzen Land hörte er von nichts anderem als von dessen Tod und Niederlage. Da er aber ein vorsichtiger Mann ist, richtete er es so ein, daß ihm, was immer auch kommen mochte, wenigstens die Hälfte seines Schatzes erhalten bleiben mußte. Was er an Gold und Silber besaß, behielt er bei sich und verwahrte es in den Gewölben seines Palastes; die kostbarsten Edelsteine und die erlesensten Perlen seines Besitzes jedoch verschloß er in einer eisernen Truhe und übergab diese einem verläßlichen Diener, mit dem Auftrag, sie als Kaufmann verkleidet ins Fort von Agra zu schaffen, wo sie versteckt bleiben sollte, bis wieder Friede im Lande herrschte. Wenn also die Rebellen siegten, so hätte er sein Geld, sollte aber die
Company
die Oberhand gewinnen, so blieben ihm die Juwelen. Nachdem er seinen Schatz so aufgeteilt hatte, schlug er sich auf die Seite der
Sepoys,
die in seinem Gebiet in der Übermacht waren. Durch diese Handlungsweise aber, merke wohl,
Sahib,
fallt sein Besitz denen anheim, die ihrer Sache die Treue gehalten haben.
    Dieser vorgebliche Kaufmann, der unter dem Namen Achmet reist, befindet sich nun in der Stadt Agra und versucht, Zugang zum Fort zu erlangen. Er hat als seinen Reisebegleiter Dost Akbar, meinen Halbbruder, bei sich, der um sein Geheimnis weiß. Dost Akbar hat ihm versprochen, ihn heute nacht zu einem Seiteneingang des Forts zu führen, und hat diesen hier für seine Zwecke ausgewählt. Bald wird der Kaufmann hierher kommen, wo Mahomet Singh und ich schon auf ihn warten. Der Ort ist abgelegen, und niemand weiß, daß er kommt. Die Welt wird nichts mehr von dem Kaufmann Achmet hören, wir aber werden den Schatz des Radschas unter uns aufteilen. Was sagst du dazu,
Sahib?

    In der Grafschaft Worcester kommt einem ein Menschenleben als ein heiliges und unantastbares Gut vor; aber wenn man inmitten von Blut und Flammen lebt und sich daran gewöhnt hat, dem Tod auf Schritt und Tritt zu begegnen, sieht die Sache schon sehr anders aus. Ob der Kaufmann Achmet lebte oder tot war, das scherte mich herzlich wenig; das Gerede von dem Schatz aber hatte mein Interesse geweckt, und ich begann mir auszumalen, was ich in der alten Heimat alles damit anfangen könnte und was die zu Hause für Augen machen würden, wenn ihr Tunichtgut mit den Taschen voller Golddukaten zurückkehrte. Mein Entschluß war deshalb schnell gefaßt. Abdullah Khan jedoch, der anzunehmen schien, daß ich noch zögerte, setzte mir weiterhin zu.
    ›Bedenke auch dies,
Sahib
‹, sagte er, ›wenn der Kommandant diesen Mann aufgreift, so wird er gehängt oder erschossen, die Juwelen werden von der Regierung beschlagnahmt, und kein Mensch hat auch nur eine Rupie Gewinn davon. Wenn nun aber wir es sind, die ihn aufgreifen, warum sollten wir dann nicht auch den Rest besorgen? Die Juwelen sind bei uns genauso gut aufgehoben wie in den Schatzkammern der
Company.
Und es ist genug da, um uns alle zu reichen Männern und mächtigen Anführern zu machen. Niemand wird etwas von der Sache erfahren, denn hier sind wir von allem abgeschnitten. Was könnte günstiger für uns sein? So antworte mir denn,
Sahib,
bist du mit uns, oder müssen wir dich als Feind betrachten?‹
    ›Ich bin mit euch mit Leib und Seele‹, sagte ich.
    ›Dann ist es gut‹, antwortete er und gab mir meine Muskete zurück. ›Du siehst, wir trauen dir, denn du darfst dein Wort ebensowenig brechen wie wir das unsere. Jetzt brauchen wir nur noch auf meinen Bruder und den Kaufmann zu warten.‹
    ›Weiß dein Bruder denn, was ihr vorhabt?‹ fragte ich ihn.
    ›Das Ganze ist sein Plan; er hat ihn ausgedacht. Aber laß uns jetzt zum Eingang zurückkehren und gemeinsam mit Mahomet Singh Ausschau halten.‹
    Der Regen fiel noch immer unablässig, denn wir standen am Anfang der Regenzeit. Schwere, braune Wolken zogen über den Himmel, und man konnte kaum einen Steinwurf weit sehen. Vor unserer Pforte war ein tiefer Graben, aber das Wasser darin war stellenweise fast völlig eingetrocknet,

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