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Das Zeichen des Sieges

Das Zeichen des Sieges

Titel: Das Zeichen des Sieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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getan?» Henry, ein kräftiger Mann mit herber, verschlossener Miene und kahlem Kopf, beäugte Hook einen Moment lang interessiert und zuckte dann mit den Schultern. «Sei heutzutage lieber vorsichtig, wenn es um die Kirche geht, Junge. Die schwarzen Krähen haben Geschmack am Menschenverbrennen gefunden. Der König auch. Harter Hund, unser Henry. Hast du ihn jemals gesehen?»
    «Ein Mal», sagte Hook.
    «Hast du die Narbe in seinem Gesicht gesehen? Hat einen Pfeil abbekommen, ist durch die Wange in den Kopf gefahren, und er ist nicht dran gestorben! Seitdem ist er davon überzeugt, dass der liebe Gott sein bester Freund ist, und nun hat er sich vorgenommen, Gottes Feinde zu verbrennen. Also, morgen hilfst du Pfeile aus dem Tower zu holen, und dann segelst du nach Calais.»
    Und so war Nicholas Hook, Geächteter und Bogenschütze, nach Soissons gereist, wo er das gezackte rote Kreuz von Burgund auf dem Wappenrock trug und auf der hohen Stadtmauer Wache hielt. Er gehörte zu einer englischen Einheit, die der Herzog von Burgund angeheuert hatte und die unter dem Befehl eines herablassenden Feldkämpfers namens Sir Roger Pallaire stand. Hook bekam Pallaire selten zu Gesicht. Er nahm seine Befehle stattdessen von einem Centenar entgegen, der Smithson hieß und die meiste Zeit in dem Gasthaus L'Oie zubrachte - die Gans.
    «Sie hassen uns alle», hatte Smithson seine neuen Männer begrüßt, «also geht bei Dunkelheit nicht allein durch die Stadt. Es sei denn, ihr wollt ein Messer im Rücken haben.»
    Die Besatzung war burgundisch, doch die Bürger von Soissons waren ihrem geistesschwachen König Charles VI. von Frankreich treu ergeben. Hook verstand auch nach drei
    Monaten in der Festungsstadt noch nicht, weshalb die Burgunder und die Franzosen sich so sehr verabscheuten, denn für ihn waren sie ununterscheidbar. Sie sprachen dieselbe Sprache, und außerdem, so hatte er gehört, war der Herzog von Burgund nicht nur der Cousin des närrischen Königs, sondern auch noch der Schwiegervater des französischen Dauphins. «Familienstreitigkeiten, Junge», hatte ihm John Wilkinson erklärt, «etwas Schlimmeres gibt es nicht.»
    Wilkinson war ein alter Mann von wenigstens vierzig Jahren, der für die englischen Bogenschützen der Garnison als Bogenschnitzer, Befiederer und Pfeilmacher arbeitete. Er lebte bei der Oie in einem Stallgebäude, wo seine Feilen, Sägen, Abziehmesser, Meißel und Dexel säuberlich nebeneinander an der Wand hingen. Er hatte bei Smithson um einen Gehilfen nachgefragt, und Hook, der jüngste Neuankömmling, war dafür ausgesucht worden. «Wenigstens kennst du dich aus», hatte Wilkinson Hook knurrend zugestanden, «sonst kommt hier fast nur Gelump an. Männer und Waffen, alles Gelump. Sie nennen sich Bogenschützen, aber die Hälfte von ihnen trifft kein Fass auf fünfzig Schritt. Und was Sir Roger angeht», der alte Mann spie auf den Boden, «der ist nur wegen des Geldes hier. Hat zu Hause alles verloren. Ich habe mir sagen lassen, dass er Schulden von über fünfhundert Pfund hat! Fünfhundert Pfund! Kannst du dir so etwas auch nur vorstellen?» Wilkinson nahm einen Pfeil in die Hand und schüttelte seinen Graukopf. «Und wir müssen mit diesem Gelump kämpfen.»
    «Die Pfeile schickt der König», sagte Hook abwehrend. Er hatte geholfen, die Bündel aus den unterirdischen Gewölben des Towers zu tragen.
    Wilkinson grinste. «Was der König getan hat, Gott beschütze seine Seele, ist, ein paar Pfeile aus der Regentschaft des alten Königs Edward hervorzukramen. Ich weiß, was ich tue, hat er sich gesagt, ich verkaufe diese nutzlosen Pfeile nach Burgund!» Wilkinson warf Hook den Pfeil zu. «Sieh ihn dir an!»
    Der Eschenpfeil war länger als Hooks Arm. Und er war krumm. «Krumm», sagte Hook.
    «Gekrümmt wie ein Bischof! Mit dem kann man nicht schießen! Da schießt man um die Ecke!»
    In Wilkinsons Stall war es heiß. Der alte Mann hatte in einem runden Ziegelofen ein Feuer entzündet, über dem ein Wasserkessel dampfte. Er nahm Hook den gekrümmten Pfeil aus der Hand und legte ihn zusammen mit einem Dutzend anderen auf den Wasserkessel. Anschließend breitete er vorsichtig eine dicke Lage gefalteten Stoffs über die Eschenschäfte und beschwerte die Stofflagen mit einem Stein. «Ich dämpfe sie, Junge», erklärte Wilkinson, «ich beschwere sie, und wenn ich Glück habe, kann ich sie gerade ziehen. Nebenbei fällt bei dem ganzen Dampf die Befiederung ab. Aber die Hälfte ist ja ohnehin nicht

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