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Das Zeichen des Sieges

Das Zeichen des Sieges

Titel: Das Zeichen des Sieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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sie durch den Morast kriechen, während sie an drei Seiten der Grube mit übereinandergelegten Baumstämmen eine Brustwehr errichteten, bis sie so hoch war, dass ein Mann aufrecht in der Grube stehen konnte, ohne von den Gegnern auf der Stadtmauer von Harfleur gesehen zu werden. Nur die Seite in Richtung des englischen Lagers blieb ungesichert. «Heute Abend», sagte Dafydd ap Traharn, «machen wir ein Dach, und dann ist unsere hübsche kleine Sau fertig.»
    Sie bauten das Dach bei Dunkelheit, weil die Grube so nah an der Stadtmauer lag, dass man mit einer Armbrust hineinschießen konnte, doch der Feind musste geahnt haben, was sie vorhatten, denn die Franzosen schossen blind durch die regnerische Nacht, und drei Männer wurden von den kurzen, scharfen Bolzen verletzt, die aus der Schwärze des Himmels herabzischten. Es dauerte die ganze Nacht, um lange Stämme über die Grube zu legen und diese Balken mit einer dicken Schicht Erde und Kalkstein zu bedecken, bevor schließlich noch eine weitere Lage Baumstämme daraufkam. «So. Jetzt fängt die richtige Arbeit an», sagte Dafydd ap Traharn, «und das heißt, dass wir Waliser einsetzen müssen.»
    «Die richtige Arbeit?», fragte Hook.
    «Wir werden einen Gang graben, Junge. Und zwar sehr tief.»
    Als es Morgen wurde, hörte der Regen auf. Ein kühler Westwind nahm ihn mit ins Landesinnere, und die Sonne kämpfte sich durch die Wolken, während die feindlichen Kanoniere die neugebaute Sau mit Steinen beschossen, deren Durchschlagskraft jedoch nichts gegen die dicken Stämme der Brustwehr und des schildartigen Daches ausrichten konnte. Hook und seine Bogenschützen schliefen in den Unterständen, die sie sich aus Ästen, Erde und Farn gebaut hatten. Als Hook aufwachte, schrubbte Melisande gerade mit Sand und Essig sein Kettenhemd. « Rouille », sagte sie zur Erklärung.
    «Rost?»
    «Das habe ich gesagt.»
    «Mein Hemd kannst du auch noch blank reiben, Herzchen», sagte Will of the Dale, während er aus seinem Unterschlupfkroch.
    «Das kannst du ebenso gut selbst, William», sagte Melisande. «Aber Toms Hemd habe ich abgerieben.»
    «Das ist gut», sagte Hook. Alle machten sich Sorgen um Tom Scarlet, dessen gewohnte Fröhlichkeit zusammen mit seinem Zwillingsbruder beerdigt worden war. Tom starrte nur noch finster vor sich hin und sonderte sich grübelnd ab. «Das Einzige, was er will», sagte Hook leise, «ist, noch einmal deinem Vater zu begegnen.»
    «Dann wird Thomas sterben.»
    «Er liebt dich», sagte Hook.
    «Mein Vater?»
    «Er hat dich am Leben gelassen. Er hat dir erlaubt, bei mir zubleiben.»
    «Dich hat er auch am Leben gelassen», sagte sie beinahe ärgerlich.
    «Ich weiß.»
    Sie schwieg. Ihre grauen Augen betrachteten Harfleur, das von Pulverrauch eingehüllt war wie eine Klippe vom Sprühnebel der Gischt. Hook stellte seine nassen Stiefel zum Trocknen neben das Feuer. Die brennenden Holzscheite knackten laut und schossen Funken. Es war Weidenholz, und diese Holzsorte begehrte immer auf, wenn sie verbrannt wurde. «Ich glaube, er hat meine Mutter geliebt», sagte Melisande wehmütig.
    «Wirklich?»
    «Sie war schön», sagte Melisande, «und sie liebte ihn. Sie hat gesagt, dass er auch sehr schön war. Ein schöner Mann.»
    «Na ja, gutaussehend», räumte Hook ein.
    «Schön», beharrte Melisande.
    «Als wir ihm im Wald begegnet sind», fragte Hook, «wolltest du da, dass er dich mitnimmt?»
    Sie schüttelte heftig den Kopf. «Nein», sagte sie, «ich glaube, er ist ein gefallener Engel. Und ich glaube, ich habe ihn ebenso in meinem Kopf wie du den Heiligen.»Sie sah Hook in die Augen. «Und ich wünschte, er würde daraus verschwinden.»
    «Du denkst über ihn nach? Ist es das?»
    «Ich wollte immer nur von ihm geliebt werden», sagte sie mit rauer Stimme und machte sich mit neuer Heftigkeit über das Kettenhemd her.
    «So wie er deine Mutter geliebt hat?»
    «Nein! Non !»Die Frage hatte sie wütend gemacht, und sie schwieg eine Weile. Doch dann gab sie nach. «Das Leben ist schwer, Nicholas, das weißt du. Es besteht aus Arbeit und Arbeit und Arbeit und aus Sorgen um das tägliche Brot und aus noch mehr Arbeit. Und ein Herr, jeder Herr, kann all das beenden. Mit einer Handbewegung kann er dafür sorgen, dass es keine Arbeit mehr gibt und keine Sorgen, dass alles ganz facile ist.»
    «Einfach?»
    «Und das wollte ich.»
    «Dann sag ihm doch, dass du das willst.»
    «Er ist schön», sagte Melisande, «aber er ist nicht gütig. Das weiß ich. Und

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