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Das Zeichen des Sieges

Das Zeichen des Sieges

Titel: Das Zeichen des Sieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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gekommen war, würde das Holz verbrannt werden, sodass die Kammern in sich zusammenbrechen und die Stadtmauer darüber zum Einsturz bringen würden. Der westliche Stollen, dessen Eingang von der Sau geschützt wurde, bei deren Bau Hook geholfen hatte, sollte unter die große, angeschlagene Bastion führen, die das Leure-Tor schützte. Wenn diese Barbakane einstürzte, konnte die englische Armee durch die Bresche neben dem Stadttor eindringen, ohne mit einem Flankenangriff der Barbakanen-Besatzung rechnen zu müssen. Also gruben die Waliser, die Bogenschützen bewachten ihre Sau, und die Stadt litt.
    Die Barbakane bestand aus dicken Eichenstämmen, die in die Erde gerammt und mit umlaufenden Eisenbändern beschlagen worden waren. Die Stämme bildeten also die Außenseiten der beiden gedrungenen runden Türme und der kurzen Verbindungswand dazwischen. Das Innere war mit Erde und Gestein aufgefüllt, und zur Seite der Angreifer hin war ein Wassergraben angelegt worden. Die englischen Kanonensteine hatten die Balkenwände an manchen Stellen schon etwas schwächen können, sodass Erde aus dem Bauwerk gequollen und in den Graben gerutscht war. Doch immer noch hielt die Bastion stand. Sie war mit Armbrustschützen und Feldkämpfern besetzt, und trotzig flatterten die feindlichen Banner an dem aufgebrochenen Balkenwerk. Jede Nacht, wenn die englischen Kanonen das Feuer eingestellt hatten, machten sich die Verteidiger an die Instandsetzung, jeden Morgen hatten die Angreifer neue Palisaden vor sich, und die Kanonen begannen ihr mühsames Zerstörungswerk von vorne.
    Als Hook Harfleur zum ersten Mal gesehen hatte, war es ihm beinahe magisch erschienen: eine Stadt mit dichtgedrängten Dächern und Kirchtürmen, die vollkommen von einer weißen, mit Wachtürmen besetzten Mauer umgeben war, die in der Augustsonne leuchtete. Harfleur hatte ausgesehen wie die gemalte Stadt auf dem Bild von Sankt Crispin und Sankt Crispinian in der Kathedrale von Soissons, das er so oft beim Beten betrachtet hatte.
    Jetzt aber hatte sich die gemalte Stadt in eine Landschaft aus losen Steinen, Schlamm, Rauch und eingestürzten Häusern verwandelt. Lange Abschnitte der Stadtmauer standen noch, und immer noch flatterten die Banner mit den Wappen der Garnisonsführer, mit Bildern von Heiligen und aufgestickten Anrufungen Gottes, doch acht Wachtürme waren schon in den Stadtgraben gestürzt, und nahe dem Leure-Tor lag ein beträchtlicher Abschnitt der Verteidigungsanlage in Trümmern. Große Geschosse, die mit Katapulten über die Mauer geschleudert wurden, schlugen in Häuser ein und lösten Feuer aus, sodass ständig eine Rauchwolke über der belagerten Stadt hing. Die Glocken, die beim Einsturz eines Kirchturms mitgerissen worden waren, hatten einen ohrenbetäubenden Krach durch den Talkessel hallen lassen, und immer noch gingen Felsbrocken und Kanonensteine auf die geschundene Stadt nieder.
    Und immer noch leisteten die Verteidiger Gegenwehr. Jeden Morgen ging Hook an der Spitze einiger Männer zu den Gruben, in denen die Kanonen standen, und jeden Morgen sah er, wo die Garnisonsbesatzung gearbeitet hatte. Sie errichteten eine neuen Verteidigungswall hinter der eingebrochenen Stadtmauer und stützten die Barbakane mit neuen Balken ab. Manchmal ritten englische Herolde mit ihren weißen Stäben und farbenprächtigen Umhängen zur Stadtmauer, um den Feinden ihre Ubergabebedingungen zu stellen, doch die französischen Befehlshaber wiesen die Herolde jedes Mal ab. «Sie hoffen darauf», sagte Pater Christopher an einem Morgen Anfang September, «dass ihr König ihnen mit einer Armee zu Hilfe kommt.»
    «Ich dachte, der französische König sei nicht ganz richtig im Kopf.»
    «Oh, das stimmt ja auch! Er glaubt, er bestünde aus Glas!», sagte Pater Christopher höhnisch. Der Priester besuchte die Gräben jeden Morgen, um die Bogenschützen mit seinem Segen und mit seiner Heiterkeit zu unterstützen. «Das ist wahr! Er glaubt, er sei aus Glas und müsse zerbrechen, wenn er mal hinfällt. Außerdem nagt er die Teppiche an und heult dem Mond seine Sorgen vor.»
    «Also wird er wohl kaum eine Armee hierherführen, Pater», sagte Hook lächelnd.
    «Allerdings hat dieser närrische König ein paar Söhne, Hook, und die sind ein reichlich blutrünstiges Pack. Jeder einzelne von ihnen würde uns am liebsten zu Knochenmehl verarbeiten.»
    «Und werden sie es auch schaffen?»
    «Das weiß nur Gott allein, Hook, Gott allein weiß es, und Er hat es mir noch nicht

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