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Das Zeichen des Vampirs - The Society of S

Titel: Das Zeichen des Vampirs - The Society of S Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hubbard
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laut hallten. Oben angekommen stellte ich enttäuscht fest, dass die Tür zum Dachboden abgesperrt war.
    Als ich daraufhin die letzten paar Stufen zur Kuppel hinaufstieg, spürte ich, wie die Luft mit jedem Schritt kühler wurde. Hier oben war es immer entweder zu heiß oder zu kalt, aber heute störte mich die Kälte nicht.
    Ich setzte mich auf den hohen Hocker vor dem kleinen runden Fenster - meinem Auge zur Welt - und sah über die Dächer der Nachbarhäuser und den grauen Himmel hinweg in das Blau, das sich am Horizont abzeichnete. Jenseits der Häuser, jenseits von Saratoga Springs lag eine unermesslich große Welt, die darauf wartete, entdeckt zu werden.
    Ich dachte an die Urgroßmutter aus Die Prinzessin und der Kobold , die in einem nach Rosen duftenden Raum mit gläsernen Wänden lebte, der von einem eigenen, hoch über der Welt schwebenden Mond erleuchtet wurde. Sie schenkte ihrer Urenkelin, der Prinzessin, ein Knäuel unsichtbaren Garns, mit dessen Hilfe diese schließlich einen Weg aus ihrem Gefängnis finden, den Kobolden entfliehen und in den nach Rosen duftenden Raum zurückkehren konnte.
    Die Prinzessin hatte ihre Mutter verloren, genau wie ich. Aber sie besaß das Zaubergarn.

    »Träumst du manchmal von Kreuzworträtseln?«, fragte ich meinen Vater, als wir uns später zum Unterricht trafen.
    Einen winzigen Augenblick lang versteinerte sich sein Gesicht - es war derselbe starre Ausdruck, den er immer bekam, wenn ich versuchte, ihn auf meine Mutter anzusprechen.
    Ich beantwortete mir meine Frage selbst. » Sie hat davon geträumt, habe ich recht? Meine Mutter. Sie hat von Kreuzworträtseln geträumt.«
    »Ja.« Er sagte, solche Träume seien ein Zeichen für einen »überaktiven Geist«, und riet mir, meine Füße abends sanft zu massieren, bevor ich mich schlafen legte.
    Und dann begann er ohne Überleitung mit dem Physikunterricht.
    Wir waren gerade in eine Erörterung über elektromagnetische Strahlenphänomene vertieft, als jemand an die Tür klopfte und sie vorsichtig öffnete. Roots hässliches Gesicht schob sich durch den Türspalt.
    »Der Bote möchte mit Ihnen sprechen.« Ihr Blick war starr auf meinen Vater gerichtet.
    »Entschuldige bitte, Ari.« Mein Vater stand auf und ging aus dem Zimmer.
    Als er nicht wiederkam, ging ich zum Fenster und schob die schweren Vorhänge zur Seite. Im Hof parkte neben dem Hintereingang ein schwarzes Auto. Auf der Seite des Wagens stand »Bestattungsinstitut Sullivan & Söhne«.
    Es vergingen ungefähr zehn Minuten, bis ich hörte, wie die Tür wieder geöffnet wurde. Ich stand vor dem ovalen viktorianischen Schaukasten, der, in einen Messingrahmen eingefasst, an der Wand hing und in dem sich - eingefangen für die Ewigkeit - drei braune Zaunkönige, ein Monarchfalter und zwei Getreidegarben befanden. Aber ich betrachtete nicht sie,
sondern mein verschwommenes Spiegelbild in dem gewölbten Glas.
    »Er lässt dir ausrichten, dass er heute keine Zeit mehr für dich hat«, ertönte Roots Stimme hinter mir. »Und dass es ihm leidtut .«
    Als ich mich umdrehte, überlegte ich kurz, ob ich mich bei ihr entschuldigen sollte, weil ich ihr letztens die Tür vor der Nase zugeknallt hatte, aber der Ton ihrer Stimme war so herablassend, dass ich es mir sofort wieder anders überlegte. »Warum?«, fragte ich.
    »Er wird unten gebraucht.« Ihre Lunge rasselte, als sie Luft holte.
    »Was ist passiert?«
    Sie funkelte mich mit ihren kleinen schwarzen Augen an. »Es geht um Angelegenheiten, die Seradrone betreffen. Was sollen eigentlich diese ganzen Fragen? Merkst du nicht, wie viel Unruhe du damit stiftest?« Kurz bevor sie an der Tür war, drehte sie sich noch einmal um. »Und warum verschwendest du deine Zeit damit, in den Spiegel zu starren? Du weißt doch genau, wer du bist.«
    Als sie die Tür hinter sich zuknallte, wäre ich ihr am liebsten hinterhergelaufen, um sie an ihren dünnen Haaren zu ziehen, sie zu schlagen oder ihr wer weiß was anzutun.
    Stattdessen ging ich nach oben und rief Kathleen an.
    »Mein Unterricht fällt heute aus«, sagte ich.

    Als ich mein Fahrrad aus der Garage geholt hatte und die Kieseinfahrt entlangschob, die zur Straße führte, sah ich, dass der Wagen des Bestattungsunternehmens weg war. Ich zögerte kurz und überlegte, ob mein Vater vielleicht schon wieder auf
dem Weg nach oben in die Bibliothek war, beschloss dann aber, mich trotzdem mit Kathleen zu treffen.
    Es war ein düsterer Tag Mitte November. Die Luft roch nach Laub, und der

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