Das Zeichen des Sieges
englischen Bogenschützen, wirkte er benommen, geschlagen und krank. «Seigneur», sagte Lanferelle und fiel auf ein Knie.
«Wie konnte das nur geschehen?», fragte Orleans.
«Der Morast», sagte Lanferelle und erhob sich wieder.
«Mein Gott», sagte der Duc. Er zuckte zusammen. Nicht vor Schmerz, denn er war kaum verwundet, sondern vor Scham. «Alencon ist tot», fuhr er fort, «ebenso wie Bar und Brabant. Sens ist ebenfalls gestorben.»
«Der Erzbischof?», fragte Lanferelle, den es mehr entsetzte, dass ein Kirchenfürst tot war, als dass drei der edelsten Ducs Frankreichs getötet worden waren.
«Sie haben ihm die Eingeweide herausgerissen, Lanferelle», sagte der Duc, «sie haben ihm einfach die Eingeweide herausgerissen. Und d'Albret ist auch tot.»
«Der Konnetabel?»
«Tot», sagte Orleans, «und Bourbon ist gefangen.»
«Heiliger Himmel», sagte Lanferelle, aber nicht, weil der Konnetabel von Frankreich tot oder der Duc de Bourbon, der Sieger von Soissons, gefangen genommen worden war, sondern weil nun Marschall Boucicaut, der als wehrhaftester Mann Frankreichs galt, zum Duc d'Orleans geführt wurde.
Boucicaut starrte Lanferelle an, dann den königlichen Duc, und darauf schüttelte er seinen grauhaarigen Kopf. «Anscheinend sind wir alle dazu verdammt, die englische Gastfreundschaft zu genießen», knurrte er.
«Sie haben mich recht gut behandelt, als ich dort Gefangener war», sagte Lanferelle.
«Bei Gott, Ihr müsst ein zweites Lösegeld aufbringen?», fragte Boucicaut. Sein Wappenrock mit dem Adler darauf war zerrissen und blutbefleckt. Die Rüstimg, in der Nacht zu blendendem Schein poliert, hatte tiefe Schrammen von Klingen und war lehmverschmiert. Er warf einen bitteren Blick auf die anderen Gefangenen. «Wie ist es dort drüben?», fragte er.
«Saurer Wein und gutes Ale», sagte Lanferelle, «und Regen natürlich.»
«Regen», sagte Boucicaut beißend, «das war unser Untergang. Der Regen und der Morast.» Er hatte davon abgeraten, gegen Henrys Armee zu kämpfen, sei es mit oder ohne Regen, denn er hatte die englischen Bogenschützen gefürchtet. Besser, so hatte er gesagt, wir lassen sie entkräftet, wie sie sind, ihren Zug nach Calais fortsetzen und richten die französischen Kräfte darauf, Harfleur zurückzuerobern.
Doch die hitzköpfigen königlichen Ducs, wie zum Beispiel ebenjener junge Orleans, hatten auf einer Schlacht bestanden. Boucicaut spürte, wie ihm die Galle hochkam, er war versucht, dem Duc eine Anschuldigung entgegenzuschleudern, doch er unterdrückte das Verlangen. «Soll feucht sein in England», sagte er stattdessen. «Sind die Frauen auch feucht?»
«Oh, das sind sie», sagte Lanferelle.
«Ich brauche Frauen», sagte der Marschall von Frankreich und starrte zum grauverhangenen Himmel hinauf. «Ich bezweifle, dass Frankreich unsere Lösegelder aufbringen kann, und das bedeutet, dass wir vermutlich alle bis an unser Lebensende in England sitzen werden, also brauchen wir etwas, um uns die Zeit zu vertreiben.»
Lanferelle fragte sich, wo Melisande war. Plötzlich wollte er sie unbedingt sehen, mit ihr sprechen, doch es waren nur ein paar andere Frauen in Sichtweite, die den Verwundeten Wasser brachten. Priester boten den Männern die Letzte Ölung an, Heilkundige knieten neben den Verwundeten. Sie schnitten Rüstungsschnallen auf, zogen zermalmten Stahl aus aufgerissenem Fleisch und hielten Männer fest, die in Qualen um sich schlugen. Lanferelle entdeckte einen seiner eigenen Männer, überließ Orleans und den Marschall ihren Bewachern, kauerte sich neben den Mann und verzog das Gesicht beim Anblick des Beins, das von Axthieben halb abgetrennt worden war. Irgendjemand hatte den Oberschenkel mit einer Bogensehne abgebunden, doch immer noch pulste das Blut stoßweise aus der grässlichen Wunde. «Es tut mir leid, Jules», sagte Lanferelle.
Jules konnte nichts erwidern. Sein Kopf zuckte von einer Seite zur anderen. Er hatte sich so fest auf die Unterlippe gebissen, dass ihm ein Blutfaden übers Kinn lief.
«Du überlebst, Jules», sagte Lanferelle und bezweifelte seine eigenen Worte, und dann ließ ihn plötzliches Gebrüll herumfahren.
Ungläubig starrte er auf den Anblick, der sich ihm bot. Englische Bogenschützen ermordeten die Gefangenen. Einen Moment lang glaubte Lanferelle, dass die Bogenschützen toll geworden sein mussten, doch dann entdeckte er, dass sie unter dem Befehl eines Feldkämpfers standen. Französische Gefangene mit gefesselten Händen
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