Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Zeichen des Sieges

Das Zeichen des Sieges

Titel: Das Zeichen des Sieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
Vom Netzwerk:
Kanoniere warteten mit glimmenden Ladestöcken darauf, sie abzufeuern. Eine Ewigkeit ließ die Dämmerung auf sich warten. Die Verteidiger wurden es müde, Armbrustbolzen abzuschießen, und auch die Hohnrufe verhallten. Beide Seiten warteten ab. Da ertönte ein Hahnenschrei im Lager, und bald danach zwitscherten die Vögel. Knappen warteten mit zusätzlichen Pfeilbündeln in den Gruben hinter der vordersten Linie, wo Priester die Messe lasen oder die Beichte abnahmen. Die Männer knieten sich nacheinander vor sie, um die Hostie und den Segen Gottes zu empfangen. «Ich spreche dich von deinen Sünden los», murmelte ein Priester Hook zu, der hoffte, dass dies auch stimmte. Er hatte den Mord an Robert Perrill nicht gebeichtet, und als er die Hostie nahm, fragte er sich, ob diese Verheimlichung zu seiner ewigen Verdammnis fuhren würde. Beinahe wäre er mit seiner Schuld herausgeplatzt, doch da winkte der Priester bereits den nächsten Mann zu sich, sodass Hook einfach aufstand und davonging. Die Hostie klebte ihm am Gaumen, und er schickte ein kurzes Stoßgebet zu Sankt Crispinian. Hatte Harfleur auch einen Schutzpatron, fragte sich Hook, und flehte dieser Heilige vielleicht Gott an, die Engländer zu töten? Eine Bewegung in der Menge lenkte Hooks Aufmerksamkeit ab. Der König drängte sich durch die dichten Reihen. Er war in voller Kampfrüstung, nur den Helm hatte er noch nicht aufgesetzt. Über Brust- und Rückenpanzer hing der Wappenrock mit den königlichen Farben, über die das rote Sankt-Georgs-Kreuz lief. Er trug eine Kriegsaxt mit breitem Blatt, und an seinem Gürtel hing ein Schwert in der Scheide. Er hatte keinen Schild, ebenso wenig wie die anderen Ritter oder Feldkämpfer. Ihr Plattenharnisch bot Schutz genug; eisenbeschlagene Schilde waren unpraktisch und ein Überbleibsel aus vergangenen Tagen. Der König nickte den Bogenschützen freundlich zu. «Nehmt die Barbakane ein», sagte er, während er durch den Graben ging, «dann fällt auch die Stadt. Gott steh euch bei.»Er wiederholte diese Sätze ununterbrochen auf seinem Weg den Graben entlang. Sein Gefolge bestand nur aus einem Junker und zwei Feldkämpfern. «Wenn Gott mich dazu ausersehen hat, Frankreich zu regieren, dann wird Er uns schützen! Gott schützt euch! Bleibt an meiner Seite, meine Getreuen, wenn wir uns zurückholen, was nach dem Recht unser ist!»
    «Bespannt eure Bögen», sagte Sir John Holland, als der König vorbeigegangen war. «Es wird jetzt nicht mehr lange dauern!»Hook stützte ein Ende seines langen Bogens mit seinem rechten Fuß ab und bog das Holz, sodass er die Sehnenschlinge in die Kerbe am oberen Ende des Bogenschaftes einhängen konnte.
    « Schießt mit den Brandpfeilen höher als sonst!», brummte Thomas Evelgold. «Und ihr könnt die Sehne nicht ganz spannen, sonst verbrennt ihr euch die Hand! Denkt daran, hoch schießen! Und passt auf, dass das Pech richtig brennt, bevor ihr die Pfeile abschießt!»
    Das Grau der Morgendämmerung wurde langsam heller. Hook, der zwischen zwei Gabionen der angeschlagenen Brustwehr hindurchspähte, sah die großen Schäden an der Barbakane. Die enormen, mit Eisenbändern verstärkten Balken, die eine unüberwindlich scheinende Wand gebildet hatten, waren geborsten und von englischen Kanonensteinen eingedrückt. Der Feind hatte die Lücken mit neuen Balken ausgefüllt, sodass die gesamte Außenseite des Vorwerks nun an einen hässlichen Hügel erinnerte, auf dem altes Holz lagerte. Die Höhe, die anfänglich nahezu vierzig Fuß betragen hatte, war auf die Hälfte geschrumpft. Dennoch war die Barbakane immer noch ein beeindruckendes Hindernis. Die Vorderseite ragte steil empor, der Graben war tief, und auf der abgeflachten Oberseite war Platz für vierzig oder fünfzig Armbrustschützen und Feldkämpfer. Banner mit Heiligen und Wappen hingen an der beschädigten Vorderseite herab. Hin und wieder spähte ein behelmter Kämpfer oben an einem Balken der Brustwehr vorbei, um festzustellen, ob der erwartete Angriff bald kommen würde.
    «Ihr fangt mit dem Abschießen eurer Brandpfeile an, wenn die Kanonen feuern!», erinnerte Sir John Cornewaille seine Männer. «Das ist das Zeichen! Schießt stetig, bis ihr keine Brandpfeile mehr habt! Und wenn ihr seht, wie einer von den Bastarden die Feuer ersticken will, dann tötet ihn!»
    Die Kohlen in der nächsten Kohlenpfanne rutschten in sich zusammen und sandten dabei eine Stichflamme und einen Funkenregen aus. Ein Knappe kauerte neben der eisernen

Weitere Kostenlose Bücher