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Das Zeichen des Sieges

Das Zeichen des Sieges

Titel: Das Zeichen des Sieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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sammeln, falls einer von ihnen das Unglück hätte, gefangen genommen zu werden, und die Witwe des anderen zu beschützen, wenn einer von ihnen sterben sollte. Sir William wirkte mit seinem schmalen Gesicht wie ein Gelehrter. Bevor er seinen Helm mit dem schnauzenförmigen Visier aufsetzte, konnte man sein dünner werdendes Haar sehen. Die Rüstung schien gar nicht zu ihm zu passen, er sah aus, als ob seine natürliche Umgebung eine Bibliothek oder vielleicht ein Gerichtssaal sei, doch er war Sir Johns Kriegsgefährte, und das sagte genug aus über seinen Mut. Er rückte seinen Helm zurecht und schob das Visier noch einmal hoch, um Sir Johns Bogenschützen einen Gruß zuzunicken.
    Die Bogenschützen hatten sich gerüstet und bewaffnet. Die meisten trugen wie Hook über einer gepolsterten Jacke ein Kettenhemd. Sie hatten Helme und manche auch Kettenhauben, die unter dem Helm getragen wurden und bis über die Schultern reichten. Ihr Bogenarm war mit einer Armschiene geschützt, sie waren mit Schwertern gegürtet und mit drei Pfeiltaschen ausgerüstet, von denen zwei die Brandpfeile mit den vorbereiteten Spitzen enthielten. Manche hatten sich zusätzlich für ein Beil entschieden, doch die meisten zogen die Kampfaxt vor. Alle Männer, mochten sie nun Lords, Ritter, Feldkämpfer oder Bogenschützen sein, trugen das rote Sankt-Georgs-Kreuz auf ihren Wappenröcken.
    «Gott schütze euch», grüßte Sir William die Bogenschützen, die eine respektvolle Erwiderung murmelten.
    «Und der Teufel hole die Franzosen!», rief Sir John, als er aus seinem Zelt kam. Er war in Hochstimmung, die Aussicht auf einen Kampf brachte seine Augen zum Leuchten. «Unsere Aufgabe heute Morgen ist nicht schwer», sagte er wegwerfend. «Wir müssen diesen Bastarden nur die Barbakane abjagen! Am besten erledigen wird das noch vor dem Frühstück!»
    Melisande hatte Hook einen Streifen Speck und ein Stück Brot gegeben, das er aß, während Sir Johns Kompanie zu den Belagerungsgräben hinunterging. Es war noch dunkel. Ein lebhafter, kühler Wind aus Osten trug den Geruch der Salzmarsch herüber und vertrieb den süßlichen Gestank der Toten. Die Pfeile klapperten aneinander, während die Bogenschützen dem gewundenen Pfad folgten. Feuer glommen an der Belagerungslinie und auf den Verteidigungsanlagen von Harfleur, wo, wie Hook wusste, die Garnisonsbesatzung gerade die Schäden des Vortages ausbesserte. «Gott segne euch», rief ein Priester, als die Bogenschützen vorbeikamen. «Gott steh euch bei! Gott schütze euch!»
    Die Franzosen mussten geahnt haben, dass sich Unheil zusammenbraute, denn sie katapultierten zwei Lichtbälle über die Stadtmauer. Es waren große Kugeln aus Stoff, Zunder und Weidenzweigen, die in Schwefel gewälzt, mit Pech getränkt und dann angezündet worden waren. Sie wirbelten in hohem Bogen funkensprühend durch den Nachthimmel, fielen dann lichterloh brennend herab und brachen beim Auftreffen in gleißender Helligkeit auseinander. Die Flammen spiegelten sich in den Helmen der Engländer und verrieten, dass sie in den Gräben saßen. Also begannen die Armbrustschützen von der Stadtmauer aus zu schießen. Die Bolzen jagten über die Köpfe der Engländer hinweg oder schlugen in die Brustwehr der Gräben ein. Höhnische Rufe wurden von der Stadtmauer aus laut, doch sie klangen halbherzig, als ob auch die Garnisonsbesatzung erschöpft und angespannt wäre.
    Im vordersten englischen Graben drängten sich die Männer. Die Bogenschützen mit den Brandpfeilen waren ganz nach vorn befohlen worden, und hinter ihnen warteten weitere Bogenschützen mit den Bündeln aus Holzstangen. Sir John Holland, der Neffe des Königs, führte den Angriff, wenn er auch seinen Stiefvater, Sir John Cornewaille, an der Seite hatte. «Wenn ich den Befehl gebe», sagte der jüngere Sir John, «dann schießen die Bogenschützen ihre Brandpfeile auf die Barbakane. Sie soll brennen!»
    Eiserne Kohlenpfannen waren alle paar Schritte am Graben entlang aufgestellt worden. Sie waren mit brennender Seekohle gefüllt, die einen stechenden Rauch verbreitete.
    «Überschüttet sie mit Feuerregen!», spornte Sir John Holland die Bogenschützen an. «Räuchert sie aus wie Ratten! Und wenn sie vor lauter Rauch nichts mehr sehen können, werfen wir die Bündel in den Graben, überqueren ihn und nehmen die Barbakane ein!»Es klang alles ganz einfach.
    Die übriggebliebenen englischen Kanonen waren mit pechumhüllten Steinen geladen worden, und die holländischen

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