Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Zeichen des Vampirs - The Society of S

Titel: Das Zeichen des Vampirs - The Society of S Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hubbard
Vom Netzwerk:
hinauszugehen, nicht in ihnen zu verharren. Wenn du mir also einfache Fragen stellst, schränkst du dich selbst auf die naheliegendsten Antworten ein - jene, die du bereits kennst.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Das verstehe ich nicht.«
    Er nickte. »Doch, das tust du.«
    Jemand klopfte an die Tür der Bibliothek und im nächsten Moment streckte Mary Ellis Root ihr hässliches Gesicht herein. Sie sah mich abschätzig an. »Sie werden gebraucht«, sagte sie zu meinem Vater.
    Und dann tat ich etwas, das ich nicht geplant hatte, etwas, das ich mir bisher nicht mal hätte vorstellen können. Ich rannte zur Tür und schlug sie zu.
    Mein Vater blieb in seinem Sessel sitzen. Er sah nicht einmal überrascht aus.
    »Ari«, sagte er. »Hab Geduld. Du wirst es verstehen, wenn die Zeit gekommen ist.«
    Dann erhob er sich und verließ den Raum. Die Tür schloss er so leise, dass kein Geräusch zu hören war.
    Ich ging zum Fenster. Der Lieferwagen von Green Cross stand mit laufendem Motor in der Einfahrt. Ich sah zu, wie der Fahrer Kartons aus dem Kellergeschoss trug und in den Wagen lud.

Fünftes Kapitel
    Kennst du das Gefühl, wenn dein Geist mit sich selbst auf Kriegsfuß steht?
    Dennis hatte mit mir den Hirnstamm durchgenommen - das ist der älteste, kleinste, direkt an das Rückenmark anschließende Teil des menschlichen Gehirns. Manchmal wird er auch »Echsenhirn« oder »Reptilienhirn« genannt, weil er den Gehirnen von Reptilien ähnlich ist; er steuert unsere einfachsten Funktionen - Atmung und Herzschlag - und die Grundemotionen Liebe, Hass, Angst und Lust. Das Echsenhirn reagiert instinktiv und irrational, um unser Überleben zu sichern.
    Root die Tür vor der Nase zuzuschlagen? Da war mein Reptilienhirn am Werk gewesen. Aber der Impuls war zugleich von einem rationalen Bedürfnis nach Wissen provoziert worden - einem Bedürfnis, das mein Vater als »nüchtern« abgestempelt hatte.
    Ich verbrachte den Vormittag damit, die Gedichte von T. S. Eliot zu lesen, war aber nur mit halbem Herzen dabei. Die andere Hälfte versuchte verzweifelt zu verstehen, was mein Vater mir gesagt hatte und warum dieses Wissen so wichtig für mich war.

    Nach dem Unterricht ging mein Vater ins Kellergeschoss und ich nach oben. In meinem Zimmer vermied ich es, in den Spiegel zu sehen. Misstrauisch beäugte ich die Flasche mit dem Tonikum auf meiner Kommode und fragte mich, welche Inhaltsstoffe es enthielt. Ich spürte die Anwesenheit eines anderen im Nebenzimmer und befahl ihm, mich in Ruhe zu lassen. Ich griff nach dem Telefon, wählte Kathleens Nummer und legte wieder auf.
    Kurz darauf wählte ich die gleiche Nummer noch mal und fragte nach Michael.
    Michael holte mich mit dem alten Auto seines Vaters ab und wir fuhren in westlicher Richtung los. Ungefähr eine halbe Stunde fuhren wir ziellos durch die Gegend und redeten. Michaels Haare wirkten noch länger als an Halloween, er trug verwaschene Jeans und ein schwarzes T-Shirt unter einem durchlöcherten Sweatshirt. Ich fand ihn wunderschön.
    Michael erzählte mir, dass er die Schule hasse. Dass er auch Amerika hasse, aber gleichzeitig liebe. Er redete wie ein Wasserfall über Politik und ich nickte von Zeit zu Zeit und langweilte mich insgeheim ein bisschen. Er gab mir eine Taschenbuchausgabe von Unterwegs von Jack Kerouac und sagte, dass ich es unbedingt lesen müsse.
    Irgendwann steuerte er den Wagen auf einen alten Friedhof, der Gideon Putnam hieß. »Angeblich spukt es hier«, sagte er.
    Ich sah durchs Autofenster. Es war ein trüber Novembertag, der Himmel eine dunkle Masse grauer Wolken. Die Erde auf dem Friedhof war mit welken Blättern bedeckt, dazwischen erhoben sich wuchtige Mausoleen, Kreuze und Statuen. Auf einem Grab stand ein Obelisk, und ich fragte mich, wer unter so einem imposanten Ding wohl begraben sein mochte. Wer
wählte eigentlich diese Grabmale aus? Wurden die Wünsche der Verstorbenen dabei berücksichtigt? Über dieses Thema hatte ich zuvor nie nachgedacht, und als ich Michael gerade fragen wollte, wie er darüber dachte, beugte er sich zu mir und küsste mich.
    Natürlich hatten wir uns schon vorher geküsst. Aber heute fühlten sich seine Lippen ungewöhnlich warm an und er drückte mich fester und enger an sich als sonst. Es ist nicht einfach, Küsse zu beschreiben, ohne sentimental oder blöd zu klingen. Was ich vermitteln möchte, ist, dass dieser Kuss wichtig war. Er verschlug mir den Atem und machte mich benommen (noch so ein blödes Wort, das ich zu oft

Weitere Kostenlose Bücher