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Das Zeichen des Sieges

Das Zeichen des Sieges

Titel: Das Zeichen des Sieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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verbellen. Das Tier stand über einer Leiche in einem blutgetränkten Wappenrock. Hook schlug einen Bogen um den Hund und sammelte ein weiteres Dutzend Pfeile ein, die er in seine Pfeiltasche steckte.
    «Nick!», rief Will of the Dale, und als Hook aufsah, hatte er einen einzelnen Reiter vor sich, der zwischen den Angehörigen der beiden abrückenden französischen Kampfeinheiten hindurch auf das Feld gekommen war. Der Reiter war klein und zierlich, und seine einzige Waffe war ein Schwert, das an seiner Seite in der Scheide hing. Er trug einen Plattenharnisch, doch er saß nicht auf einem wohlgerüsteten Kampfpferd, sondern auf einer kleinen Schecke. Auf seinem weißen Wappenrock aus Leinen kreuzten sich zwei rote Äxte, und darüber schimmerte das Gold einer schweren Kette, die um seinen Hals hing. Sein Helmvisier war hochgeklappt, und er schien zwischen den Leichen nach etwas zu suchen. Als er bemerkte, dass ihn die Bogenschützen beobachteten, hielt er sein Pferd an.
    «Der Bastard sucht Ärger», sagte Will.
    «Nein, er sieht uns nur an», erwiderte Hook, «und er ist ein kümmerlicher Tropf. Lass ihn.» Er hob einen Breitkopf auf, dann wieder eine Ahlspitze, und dann warf er wieder einen Blick auf den Reiter, der plötzlich das Schwert gezogen hatte und seinem Pferd die Sporen gab. «Vielleicht sucht er ja doch Ärger», sagte Hook, nahm den Bogen von der Schulter, stützte ihn zum Bespannen auf den Brustpanzer eines Gefallenen und hängte die Sehnenschlinge in die obere Kerbe.
    Der Reiter hielt erneut an und sah auf ein Gewirr aus Rüstungen und Körpern hinunter. Die Toten lagen übereinander, und der Mann schien die Augen kaum von ihrem Anblick abwenden zu können. Lange starrte er sie an, nun weniger als zwanzig Schritt von den Bogenschützen entfernt, und dann, unvermittelt, stieß er eine schrille Herausforderung aus und trieb seine Schecke auf Hook zu. Die Stute gehorchte, grub ihre Hufe in den Morast und schleuderte Erdbrocken in die Höhe.
    «Der dumme Bastard», sagte Hook wütend. Er legte eine Ahlspitze über die Sehne und hob den Bogen, während ein Dutzend Bogenschützen das Gleiche taten. Hook glaubte, der Mann würde nun wegreiten, doch stattdessen richtete der Reiter die gesenkte Klinge auf Hook, der die Sehne zu seinem rechten Ohr zog und nicht einmal darüber nachdachte, was er tat. Es geschah alles ganz unwillkürlich. Die Sehne war gespannt, er sah, wie sich der Reiter mit den Bewegungen der Schecke hob und senkte, sah das offene Visier und die unnatürlich hellen Augen und gab die Sehne frei.
    Sein Pfeil bohrte sich geradewegs in das rechte Auge des Reiters, und seine Wucht ließ den Kopf des Mannes hart nach hinten fahren. Das Schwert fiel zu Boden, die Stute verlangsamte ihren Schritt und blieb dann verwirrt eine Lanzenlänge von Hook entfernt stehen. Keiner der anderen Bogenschützen hatte geschossen.
    Jubel klang von der englischen Linie herüber, als der tote Reiter langsam aus dem Sattel kippte. Es dauerte lange, bis er vom Pferd fiel. Er rutschte seitwärts herunter, und dann stürzte er unter lautem Lärm seiner metallenen Rüstung zu Boden. «Hol sein Pferd», sagte Hook zu Horrocks.
    Hook ging zu dem Toten hinüber. Er zog den Pfeil aus dem zerstörten Auge, um die dicke Goldkette über den Kopf des toten Mannes ziehen zu können. Dann erstarrte seine Hand, denn er sah den Anhänger an der Kette. Es war ein großer Anhänger aus hellem Elfenbein. In die elfenbeinerne, silbergefasste Scheibe war eine aus Jettstein geschnitzte Antilope eingelassen.
    «Du dummer kleiner Bastard», sagte Hook, nahm dem Jungen den Helm ab, der viel zu groß für ihn war, und sah in das blutverschmierte Gesicht Sir Philippe de Rouelles' hinunter.
    «Das ist ja ein Kind», sagte Horrocks überrascht.
    «Ein dummer kleiner Bastard, das ist er», sagte Hook.
    «Was hat er hier gewollt?»
    «Tapfer sein, gottverdammt», sagte Hook. Er nahm die schwere Goldkette und ging die paar Schritte bis dahin, wo der Junge die Toten betrachtet hatte, und da, über zwei anderen Männern, lag ein Mann mit einem Wappenrock, der so mit Blut getränkt war, dass Hook das Wappen zuerst kaum erkennen konnte. Doch dann entdeckte er die Form zweier roter Äxte auf dem blutig roten Tuch. Dem Toten war der Helm vom Kopf gerutscht, und seine Kehle war bis zu den Knochen der Wirbelsäule durchtrennt. «Er ist gekommen, um nach seinem Vater zu suchen», sagte Hook.
    «Woher weißt du das?»
    «Ich weiß es einfach», sagte Hook.

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