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Das Zeichen des Sieges

Das Zeichen des Sieges

Titel: Das Zeichen des Sieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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blieben dann mit dampfenden Nüstern und stampfenden Hufen stehen. Männer und Frauen rissen sich Hüte und Hauben von den Köpfen und knieten sich auf die Erde.
    «Runter, mein Sohn», sagte Sir Edward zu Hook.
    Der Reiter an der Spitze war jung, kaum älter als Hook, doch sein Gesicht zeigte stille Entschlossenheit, während er seinen kalten Blick über den Marktplatz schweifen ließ. Sein Gesicht war schmal, die Nase lang, seine Augen dunkel, und sein dünnlippiger Mund wirkte streng. Er hatte glatte Wangen, doch das Schermesser schien seine Haut gereizt zu haben, denn sie wirkte wie roh geschabt. Er ritt auf einem schwarzen Pferd mit prächtigem Zaumzeug aus poliertem Leder und blitzendem Silber. Er trug schwarze Stiefel, schwarze Kniehosen, einen schwarzen Wappenrock und einen wollgefütterten Umhang aus dunkelpurpurnem Stoff. Sein Hut war aus schwarzem Samt und mit einer schwarzen Feder geschmückt, und an seiner Seite hing ein Schwert in einer schwarzen Scheide. Sein Blick wanderte über das gesamte Rund des Marktplatzes, dann trieb er sein Pferd vor, um die Frau und die drei Männer zu betrachten, die sich zuckend an den Glockenseilen wanden, die an den Balken des Bull geknotet worden waren. Ein tückischer Windstoß blies Rauch und Funken gegen seinen Hengst, der wiehernd scheute. Der Reiter klopfte dem Tier mit seiner schwarzbehandschuhten Rechten beruhigend auf den Hals, und Hook sah, dass der Mann juwelenbesetzte Ringe über den Handschuhen trug. «Wurde ihnen die Gelegenheit gegeben zu widerrufen?», fragte der Reiter.
    «Es wurden ihnen viele Gelegenheiten gegeben, Sire», antwortete Sir Martin salbungsvoll. Der Priester war aus dem Hof des Wirtshauses gehastet und auf die Knie gefallen. Er bekreuzigte sich. Sein hageres Gesicht wirkte beinahe wie das eines Heiligen, eines Mannes, der für seinen Herrn und Gott gelitten hatte. Er besaß die Fähigkeit, aus seinen höllischen Augen auf Abruf Schmerz, Nächstenliebe und Erbarmen sprechen zu lassen.
    «Dann», sagte der junge Mann schroff, «ist ihr Tod Gott ein Wohlgefallen, und mir ist er ebenso ein Wohlgefallen. England wird die Häresie vernichten!» Seine wachen braunen Augen ruhten kurz auf Nick Hook, der sofort den Blick senkte und auf den Boden starrte, bis der schwarzgewandete Reiter zu dem zweiten Scheiterhaufen galoppierte, der gerade angezündet worden war. Doch in dem kurzen Moment bevor Nick den Blick gesenkt hatte, war ihm die Narbe in dem Gesicht des jungen Mannes aufgefallen. Sie ließ erkennen, dass sich hier ein Pfeil in den Winkel zwischen Nase und Auge gebohrt hatte. Dieser Pfeil hätte tödlich sein können, doch offenbar hatte Gott beschlossen, dass der Mann weiterleben sollte.
    «Weißt du, wer das ist, Hook?», fragte Sir Edward leise.
    Hook hatte gerade zum ersten Mal im Leben den Earl von Chester, den Duke von Aquitanien und den Lord von Irland gesehen, das war nicht schwer zu erraten. Er hatte Henry gesehen, durch Gottes Gnade König von England.
    Und, all jenen zufolge, die behaupteten, die rätselhaften Verschlingungen königlicher Abstammungslinien zu verstehen, zugleich König von Frankreich.
    Die Flammen erreichten den zweiten Mann, der zu schreien begann. Henry, der fünfte König Englands, der diesen Namen trug, beobachtete gelassen, wie die Seele des Lollarden in die Hölle fuhr.
    «Geh, Hook», murmelte Sir Edward.
    «Warum, Sir Edward?», fragte Hook.
    «Weil Lord Slayton nicht will, dass du stirbst», sagte Sir Edward, «und weil Gott vielleicht wirklich zu dir gesprochen hat und weil wir alle Seiner Gnade bedürfen. Ganz besonders am heutigen Tag. Also geh schon.»
    Und Nicholas Hook, Bogenschütze und Geächteter, ging.

TEIL EINS
Sankt Crispin und Sankt Crispinian
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    ***
    *
    D ie Aisne wand sich träge durch ein weites Tal, das von niedrigen, bewaldeten Hügeln eingerahmt wurde. Es war Frühling, und die frischen Blätter leuchteten in hellem Grün. Langes Wassergras schwankte in der Strömung einer Flussschleife, in der die Stadt Soissons lag.
    Soissons besaß eine Stadtmauer, eine Kathedrale und eine Burg. Die Burg war zur Festung ausgebaut und schützte die Flandernstraße, die nördlich an Paris vorbeiführte. Nun war sie vom Feind Frankreichs besetzt. Die Garnison führte das gezackte rote Kreuz von Burgund, und über der Burg wehte die bunte Flagge des Herzogs von Burgund, auf deren in Viertel eingeteilten Feldern sich blaue und gelbe Schrägstreifen mit den Lilien im königlichen Wappen

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