Das Zeichen Des Dunklen Gottes
des Herrschers zwinkerte. »Ihr habt dafür in Ulsar meine und Stoikos Rolle gleichzeitig eingenommen, was meine Tochter mir so erzählt hat.«
»Und wie findet Ihr das?«, wollte Mortva neugierig wissen.
»Ich weiß es nicht«, gestand Miklanowo. »Ohne Eure Planung wäre die Schlacht in Dujulev verheerend verlaufen, dafür gebührt Euch Respekt und Anerkennung. Aber was meine Tochter mir sonst so berichtet, stimmt mich sehr nachdenklich.«
»Das tut mir Leid«, bedauerte Mortva und beobachtete gespannt, wie sein Gegenüber die Zähne im Fleisch versenkte. »Schmeckt es?«
»Ausgezeichnet.« Der Gouverneur kaute angestrengt. »Nur fürchte ich, werden dem ein oder anderen die Bissen wieder aus dem Hals fallen, wenn Ihr Eure Pläne verkünden werdet. Oder wollt Ihr den Ausbeutern wirklich alle alten Rechte wieder zukommen lassen?« Fragend hielt er inne und musterte das amüsierte Gesicht des Konsultanten. »Hat der Junge nachgegeben?«
Mortva legte einen Zeigefinger ans Kinn. »Nein, nein. Keiner der Brojaken und Adligen soll in Zukunft mehr Vorteile erhalten. Nicht jetzt und nicht später. Rechtlich wird sich einiges ändern.«
»Das wird die Vogelscheuche nicht besonders freuen, wenn sie es hört«, rief Miklanowo gut gelaunt über den Tisch, sodass es Kolskoi zwangsläufig hören musste. Dessen Teller und Weinpokal waren noch unberührt.
»Ihr enttäuscht unseren Koch, wenn Ihr diese Köstlichkeiten verschmäht«, sagte der Konsultant in Riehtung des Ratssprechers. Mortva hatte sich selbst den Teller voll geladen und begann, mit kurzen, exakten Bewegungen zu essen. Nach dem ersten Stück schloss er genießerisch die Augen. »Ihr werdet es bereuen, nichts gegessen zu haben.«
Aber selbst das Drängen seiner Tischnachbarn brachte den dünnen Mann nicht dazu, etwas von den Köstlichkeiten zu versuchen. Seine dünne Hand schloss sich um ein Amulett, das er um den Hals trug.
Der Abend schritt voran, aber der Kabcar, auf den die Mächtigen des Landes warteten, kam nicht.
Beim Dessert erhob sich der Konsultant und schlug an seinen Pokal, um die Aufmerksamkeit der Versammlung zu erhalten. Einige der Brojaken hatten dem Wein bereits reichlich zugesprochen, und es ging laut zu im Festsaal. Mortva musste seine Anstrengungen mehrfach wiederholen, bis er sicher sein konnte, gehört zu werden.
»Nun, da der Kabcar noch nicht erschienen ist, übernehme ich es …«
»Hört, hört«, murmelte Kolskoi. »Nun haben wir schon einen eigenen Gouverneur in Ulsar. Wie weit gehen denn Eure Befugnisse noch? Man hört so einiges.«
Der Vetter des Herrschers stimmte in das verhaltene Gelächter mit ein.
»Ja, verehrter Kolskoi, da mögt Ihr Recht haben. Ich ziehe so manche Fäden im Palast«, meinte Mortva fröhlich. »Dieser Abend war beispielsweise mein Vorschlag, damit wir alle auf einem Haufen zusammenhaben, die meinen, sie könnten dem Kabcar vorschreiben, was er zu tun und zu lassen habe.« Wieder lachte er, aber der Chor wurde leiser. Nur die Betrunkenen klopften sich auf die Schenkel, weil sie den Sinn der Worte nicht genau verstanden hatten.
Miklanowo setzte seinen Wein ab und sah misstrauisch zu dem Konsultanten hinüber. Der Tonfall, mit dem der Mann sprach, ließ ihn den Verdacht schöpfen, zusammen mit den anderen in eine Falle gelaufen zu sein. Am Gesicht Kolskois erkannte er, dass der granburgische Adlige Ähnliches dachte.
»Aber der hoheitliche Kabcar, der Held von Dujulev, wie ihn das Volk nennt, das in ihm den größten aller Bardri¢s sieht, kann und will das nicht zulassen. Ein Gremium, das nur beratende Funktion hat, hat keine Forderungen zu stellen. Ihr, die Brojaken, verwaltet Land, das Ihr oder Eure Vorfahren von einem tarpolischen Herrscher verliehen bekamt, um die Untertanen zu regieren.« Mortva ließ den vergorenen Rebensaft in seinem Pokal kreisen. »Und Ihr besitzt noch die Frechheit, von ein paar rühmlichen Ausnahmen einmal abgesehen«, er legte Norinas Vater die Hand auf die Schulter, »und stellt Forderungen?«
Nun setzten erregte Gespräche der Brojaken untereinander ein.
Kolskoi stand auf. Die Hügel der Raubvogelnase blähten sich. »Ich denke, es ist im Sinne aller, wenn ich Euch, Nesreca, frage, was hier gespielt wird.« Einige Großbauern riefen zornig ihre Zustimmung. »Ihr habt uns eingeladen, um uns zu beschimpfen, wie ich sehe, nicht um uns unsere verlangten Rechte zurückzugeben.«
»So in etwa«, sagte der Mann mit den silbernen Haaren. »Nur gehe ich sogar noch einen
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